
Piano Sonatas: Rathaus, Shostakovich - Vladimir Stoupel, Klavier
Absolute Virtuosenmusik
Label/Verlag: CAvi-music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Vladimir Stoupel stellt bei vier russischen Klaviersonaten pianistische Fähigkeiten über expressives Potenzial.
Bekannteres und nahezu Unbekanntes ist auf dieser Doppel-CD zusammengefasst. Bei den beiden Klaviersonaten von Dmitri Schostakowitsch hat der russische Pianist Vladimir Stoupel mehr als hinreichend Konkurrenz auf dem Tonträgermarkt. Die knappe erste Sonate op. 12 des Zwanzigjährigen spielt Stoupel in großer Klarheit und brillantem Ton, vollgriffig und virtuos. Lyrische Raffinesse steht eher im Hintergrund, dynamische Differenzierung fehlt. Auch in der dynamisch insgesamt großflächiger angelegten zweiten Sonate op. 61 von 1942/43 verzichtet Stoupel nicht selten auf die in der Partitur vorgeschriebenen dynamischen Kontraste und vertraut dem Fluss seines brillanten Spiels, jenem von Vladimir Ashkenazy nicht ganz unähnlich. Das soll nicht heißen, dass der Neuproduktion aus dem WDR-Funkhaus keine Poesie eignet, doch steht diese nicht im Zentrum des interpretatorischen Zugangs – und dieser steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der benötigten Spieldauer (mit 34 Minuten gehört Stoupel zu jenen Interpreten, die am längsten für die Komposition benötigen). Dass die Musik aber noch mehr Ausdrucksparameter enthalten kann, dem Klavier noch weitere Farbnuancen entlockt werden, wissen wir spätestens seit den legendären Einspielungen von Emil Gilels (1965) oder dem früh verstorbenen Youri Egorov (1983).
Zeitlos-unzeitgemäß
Weit bedeutsamer sind die beiden eingespielten Sonaten von Karol Rathaus (1895–1954). Insgesamt hat Rathaus vier Sonaten geschrieben. Und obschon hinreichend Platz auf dieser Doppel-CD gewesen wäre, begnügt sich Stoupel mit der Einspielung der ersten und der dritten Sonate (die zweite Sonate erschien 2019 auf Toccata Classics). Die c-Moll-Sonate op. 2 entstand 1920. Hier wie in der Sonate Nr. 3 op. 20 von 1927, jenseits fast aller Konkurrenz, spielt sich Stoupel frei, hebt einerseits den nachromantischen Ton der ersten Sonate, andererseits den sentimentalischen Ton der dritten Sonate hervor. D.h. es wird nicht zuvörderst Rathaus‘ innovatives Potenzial erkundet, sondern vielmehr eine Art Traditionsbezug. Vor allem spielt Stoupel die Sonaten als ‚absolute Virtuosenmusik‘, statt die Musik des Zeitstils (immer wieder lugen die Wilden Zwanziger in Rathaus‘ Musik hinein) herauszuarbeiten. So bleiben Rathaus‘ Kompositionen eher zeitlos-unzeitgemäß.
Auch über die Aufnahmetechnik kann man diskutieren – das Mikrofon scheint geradezu über dem Flügel zu schweben, so dass die unterschiedlichen Oktaven um den Hörer ausgebreitet werden. Mit einem realistischen Musikerlebnis hat das eher wenig zu tun, jedoch wird man sozusagen in die pianistischen Verwicklungen geradezu hineingezogen, in brillantem Klang ohne Frage, aber auch in einer Klangästhetik ohne wirkliche Persönlichkeit – nicht zuletzt bedingt durch die Wahl des Instrumentes. Schade, dass der Pianist keinen Mut hatte, sich für einen anderen Flügel mit mehr Eigenpersönlichkeit zu entscheiden – so hätten auch seine Interpretationen mehr Individualität gewonnen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Piano Sonatas: Rathaus, Shostakovich: Vladimir Stoupel, Klavier |
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Label: Anzahl Medien: |
CAvi-music 2 |
Medium:
EAN: |
CD
4260085534814 |
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Rathaus, Karol |
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