
Keiser: Ulysses - Göttinger Barockorchester, Antonius Adamske
Nicht recht überzeugend
Label/Verlag: Coviello Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Einzig die Sängerin der Hauptrolle und zwei Nebenfiguren retten eine etwas schwache Keiser-Aufführung.
Großzügig ausgestattet kommt die Live-Montage aus dem Theater Nienburg am 14. Oktober 2021 daher, das opulente ‚musicalische Schauspiel‘ ‚Ulysses‘ von Reinhard Keiser in einem Prolog und drei Akten, pralles Musiktheater anno 1722. Die Uraufführung war durch eine schwere Erkrankung der Sängerin der Penelope fast zum Debakel geraten, Keiser musste auf die Schnelle mehrere Arien neu komponieren, die für die Ersatzsängerin in italienischer Sprache vertont wurden, während die restliche Oper komplett in deutscher Sprache gesungen wurde.
Dem Anlass entsprechend (dem Geburtstag des Königs von Dänemark und Norwegen) ist der Charakter der Musik festlich-repräsentativ, und wenn die Rezitative hier teilweise eher oratorisch denn theatral klingen, liegt das auch an Keisers Musik. Vor allem aber an der hörbar mit viel zu wenig Bühnenverstand realisierten Aufführung: Der Zugang aus der Perspektive eines Oratoriendirigenten ist gleichwohl denkbar verfehlt. Der Göttinger Barockchor ist hörbar opernunerprobt, es mangelt an Schlagkraft und Charakterisierungskunst, und auch das Göttinger Barockorchester bleibt zu neutral, zu wenig wagemutig.
Leider ist Markus Brutscher weder vom Stimmcharakter noch von den technischen Fertigkeiten seinen Partien (Jupiter, Eurilochos) gewachsen – häufig intoniert der Sänger mit einer ‚weißen‘ Tenorstime nur approximativ, vor allem aber fehlt ihm pralle vokale Bühnenpräsenz. Eine ähnliche Problematik gilt für den Bariton Janno Scheller, dem es als Neptunus gänzlich an vokaler Durchschlagskraft gebricht; dass er auch den Ulysses zu singen hat, bedeutet, dass die ganze Produktion nicht recht überzeugen kann. Umgekehrt kann der Bassist Jürgen Orelly in den Partien des Urilas und der Zeit zwar starke Charakterisierung beisteuern, ist aber rein vokal hoffnungslos überfordert (mangelnde Tiefe, fehlende Fähigkeit, Haltetöne ohne allzu starkes Vibrato darzubeten, fehlende Koloraturfähigkeit).
Charakterstärke
Bogna Bernagiewicz als Penelope beginnt etwas schwach, doch steigert sie sich im Verlauf der Aufführung stetig; nicht nur die als Einlage zu verstehende Nachtigallenarie von Orlandini etwa (der Keisers Originalarie folgt) zählt zu den Höhepunkten der Aufführung. Allerdings ist Bernagiewicz‘ Italienisch nicht immer tadellos.
Ein kleiner Coup ist die Besetzung der Circe durch den Countertenor Gerald Thompson. Vielleicht könnte man sich von ihm noch mehr vokalen Eigencharakter wünschen, doch die Pointiertheit seiner Wiedergabe lässt ihn als einen der besonderen Pluspunkte der Produktion hervortreten. Auch der Tenor Goetz Phillip Körner ist in der Buffopartie des Arpax klug eingesetzt, er überzeugt durch vokale Präsenz und Charakterstärke; den Mercurius weiß er klar gegen seine andere Partie abzusetzen.
Aufnahmetechnisch ist die Produktion tadellos, während das Booklet (mit mehrsprachigem Libretto) enttäuscht – die Einlassungen zu dem Werk bleiben viel zu wenig vertieft, als dass sich der Hörer hinreichend informiert fühlen könnte.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Keiser: Ulysses: Göttinger Barockorchester, Antonius Adamske |
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Label: Anzahl Medien: |
Coviello Classics 2 |
Medium:
EAN: |
CD
4039956922032 |
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Keiser, Reinhard |
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Coviello Classics Für Coviello Classics steht bei einer Musikproduktion immer das besondere Hörerlebnis im Vordergrund ? alle technischen und organisatorischen Entscheidungen müssen sich diesem ästhetisch definierten Ziel unterordnen. Wesentliche Entscheidungen treffen bei coviello classics nicht gewinnorientierte Manager, sondern kreative Musik-Gestalter: zum einen die Gründer, Geschäftsführer und prägenden Köpfe Olaf Mielke und Moritz Bergfeld, die als Diplom-Tonmeister und Aufnahmeleiter den coviello classics-Produktionen ihr ?klangliches Gesicht? geben, zum anderen die Interpreten, die für coviello classics immer die wichtigsten Partner sind. Ihre künstlerische Aussage ist das zentrale Kriterium für die Qualität einer Aufnahme; sie sind in alle ästhetischen Fragen einer Veröffentlichung einbezogen. Hoher Repertoirewert Grundvoraussetzung für unsere Neuproduktionen sind die besonderen Anforderungen an Künstler und Repertoire. Um dem Klassikmarkt neue Impulse zu geben, produziert coviello classics bislang wenig beachtetes Repertoire, oftmals in Weltersteinspielungen, und sorgt damit immer wieder für überraschende Entdeckungen. Bekanntere Werke erscheinen durch ungewöhnliche Interpretationen in neuem Licht ? hier gibt es keine ideologischen Grenzen oder vermeintlichen Authentizitäts-Anspruch; lebendige Musikkultur zeigt oft das vertraute in ganz anderem klanglichem Gewand. Ein besonderer Schwerpunkt ist die seit einigen Jahren etablierte Reihe coviello contemporary, in der sich die Nähe zum weltbekannten Darmstädter Institut für neue Musik in ganz aktuellen Kompositionen bemerkbar macht.Technische und ästhetische Kompetenz coviello classics ist das Label, unter dem die Aufnahmen der Produktionsfirma MBM vertrieben werden ? ob als CD, DVD oder SACD. Durch einen ganz speziell für die Anforderungen hochwertigster Musikproduktionen konzipierten Übertragungswagen sind die Voraussetzungen für die Aufnahmequalität bei MBM optimal. coviello classics bietet darüber hinaus in jedem Bereich und in jeder Phase der Realisierung einer Musikproduktion ? bis hin zu grafischer Gestaltung und Textredaktion bei den begleitenden Druckmedien ? sowohl Logistik und hochwertiges Gerät wie auch technisches und ästhetisches Know-how.Grafiken, Texte und weltweite Wege Zu einer Musikveröffentlichung gehört nicht nur der gespeicherte Ton ? da gibt es noch einiges mehr zu gestalten. Das Cover einer CD, DVD oder SACD muss nicht nur grafisch ansprechend gestaltet sein, sondern auch einen sinnvollen Zusammenhang mit dem musikalischen Inhalt herstellen. Das begleitende Booklet soll umfassend über Werke, Künstler und Aufführungspraxis informieren; die Texte müssen wissenschaftlicher Prüfung standhalten, aber trotzdem allgemein verständlich und auch noch unterhaltsam sein ? schwierige Herausforderungen auch über die Musik hinaus, für die coviello classics mit erfahrenen Grafikern und Textautoren zusammenarbeitet. Schließlich muss das fertige Produkt an möglichst vielen Orten der Welt erhältlich sein. Dafür haben wir in vielen Ländern in Europa, Asien und Nordamerika Partner vor Ort, die ihren Markt genau kennen. Sie werden laufend mit Neuheiten, Informationsmaterial und Rezensionen aus der Presse versorgt ? auch wenn die Produktion eigentlich fertig ist, macht sie uns noch viel Arbeit.Mehr Info... |
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