
Rihm, Wolfgang / Ruzicka, Peter - ´Umsungen´ & "... der die Gesänge zerschlug"
Überfällige Wiederveröffentlichung
Label/Verlag: ARS MUSICI
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Vorliegende Wiederveröffentlichung mit Werken von Rihm und Ruzicka ist ein wahrer Glücksfall!
Zeitgenössische Musik braucht herausragende Interpreten, braucht sie, um von vorneherein klar zu machen, dass wir es hier ebenso wie bei herausragenden Mozart-Interpretationen mit wirklich exzellenter Musik zu tun haben. Im vorliegenden Fall können wir ohne Übertreibung von mustergültigen Interpretationen sprechen. Als die vorliegenden Aufnahmen beim Bayerischen Rundfunk gemacht wurden, stand in jeder Hinsicht ein mustergültiges Team zur Verfügung. Das Ensemble Modern war bestens in Form, ebenso der Gesangssolist Dietrich Fischer-Dieskau, der den Charakter dieser Musik auf das Pointierteste trifft, und mit Ernest Bour stand ein bis heute völlig unterschätzter Dirigent zur Verfügung, der sich nicht nur, aber doch vor allem im Bereich der Neuen Musik einen Namen gemacht hat.
Die beiden Werke auf dieser CD, die 1986 erstmals erschien, entstanden als Auftragskompositionen der Berliner Festwochen 1984 (Rihm) und 1985 (Ruzicka). Während sich Wolfgang Rihms 'umsungen' auf Texte von Friedrich Nietzsche auf die Singstimme plus Klarinette, Fagott, Horn und Streichquintett (mit Kontrabass) beschränkt, benötigt Peter Ruzickas '“der die Gesänge zerschlug.“ Stele für Paul Celan' außer der Singstimme Flöte, Klarinette, Trompete, Schlagzeug (2 Spieler), Harfe, Klavier und Streichquintett. Doch ob Oktett oder Kammerensemble – beide Werke zeigen die vollkommene Meisterschaft beider Komponisten, hier dargeboten in exemplarischen Wiedergaben, die schwerlich zu übertreffen sein könnten – das Ruzicka-Werk hier in der Besetzung der Uraufführung dargeboten. Der umfangreichste Satz beider Werke ist der Eröffnungssatz von 'umsungen' – Rihm schreibt dazu: ‚Die Worte des ersten Gesanges entstammen [drei] verschiedenen Gedichten bzw. Entwürfen zu Gedichten, wie Nietzsche sie vor allem im Herbst 1884 stoßartig hervorbrachte; ein neues Gedicht entstand, bereits erster Kompositionsakt. Die Worte antworten sich über den ersten (Sinn-) Zusammenhang hinaus.‘ Auch die anderen Gesänge treten zueinander in Beziehung, kommunizieren mit- und übereinander, ‚umsingen‘ sich, teilweise eher fragmentarisch-knapp, im ersten Lied fast in Art einer großen Arie. Dazwischen ein ‚Zwischenblick‘ für Streichquartett, ein ‚Umsingen‘ des Nietzsche-Wortes „Selbsthenker“. Formal traditioneller geprägt (aber durch Celans Poesie gleichzeitig alles andere als traditionalistisch), aber musikalisch ähnlich innovativ die sechs Celan-Gedichtvertonungen Ruzickas, jeweils voneinander abgetrennt von Instrumentalsätzen – ‚Interludien‘, mit einem finalen ‚Canto‘.
Als Einstieg in das Schaffen beider Komponisten oder auch als Einstieg in die Neue Musik ist die CD bestens geeignet, und es ist den neuen Eigentümern von Ars Musici sehr zu danken, dass sie die Produktion wieder herausgebracht haben, wenn auch in unverändertem Umfang (49 Minuten) und mit unverändertem Booklet. Die Qualität der Abbildungen im Booklet ist sogar noch deutlich schlechter geworden, aber dies, wie auch die nicht stattgehabte Aktualisierungen in demselben (Ernest Bour starb 2001), sind unwesentliche Abstriche mit Blick auf die außerordentliche Bedeutung der CD an sich.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Rihm, Wolfgang / Ruzicka, Peter: ´Umsungen´ & "... der die Gesänge zerschlug" |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
ARS MUSICI 1 26.02.2010 49:00 1987 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4011222321190 232119 |
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ARS MUSICI Wenn man es genau nimmt, reichen die Wurzeln des Labels ARS MUSICI bis in die 1950er Jahre zurück. Damals gründete Rudolf Ruby in Freiburg i.Br. die Schallplattenfirma deutsche harmonia mundi, die Pionierleistungen mit inzwischen legendären Interpreten auf dem Gebiet der Alten Musik in Sachen Historische Aufführungspraxis vollbrachte. Nach dem Verkauf des Labels und Katalogs an die BMG setzte man seit 1994 in der Schwarzwald-Metropole die Arbeit unter dem neuen Firmennamen Freiburger Musik Forum GmbH fort. Das Label ARS MUSICI wurde ins Leben gerufen, und das Themen-Spektrum der Produktionen erweiterte sich von Musik des Mittelalters bis hin zu aktuellster zeitgenössischer Musik.
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