
Clementi. Muzio - Sämtliche Klaviersonaten Vol. 3
Würdiger Beethoven-Zeitgenosse
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Muzio Clementis Claviersonaten erstrahlen in dieser bei Brillant erschienen Einspielung in bestem Lichte.
Jeder Klavierschüler kennt die Sonaten oder Sonatinen Muzio Clementis, jenes Hansdampfs in fast allen Gassen des Musiklebens: Komponist, Verleger, Musikalienhändler – eines Geschäftsmannes fast heutigen Zuschnitts. Dabei wird leicht vergessen, dass seine Eltern ihn im Alter von dreizehn Jahren an einen wohlhabenden Engländer unter anderem als Hausmusiker verkauft hatten. Möglicherweise stammte Clementis starker Wille, selbst wohlhabend zu werden, aus diesen frühen Erfahrungen. Clementi schuf neben Sinfonien, einem heute verschollenen Klavierkonzert, ein paar Sonaten für Klavier und Violine oder Flöte oder für Klavier vierhändig, wenig Vokalmusik und einigen pädagogischen Werken vor allem Klaviermusik, von der die früheste noch aus seiner Zeit der Leibeigenschaft stammt. Darunter finden sich rund hundert Sonaten für Cembalo bzw. Hammerklavier, von denen nur wenige regelrechte Bekanntheit erlangt haben. Das wohl berühmteste Werk der vorliegenden drei CDs ist die Sonate f-Moll op. 13 Nr. 6, 1785 veröffentlicht. Die Sonaten Nr. 4–6 wurden wohl nach 1800 nochmals überarbeitet – sie kündigten, auch nach Clementis eigener Äußerung, eine Stiländerung an.
Neun Sonaten (opp. 11, 12 Nr. 1–4, 13 Nr. 4–6 und 20) finden sich auf diesen CDs, dazu drei Einzelstücke – eine zu op. 11 gehörende Toccata B-Dur, eine Sonate mit dem Titel 'La Chasse’ in D-Dur op. 16 sowie ein Capriccio B-Dur op. 17. Insofern scheint es auch nicht unbedingt zutreffend, wie auf dem Cover von Londoner Sonaten zu sprechen, da zumindest opp. 11 und 12 bereits 1784 erschienen, als Clementi noch auf dem europäischen Kontinent unterwegs war.
Costantino Mastroprimiano gehört zu jener eher raren Spezies von Hammerklavierspezialisten, die nicht aus der flämisch-britischen Interpretenschule hervorgingen; seine gesamte Ausbildung scheint in Italien erfolgt zu sein. Das von Mastroprimiano genutzte Instrument ist ein Kirckman-Hammerflügel von 1798. Es ist wunderbar farbenreich, die geringfügig freischwebende Stimmung mag tendenziell erfolgreicher sein als jene bei Katin, sie ähnelt jener, die Staier verwendet. Kraft und Poesie vereint Mastroprimiano in seinen Interpretationen, und es ist eine Freude, einen Klavierkomponisten zu entdecken, der in einer Zeit von Mozart, Haydn und Beethoven seinen durchaus eigenen Weg ging. Mastroprimiano hat ohne Frage die Technik und auch das Feeling für Clementi – und dazu hat er das Glück, an Clementi ‚enzyklopädisch’ herangehen zu können. Ob 'La Chasse’ tatsächlich die Wiederbelebung wert ist, mag gefragt werden, doch kann man dies bei Gesamtaufnahmen immer fragen. Die Initiative ist bewunderungswürdig und man entdeckt Juwelen, die unbesehen Haydn oder selbst Mozart zugeordnet werden könnten – ohne dass Clementi den Stil der anderen imitiert hätte.
Eines ist ganz klar – nach den Einzel-CDs von Andreas Staier (Warner), Peter Katin (Athene/Divine Art) und Jos van Immerseel (Accent) festigt Mastroprimiano Clementis Ruf als nicht bloß zu pädagogischen Zwecken zu konsultierender Komponist – ein Pianist vom Kaliber eines Pietro Spada, lange Zeit fast allein auf weiter Flur, kann da längst nicht mehr mithalten. Die Aufnahmetechnik ist wohltuend klar und unverstellt, das Booklet (wie immer bei Brilliant) eher dürftig und nur auf Englisch. Insgesamt eine erfreuliche Produktion.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Clementi. Muzio: Sämtliche Klaviersonaten Vol. 3 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 3 23.10.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
5028421939742 |
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