
Josef Tal: Complete Symphonies - NDR Radiophilharmonie, Israel Yinon
Wieder da
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Gesamteinspielung der Sinfonien von Josef Tal mit der NDR Radiophilharmonie Hannover unter Israel Yinon hat nach fast zwanzig Jahren nichts von ihrer Faszination verloren.
2002 bzw. 2003 erschienen bei cpo die sechs Sinfonien von Josef Tal auf zwei Einzel-CDs. Der 1910 in Pinne bei Posen als Sohn eines Rabbiners gebürtige Komponist erhielt seine Ausbildung in Berlin u.a. bei Hindemith, Tiessen und Trapp. In Berlin war er als Pädagoge und Stummfilmpianist tätig und flüchtete 1934 mit seiner Familie vor den Nazis nach Palästina. Ab etwa 1937 lebte Tal in Jerusalem und wurde 1948 Leiter der Jerusalem Academy of Music and Dance und wurde 1951 Dozent an der Hebrew University, wo er 1961 das Center for Electronic Music in Israel gründete. 1965 wurde er Senior Professor und später Leiter des Musikdepartements der Hebrew University.
Tals sechs Sinfonien entstanden von 1952 bis 1991; nur die erste ist mehrsätzig, alle weiteren sind einsätzig. Dennoch ist die Erste schlussendlich kürzer als jede der Sinfonien 4 bis 6. Kern der dreisätzigen Ersten ist ein alter jüdischer Klagegesang, der in seiner Originalgestalt erst im Mittelsatz des Werks erscheint. Wie die zweite Sinfonie (1960) ist sie noch tonal gebunden, ein fernes Echo der Harmonik seiner Ausbildung in Berlin. Anders als die Erste ist die Zweite stärker rhythmisch geprägt, und Klangtexturen sind essenzieller Teil der Konzeption. Als drittes Werk der frühen Schaffensphase Tals ist ‚Hizayon Hagigi‘ (Festvision) von 1959 anzusehen, ein Werk, dass Fünfteiligkeit und eine alles verbindende Rondoform verbindet.
Eigene Dialektik
Mit der dritten Sinfonie (1978) verändert sich Tals Klangsprache beträchtlich, hin zu einer expressiven Dodekaphonie. War in der Dritten der Gegensatz von Ton und Bewegung Motor der musikalischen Entwicklung, so ist es in der Vierten (1986) der Kontrast von Klangimpuls und melodischer Linie. Die Fünfte (1990) – einem Auftragswerk der Berliner Philharmoniker – beginnt denkbar anders als die Vierte und die Sechste, sie entwickelt sich aus der Stille und in ihr generiert Tal ein zwar formal traditionell verstehbares, aber doch ganz eigenes sinfonisches Ganzes mit eigener Dialektik, während die Sechste (1992) fast wie eine Antwort auf das zuvor entstandene Werk wirkt.
Die NDR Radiophilharmonie unter Leitung des frühverstorbenen Israel Yinon (1956–2015) breitet (in Anwesenheit des Komponisten, der 2008 starb) die Werke in all ihrer Farbigkeit und suggestiven Kraft aus. Interessant ist ein Vergleich der Studioproduktion der Zweiten Sinfonie aus Hannover mit einer Einspielung des Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta, die in nahezu jeder Hinsicht weniger pointiert und involviert klingt. Die Gegenwart des Komponisten inspirierte die NDR Radiophilharmonie hörbar, die Orchestermusiker unter Yinons Leitung waren begeistert bei der Sache und erhellen auch die entlegensten Winkel der Musik.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Josef Tal: Complete Symphonies: NDR Radiophilharmonie, Israel Yinon |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203555123 |
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Tal, Josef |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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