
Carl Loewe: Symphonies 1 & 2 - Jenaer Philharmonie, Simon Gaudenz
Jenseits des Kernrepertoires
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Als Sinfoniker haben Carl Loewe wohl die wenigsten auf dem Schirm.
Selbst in der Gattung, für die er früher einmal berühmt war, das Klavierlied (genauer die Ballade für Gesang und Klavier) ist in den vergangenen Jahren, hat Carl Loewes Name etwas von seinem hellen Glanz verloren (vergessen fast sind die Zeiten, da Edith Mathis, Werner Hollweg, Christoph Prégardien, Hermann Prey oder Kurt Moll den Gesängen Charakter und Vielfalt verliehen), obschon gelegentlich in den vergangenen Jahren ambitionierte Einspielungen junger Sänger die Diskografie ergänzt haben. Vor allem das Label cpo setzt sich seit vielen Jahren für Loewes Schaffen ein - nicht nur 21 Lieder-CDs, auch Klavier- und Kammermusik, nun auch die Sinfonien finden sich im Katalog des Labels. Beide blieben unveröffentlicht und wurden 2018 von Cord Garben ediert. Beide viersätzigen Werke sind ungefähr gleich lang, sie stammen aus den Jahren 1834-35. Musikalisch stehen sie der Vorgängergeneration Marschner (dessen Hans Heiling 1833 seine Uraufführung erfuhr) oder Spohr näher als den nach 1800 geborenen Sinfonikern.
Loewes spätere d-Moll-Sinfonie zeichnet sich vielleicht nicht durch besonders memorable Melodik aus und hinterlässt auch in harmonischer Hinsicht eher selten wirklich nachhaltigen Eindruck; 'schulmäßig' mag mancher Hörer versucht sein zu den kontrapunktischen Abschnitten des Werks zu sagen, und an anderer Stelle im Andantin o grazioso 'Wie naiv'. Es ist dies wohl auch mit ein zentrales Problem der unmittelbaren Nach-Beethoven-Generation, die an Beethovens Ausnahmewerken gemessen werden statt an der damals üblichen Musikästhetik. Instrumentatorisch zeichnet sich die Sinfonie durch einfallsreichen Einsatz der Holzbläser aus. Beeindruckend wird die Sinfonie aber im Finale, wo Loewe seine Fähigkeiten in vorteilhaftester Weise einsetzt.
Tiefe und Stärke
Die e-Moll-Sinfonie setzt qualitativ dort an, wo die d-Moll-Sinfonie endete - auch mit einfallsreicher Harmonik in der langsamen Einsatz, charaktervollerer Thematik und spannungsvollem Dialog zwischen Streichern und Bläsern. Gibt es da ferne Reminiszenzen an Haydn oder Beethoven? War das Scherzo ein Vorbild für Liszt? Ist das von Relevanz? Die Musik hat Tiefe und Stärke, und einmal mehr erweist es sich, dass es sich lohnt, 'sinfonische Nebenwege' zu verfolgen. Gerade die e-Moll-Sinfonie gehört in den Konzertsaal.
Komplettiert wird die CD durch die Ouvertüre zu dem Schauspiel 'Themisto', 1835 in Berlin uraufgeführt. Die Ouvertüre bestätigt das musikdramatische Talent Loewes, auch sein Interesse an harmonischen Schärfungen, gleichzeitig seine Fähigkeit der Unterordnung unter die Gegebenheiten des Anlasses (hier Ernst Raupachs Tragödie).
Die Jenaer Philharmonie unter Simon Gaudenz lässt das Werk in voller Pracht und mit viel Verve erstrahlen, nimmt die Musik ernst, ohne sich ihr interpretatorisch 'aufzudrängen' (wie Richard Wagners es bekanntlich als Dirigent mit Werken seiner Meinung nach minderer Komponisten tat). Hier hören wir nicht mehr Schein als Sein, wir hören aber die Hingabe der Mitwirkenden an die Musik. Leider ist der Aufnahmeklang nicht ganz so transparent, wie man es sich hätte wünschen können - die Stimmen vereinen sich zu harmonischem Mischklang, die Tiefendimension wird aber nicht hinreichend ausgeleuchtet.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Carl Loewe: Symphonies 1 & 2: Jenaer Philharmonie, Simon Gaudenz |
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Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203531929 |
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Loewe, Carl |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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