
Braunfels: String Quartets No. 1-3 - Minguet Quartett, Jens Peter Maintz
Innere Intimität
Label/Verlag: CAvi-music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Minguet Quartett betont bei der Streicherkammermusik Walter Braunfels' das Invertierte.
1997 spielte das Auryn Quartett für cpo Walter Braunfels‘ Streichquartette op. 60 und 61 ein – damals eine epochale Leistung, war Braunfels‘ Schaffen doch weitgehend vergessen. Die beiden Quartette entstanden 1944 und sind von ganz besonderem Ernst. Braunfels war kein Komponist, der Traditionen um seiner selbst willen über Bord geworfen hätte – den beiden Werken sind klar die Tonarten a-Moll und F-Dur zugewiesen, beide Quartette sind viersätzig, langsamer Satz und Scherzo (obwohl eigentlich nicht wirklich von Scherzocharakter die Rede sein kann) tauschen untereinander die Plätze, Kontrapunktik und klare Linienführung zeichnen die Kompositionen aus. „Nichts ist herrlicher zu arbeiten [als] an einem Quartett“, äußerte Braunfels kurz vor Ostern 1944; die Möglichkeiten dieser nicht selten als Krone der Absoluten Musik bezeichneten Gattung bezeugen den Meister sowohl unter den Komponisten als auch unter den Interpreten. Das a-Moll-Quartett arbeitet Materialen der Oper ‚Verkündigung‘ weiter aus, während das F-Dur-Quartett hörbar leichteren Charakters ist und im Grunde dadurch etwas ‚altmodischer‘ klingt.
Der Vergleich mit der älteren Einspielung der beiden Quartette ist aufschlussreich. Während beim Auryn Quartett der innere Puls grundsätzlich etwas schneller ist, somit auch der expressive Gestus stärker zum Vorschein kommt, betonen die Minguets, wenn man das so sagen kann, die „innere Emigration“, in der sich Braunfels in jener Zeit befand, verfemt als Komponist und aller Ämter enthoben, dennoch voller Schaffensfreude. Gerade der langsame Satz von Op. 61 mit seinen sich aus einer scheint‘s ‚unendlichen Melodie‘ entwickelnden Variationen bietet bei den Minguets eine Tiefgründigkeit und introvertierte Innigkeit, die dem Satz etwas eindeutig Jenseitiges verleiht.
Besonderer Reiz
Braunfels‘ Drittes Quartett e-Moll op. 67 entstand 1947 und wurde 1953 überarbeitet, ein Jahr vor seinem Tod. Die ‚modernsten‘ Aspekte des a-Moll-Quartetts werden hier verbunden mit Stilelementen, die sich bei der ‚akademischen‘ Komponistengeneration der späten 1950er-Jahre wiederfinden sollten – gerade durch diese stilistische Vorwegnahme ist das Quartet von besonderem Reiz. Statt eines Scherzos sind beide Binnensätze der gleichfalls viersätzigen Komposition Andante überschrieben (der zweite Andante sostenuto), so dass die abschließende Tarantella einen um so stärkeren Kontrast bietet.
Auf Tonträger am besten repräsentiert ist von Braunfels‘ Streicherkammermusik das Quintett fis-Moll op. 63, das nicht nur mit David Geringas und dem Gringolts-Quartett (Hänssler Classic), sondern auch durch das kanadische ARC Ensemble (RCA) eingespielt wurde. Die Neueinspielung ist voller Poesie und Charme und gerade im Finale mit einer Überzeugungskraft, die die kanadische Einspielung hinter sich lässt. Für Sammler hochkarätiger Kammermusikeinspielungen ist die Neuproduktion eine sehr gute Wahl.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Braunfels: String Quartets No. 1-3: Minguet Quartett, Jens Peter Maintz |
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Label: Anzahl Medien: |
CAvi-music 2 |
Medium:
EAN: |
CD
4260085530182 |
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Braunfels, Walter |
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