> > > Rachmaninoff: Symphony No.2: London Symphony Orchestra, Simon Rattle
Samstag, 9. Dezember 2023

Rachmaninoff: Symphony No.2 - London Symphony Orchestra, Simon Rattle

Wege nach Innen


Label/Verlag: LSO Live
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Simon Rattle und die 2. Sinfonie von Rachmaninow in der ungekürzten Fassung.

Sergei Rachmaninow komponierte seine zweite Sinfonie in den Jahren 1906/07 in Dresden. Nachdem die Uraufführung der ersten Sinfonie am 15. März 1897 in St. Petersburg zum Desaster geriet, fiel Rachmaninow in eine tiefe seelische Krise, über die er später feststellt: „Ich glich einem Menschen, den der Schlag getroffen hatte und dem für lange Zeit Kopf und Hände gelähmt waren.“ Die Komposition der zweiten Sinfonie wurde von starken Selbstzweifeln begleitet. Die Uraufführung 1908 in Petersburg war glücklicherweise ein Erfolg, gleichwohl wird dieses Werk bis heute von zahlreichen stereotypen Urteilen, wie „Aushängeschild russischer Schwermut“ usw. begleitet. 

Mit seiner Einspielung dieser Sinfonie legt Sir Simon Rattle ein beeindruckendes Klangdokument vor und räumt mit einigen Vorurteilen auf. Gespannte, wache Ruhe lässt die Partitur quasi neu erklingen. Resultat einer Herangehensweise, die vertraut auf die Sprachkraft einer genau und ruhevoll ausartikulierten Musik. Das Vertrauen erwächst auch auf einem mit Rattles Intentionen mehr als nur sympathisierenden Klangkörper. Rattle entwickelt ein leidenschaftliches, vorwärtstreibendes Pathos, das um so mehr überzeugt, als es nicht einer primär hitzigen Annäherungsweise entspringt. Besonnenheit und weiter Atem sind es, die den Formverlauf strukturieren und ihren Erlebnisgehalt bestimmen.

Souverän gemeistert

Bestes Beispiel die Gestaltung des Beginns des ersten Satzes: Aus der eher beiläufigen, nahezu unauffälligen Intonation der ersten Takte entfaltet sich wie aus einem altertümlichen Soggetto unter dem subtilen Dirigat Rattles das thematische Material in unerhörte Metamorphosen. Das Motto erweist sich hier als melodisches Substrat, das mit seinen Partikeln und Derivaten die ganze Symphonie durchdringt, wobei es Rattle gelingt, hinter der opulenten Klangpalette auch die kontrapunktische Kunstfertigkeit in Klang umzusetzen. Rattle legt einen imponierenden Reichtum an Farben, Stimmungen und strukturellen Abläufen frei, wie man sie allzu selten geboten bekommt. Der langsame dritte Satz, quasi ein Nachhall spätromantischer Sinfonik im Geiste Tschaikowskys, wird zum Zeugnis einer exemplarischen Exegese, die den hochexpressiven Grundzug dieses Satzes auf ein höheres Niveau hebt, das weit entfernt ist von Klischees. Von Brahmscher Dignität ist der Übergang vom Adagio zum Allegro vivace des vierten Satzes, an dessen Emphase Rattle keine Abstriche macht. Das London Symphony Orchestra musiziert ohne Abstriche auf höchstem Niveau. 

Ein klanglich fast perfekter Konzert-Mitschnitt, vielleicht auch daher der durchgehende Atem dieser Interpretation der ungekürzten (!) Fassung. Nur in dieser Fassung wird der subtile und kunstvolle Aufbau dieses Werkes nachvollziehbar. Fazit: Referenzcharakter.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Rachmaninoff: Symphony No.2: London Symphony Orchestra, Simon Rattle

Label:
Anzahl Medien:
LSO Live
1
Medium:
EAN:

CD SACD
822231185123


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Rachmaninoff, Sergej


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LSO Live

Einspielungen des Labels LSO Live vermitteln die Energie und Emotion der großartigsten Aufführungen mit höchster technischer Qualität und Finesse.

Liveaufzeichnungen bedeuteten früher gewöhnlich Kompromisse, aber heutzutage kann mit Hilfe der besten Aufnahmetechnik im Konzertsaal die Vitalität festgehalten werden, die im Studio so schwer nachzustellen ist.
Durch das Zusammenschneiden mehrerer Aufführungen können wir eine Vorlage schaffen, die die Spannung einer Konzertaufführung ohne unerwünschte Nebengeräusche bewahrt.

Seit 2000 veröffentlichte das LSO Live über 80 Alben und nahm zahlreiche Preise entgegen. Das London Symphony Orchestra war schon früher das am meisten aufgenommene Orchester der Welt, hatte es doch für zahlreiche Plattenfirmen gearbeitet und viele der berühmtesten Filmmusiken eingespielt. Die Investition in unsere eigenen Aufnahmen ermöglicht dem Orchester jedoch abzusichern, dass jede Veröffentlichung den höchsten Qualitätsansprüchen genügt und das Hören der besten Musik allen Menschen zugänglich ist.

Das LSO Live war eines der ersten klassischen Plattenfirmen, die Downloads anboten, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Wir geben auch unsere Einspielungen im SACD Format (Super Audio Compact Disc) heraus. SACDs lassen sich auf allen CD-Spielern abspielen, ermöglichen aber den Hörern mit speziellen SACD-Spielern den Genuss eines hochaufgelösten, mehrkanaligen Klangs.

London Symphony Orchestra
Das London Symphony Orchestra wurde 1904 von einer Gruppe von Musikern gegründet, die für den Dirigenten Henry Wood spielten. Sie wollten ihr eigenes Orchester leiten und die Wahl haben, mit welchen Dirigenten sie zusammenarbeiteten. Sie beschrieben das LSO als eine musikalische Republik, und das Orchester war über Nacht ein Erfolg.

Heute gibt das LSO ungefähr 70 Konzerte pro Jahr in London und bis zu 90 auf Tournee. Es ist regelmäßig auf Konzertreise durch Europa, Nordamerika und im Fernen Osten. Waleri Gergijew ist seit 2007 Chefdirigent des LSO und Sir Colin Davis sein Präsident.

Das LSO organisiert auch das in der Welt am längsten laufende und umfangreichste Bildungsprogramm eines Orchesters: LSO Discovery. Mit seinem Sitz im Londoner Musikbildungszentrum LSO St Lukes schafft Discovery die Möglichkeit für Menschen aller Altersgruppen und Veranlagungen, mit Musikern des LSO zusammenzuarbeiten, etwas über Musik zu lernen und ihre Fertigkeiten zu entwickeln.


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