> > > Mozart, Hummel, Beethoven: Concerto, Sonate, Symphony: Aurelia Visovan, Klavier
Sonntag, 1. Oktober 2023

Mozart, Hummel, Beethoven: Concerto, Sonate, Symphony - Aurelia Visovan, Klavier

Für den häuslichen Gebrauch


Label/Verlag: Ricercar
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Beethoven und Mozart im Taschenformat, aus den Händen Hummels.

Kammermusikbearbeitungen von Orchestermusik sind gänzlich aus der Mode gekommen. Während vierhändige Klavierauszüge dank engagierter Klavierduos im Konzertleben immerhin noch gelegentlich zur Aufführung gelangen, sind etwa Johann Nepomuk Hummels oder Carl Reineckes Reduktionen von Konzertwerken und Sinfonien des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts nahezu komplett aus der Mode gekommen. Aurelia Visovan (Hammerflügel von Conrad Graf 1835) bietet hier mit Anna Besson (Flöte), Cecilia Bernardini (Violine) und Marcus van den Munckhof (Violoncello) Mozarts c-Moll-Klavierkonzert KV 491 und Beethovens Erste Sinfonie C-Dur op. 21 in Hummels Bearbeitungen. Die Einrichtungen für ein Holzblasinstrument, zwei Streicher und Klavier übertragen aber keineswegs schematisch die Originalbesetzung ins Kleine – ohnehin war Hummel ein viel zu guter Musiker, als dass er nicht sehr differenziert die neuen Klangstrukturen aufeinander abstimmen würde. Eine großer Portion solcher Bearbeitungen mit nicht weniger als sieben Mozart-Klavierkonzerten wurde vor vielen Jahren auf BIS vorgelegt, sechs Mozart-Sinfonien sind auf Naxos erschienen. Von Beethoven bearbeitete Hummel u. a. die ersten sieben Sinfonien.

Eigener Freiraum

Gerade die neuen Klangstrukturen, die Hummel in den originalen Texturen generiert (in den ‚Klavierkonzertreduktionen‘ naturgemäß unter Einbeziehung des Soloparts), und die Umwandlung in ein neues genuines Kammermusikwerk erfordert in der Ausführung besonderes Feingefühl, nicht zuletzt auch eine Abstrahierung von der originalen Klanggestalt, ohne diese ganz aber ganz zu negieren. Die Neueinspielung, entstanden im Provinzmuseum Beginenhof Sint-Truiden (Belgien) im Februar 2020, zeigt nicht nur die Pianistin, Preisträgerin des MA-Wettbewerbs Brügge 2019, in bestem Licht, sondern erweist sich im schönsten Sinne als Ensemblearbeit gleichberechtigter Künstler, in denen doch jeder genügend eigenen Freiraum behält. Feines Klangverständnis und Balancegefühl zusammen mit dem historischen Instrumentarium liefern wichtige ergänzende Beiträge zu auch in sich bereits durch Wärme und Lebendigkeit überzeugende Interpretationen. Vor allem die Beethoven-Sinfonie überzeugt und überrascht durch die Frische der Darbietung und die veränderten Schwerpunkte in Hummels Übertragung – nicht selten sogar bis in die Schicht der Phrasierung. In womöglich noch größerer Klarheit als in der Orchesterfassung kommen in Hummels Version die thematisch-motivischen Prozesse zum Vorschein.

Zwischen diesen beiden Bearbeitungen hat Aurelia Visovan Hummels berühmte Klaviersonate f-Moll op. 20 platziert. Der Graf-Hammerflügel erweist sich hier als äußerst expressives Ausdrucksinstrument, mit einer Vielzahl an Klangfarben und von guter Innenbalance. Vielleicht hätte man sich (man kennt dies von Vergleichsinterpretationen) wünschen können, dass die Pianistin noch etwas mehr aus sich hätte herausgehen können – sie spielt (dem Instrument gemäß) mit großer Sensibilität und arbeitet weniger mit den dramatischen Kontrasten, die in dem Werk auch vorhanden sind. Dies ist aber kaum ein Manko, vielmehr ein in diesem Kontext völlig legitimer Werkzugang. Ein sehr informativer Booklettext, in dem man sich nur etwas mehr Informationen über die statistische Menge der Hummel’schen Bearbeitungen gewünscht hätte, rundet die auch klanglich vorzügliche Produktion ab.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Mozart, Hummel, Beethoven: Concerto, Sonate, Symphony: Aurelia Visovan, Klavier

Label:
Anzahl Medien:
Ricercar
1
Medium:
EAN:

CD
5400439004177


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Beethoven, Ludwig van
Hummel, Johann Nepomuk
Mozart, Wolfgang Amadeus


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Ricercar

Von Haus aus Musikwissenschaftler und Gambist (und hier immerhin Schüler von Wieland Kuijken), gründete der Belgier Jérôme Lejeune 1980 sein Label RICERCAR, das schnell zu einem der wichtigsten im Bereich der Alten Musik wurde. Das war nicht nur durch die musikwissenschaftliche Arbeit Lejeunes nahe liegend, sondern auch dem Umstand geschuldet, dass Belgien von je her zu den führenden Nationen im Bereich der historischen Aufführungspraxis gehörte. Die Künstler, die für RICERCAR aufnehmen bzw. aufgenommen haben, lesen sich ohne Übertreibung wie das Who-is-Who der Alten Musik-Szene: Hier machte zum Beispiel Philippe Herreweghe genauso seine allerersten Aufnahmen wie das Ricercar Consort, Jos van Immerseel oder Mark Minkowski (sowohl als Fagottist als auch als Dirigent). Zu den Künstlern und Ensembles, die derzeit dem Label verbunden sind, gehören so prominente Namen wie der Organist Bernard Foccroulle, die Sopranistin Sophie Karthäuser sowie die Ensemble La Fenice und Continens Paradisi. Nach wie vor bietet Lejeune dabei jungen Künstlern und Ensembles eine künstlerische Plattform und er beweist dabei stets ein besonders glückliches Händchen. Viele der nicht weniger als 250 Aufnahmen, die hier veröffentlicht wurden, waren klingende Lektionen in Musikgeschichte, die in mehrteiligen Reihen solche Themen wie Bach und seine Vorgänger, die franko-flämische Polyphonie oder Instrumentenkunde behandelten und so etwas wie zu einem Markenzeichen des Labels wurden. Das erstaunliche dabei war auch, dass nahezu alle Produktionen des Labels von Lejeune sowohl wissenschaftlich als künstlerisch und technisch betreut wurden.


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