
Telemann: Christmas Cantatas III - Kölner Akademie, Michael Alexander Willens
Weihnachten mit Telemann
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Weihnachten und Michael Alexander Willens mit seiner Kölner Akademie: Das ist eine Kombination, die Jahr für Jahr verlässlich ins Schwarze trifft. Dieses Mal mit feinen Kantaten von Georg Philipp Telemann.
Georg Philipp Telemanns Kantatenwerk ist riesig – mehr als 1.700 dieser Werke sind binnen eines halben Jahrhunderts entstanden, davon allein 200 Arbeiten für die Weihnachtstage und die Adventssonntage. Michael Alexander Willens hat sich mit seiner Kölner Akademie für seine alljährliche Weihnachtsplatte bei cpo vier Kantaten herausgesucht, die in der Bibliothek des Brüsseler Konservatoriums überliefert sind, drei davon sind nur durch diese Sammlung für die Gegenwart zugänglich. Ein wenig bekanntes Gesamtwerk also, und die vier vorliegenden Kompositionen dürften mithin – Telemanns Kantaten gehören noch nicht zu den ‚Rennern‘ bei der durchaus respektablen diskografischen Wiederentdeckung dieses Komponisten – Ersteinspielungen sein.
Erfindungsreiche Farbigkeit
Es gibt vielerlei Reserven gegen Telemanns Kantaten, die rezitativisch und in den chorischen Partien, auch in den Chorälen, eher schlicht gesetzt sind. Die Arien dagegen sind reich an Farben und getragen von schöner Invention. Lässt man für einen Moment Johann Sebastian Bach mit seinen in der Wahrnehmung alles andere überlagernden Kantaten als Ausnahmeerscheinung fort und setzt ihn nicht als barocke Norm, als die er heute fälschlich betrachtet wird, fallen Telemanns Qualitäten – Ähnliches ließe sich unbedingt über die Werke Graupners, vielleicht auch die Faschs sagen – auch in diesem Bereich des Repertoires auf und ins Gewicht: Die schon angesprochene erfindungsreiche Farbigkeit, ein bestimmter Zug steter affektiver Leichtigkeit und Zugänglichkeit, die Kompetenzen als fähiger Setzer idiomatischer instrumentaler Soli und Textausdeuter. Und, nicht zuletzt, seine Eigenschaft, bei aller künstlerischen Ambition immer ein grundsolider Handwerker zu sein.
Vier Kantaten sind zu hören, zwei zum ersten Advent: 'Was für ein jauchzendes Gedränge' und 'Eilt zu, ruft laut, ihr längst verlangten Boten'. Dazu die beiden Kantaten zum zweiten Weihnachtstag 'Verirrte Sünder, kehrt, ach kehret um' sowie 'Da die Zeit erfüllet war'. Einzelne der Arien bleiben im Ohr. Ob allerdings auch eine der Kantaten in sich so geschlossen ist, dass sie ähnlichen Eindruck machte wie die Einzelsätze, ist nicht ganz so eindeutig zu bejahen. Am ehesten vielleicht in ihrer eminenten Bildkraft.
Versiert und hochwertig
Michael Alexander Willens leitet seine Kölner Akademie in bewegten, aber nicht gehetzten Tempi durch das Geschehen, formt stimmige Relationen der Sätze. Das instrumentale Spiel ruht auf einer sehr geschmackvoll ausgebauten Streicherbasis als eigentlichem Kern. In diesen edlen Ensembleklang werden Flöten und Oboen integriert, die sich mit schönen, eloquenten Beiträgen solistisch oder in der Kleingruppe zu profilieren wissen. Die Instrumente liefern den Vokalisten eine aus den Texten klar motivierte, plastisch gearbeitete und unmittelbar verständliche Phrasierung als Grundlage, natürlich in der Anmutung, leicht und makellos auch in der Intonation.
Das Ensemble der Vokalsolisten, die auch die Chöre und Choräle mit subtilem Geschmack aufleuchten lassen, führt die Sopranistin Hanna Herfurtner an, die über eine lebendige, flutende Stimme von Charme und geschmeidiger Statur verfügt – es ist eine Freude, wie selbstverständlich sie ihren goldumrandeten Stimmschein strahlen lässt. Sehr schön. Carola Günther überzeugt mit einem wunderbar harmonischen, tiefen Mezzo, der in allen Lagen leicht anspricht. Im Ergebnis eine ungezwungene Präsentation, ohne in den tieferen Lagen künstlich abdunkeln zu müssen. Mirko Ludwigs Tenor wirkt fein, vielleicht sogar schmal, erweist sich aber schnell als erstaunlich expansionsfähig, mit einer leichten, freien Höhe, die einen fließenden Übergang ins nächsthöhere Register anzudeuten scheint, dazu mit der Befähigung zur kraftbasierten Geste. Schließlich Peter Kooij als Grandseigneur vokaler Basskunst in diesem Repertoire: Die Stimme des Mittsechzigers klingt nobel, findet zu feiner Linearität, umfasst eine entwaffnend natürliche Diktion, die jedes Textbuch überflüssig macht: Kooij schafft eine fließende Eloquenz aus Musik und Text, dank derer er eine nach wie vor stupende Präsenz in allen Registern erreicht.
Das Klangbild der Einspielung ist von angenehmer Größe, wirkt klar und sortiert, ist dazu von feiner Struktur und in stets überzeugender Balance befindlich. Das informative Booklet bietet eine kundige, vielleicht etwas knappe Einführung und neben Informationen zu den Ausführenden sämtliche Texte in Deutsch und Englisch. Allerdings verraten etliche nicht korrigierte Fehler redaktionelle Nachlässigkeiten. Weihnachten und Michael Alexander Willens mit seiner Kölner Akademie: Das ist eine Kombination, die Jahr für Jahr verlässlich ins Schwarze trifft. Dieses Mal mit feinen Kantaten von Georg Philipp Telemann.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Telemann: Christmas Cantatas III: Kölner Akademie, Michael Alexander Willens |
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Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203539628 |
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Telemann, Georg Philipp |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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