
Werke von Barber & Ives - Escher String Quartet
US-Streichquartette
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ives und Barber - und die Originalfassung des berühmten Adagio.
Weder Samuel Barber noch Charles Ives sind vornehmlich als Kammermusikkomponisten bekannt, geschweige denn als Komponisten von Streichquartetten. 1936 entstand Barbers Quartet op. 11 in h-Moll, und es wurde als einziges vollendet. Natürlich kennt man den zentralen Adagiosatz, wenn auch vornehmlich in der Fassung für Streichorchester oder Chor; doch um wieviel schlüssiger er in seinem originalen Kontext wirkt, zerbrechlicher und intimer, in genuiner Streichquartetttextur des 20. Jahrhunderts. Die harmonischen Verbindungen und Verwandtschaften zu den Ecksätzen verleihen dem Einzelsatz eine zusätzliche Dimension. Die vorliegende SACD bietet als Bonus den ursprünglichen Finalsatz, den Barber 1943 anlässlich der Drucklegung durch eine Art Reprise des Kopfsatzes ersetzte; rückblickend kann man sagen mit gutem Grund, denn der ursprüngliche Schlusssatz gehörte in seiner Konzeption einer Tradition an, von der sich Barber im Grunde bereits mit seinem Adagio verabschiedet hatte.
Charles Ives‘ zwei Streichquartette entstanden 1896-1909 bzw. ca. 1907-13. Auch beim ersten Quartett, das teilweise auf heute verschollenen Orgelwerken basierte, gibt es einen entfernten Satz, der zur posthumen Erstveröffentlichung wiedereingefügt wurde: in diesem Fall ist es der erste Satz, eine Fuge über eine ‚Missionary Hymn‘, die Ives orchestrierte und seiner Vierten Sinfonie einfügte. Der Satz passt offenkundig bestens zu dem Titel des Quartetts, ‚From the Salvation Army‘ (‚A Revival Service‘), der Ives‘ Herkunft aus der Kultur der Heilsarmee unmittelbar vermittelt, der auch in den Folgesätzen die Reverenz erwiesen wird. Gleichzeitig erweisen sich beide Quartette (die Einzelsätze sind überschrieben ‚Discussions‘ – ‚Arguments‘ – ‚The Call of the Mountains‘) als genuine Kammermusik, wobei das Zweite Quartett weit ins 20. Jahrhundert vorausblickt.
Das 2005 gegründete Escher String Quartet bietet die Musik mit vollem Elan und großem Feingefühl. Ein Vergleich mit der von der Programmgestaltung fast gleichen Produktion des Emerson String Quartet von 1992 und auch der Einspielung der beiden Ives-Quartette mit dem Juilliard String Quartet von 1967 erweist, dass zwar teilweise ganz unterschiedliche expressive Ziele verfolgt werden, sich die 2019 in England entstandene Neuproduktion neben dem Klassiker aber nicht zu verstecken braucht. In Ives‘ erstem Quartet betont das Escher Quartet die Gemeindegesänge, ohne sie in Gegensatz zu der kammermusikalischen Werkkonzeption treten zu lassen. Die SACD-Klangqualität ermöglicht jederzeit perfekte Durchhörbarkeit und ein tiefes Eintauchen in die kompositorischen Strukturen und Texturen. Leider scheint im Booklettext bei dem zweiten Ives-Quartett ein Absatz zur Werkentstehung zu fehlen – vielleicht lässt sich das in einer späteren Wiederauflage noch korrigieren.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Werke von Barber & Ives: Escher String Quartet |
|||
Label: Anzahl Medien: |
BIS Records 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
7318599923604 |
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Barber, Samuel |
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BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
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