> > > Ferruccio Busoni: Sonata for Violin & Pianoforte op.29/36a: Ingolf Turban, Ilja Scheps
Sonntag, 1. Oktober 2023

Ferruccio Busoni: Sonata for Violin & Pianoforte op.29/36a - Ingolf Turban, Ilja Scheps

Zur Hälfte perfekt


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Ingolf Turban und Ilja Scheps überzeugen mit Busonis letzter Violinsonate weit stärker als mit dem vom Komponisten verworfenen Vorgängerwerk.

Die Zahl der Einspielungen von Ferruccio Busonis beiden großen e-Moll-Violinsonaten von 1889 bzw. 1898 ist beachtlich, auch wenn die spätere Sonate op. 36a die frühere op. 29 an Bekanntheit weit überragt. Von Op. 29 hat sich Busonis selbst später distanziert, und schon bald fällt auch auf, dass der Komponist hier noch von seinem Reifestil weit entfernt ist. Gerade die frühere Sonate scheint so auch Ingolf Turban und Ilja Scheps in ihrer 2016 beim SWR Baden-Baden entstandenen Einspielung besondere Schwierigkeiten zu bieten. Trotz der strukturell eher traditionellen Anlage (die im Tracklisting genannten Satzüberschriften der CD sind fast alle fehlerhaft) scheinen die Musiker dem Werk nicht recht nahe zu kommen. Scheps‘ Spiel mangelt es hier an Farben und Leuchtkraft, und auch in Turbans Beitrag finden sich immer wieder intonatorische Unsicherheiten. Übergänge sind nicht differenziert ausgearbeitet, sowohl die Violinlinie als auch der Klavierpart vermitteln den Eindruck, als seien die Musiker noch auf dem Weg zu einer wirklichen Interpretation.

Dieser Eindruck ändert sich grundlegend bei der späteren Sonate, die, obschon noch dreisätzig, das traditionelle Formverständnis aufbricht und erweitert. Eindeutig war die Busoni-Sonate ein wichtiges Vorbild für Max Reger, der seine erste Violinsonate, die er später noch für gültig hielt, die Sonate A-Dur op. 41, im Sommer 1899 komponierte, mithin anderthalb Jahre nach der Uraufführung von Busonis Komposition. Dass sich Busoni späterhin auch von dieser Komposition distanzierte, lag nicht zuletzt in ihrer großen Popularität begründet, u. a. bei Fritz Kreisler, mit dem er die Sonate in London gespielt hatte. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand vermisste er jenen zukunftsfähigen Aspekt, der ihn mittlerweile umtrieb und der diverse spätere Werke so intensiv prägt.

Gebrochener Traditionsbezug

Waren Turban und Scheps in der ersten Sonate tentativ und in ihrer Ausarbeitung nicht immer ganz erfolgreich, so scheinen jetzt bei der zweiten Sonate fast andere Musiker am Werk zu sein – hier ‚sitzt‘ jetzt alles, sowohl großformal als auch im Detail. Die Zerbrechlichkeit des Variationenthemas wird ebenso herausgearbeitet wie der gebrochene Traditionsbezug in den quasi zitatartigen Bezugnahmen auf Werke der musikalischen Vergangenheit. Sowohl der Pianist als auch der Geiger bieten hier eine kaum überbietbare Menge an musikalischen Valeurs und feinen Details, die bei einmaligem Hören, auch bei mehrmaligem Hören kaum alle erfasst werden können. Bei der Tempowahl ähneln Turban und Scheps der Einspielung von Gidon Kremer und Valery Afanassiev (Deutsche Grammophon), doch ist die jüngere Interpretation im Detail noch reicher, mit dem Mut zu ‚modernen‘ Klangfarben – Turban mehr noch als Scheps. Hierdurch ergibt sich eine gewisse Asymmetrie der interpretatorischen Tiefe, die aber angesichts der hohen Qualität der Interpretation äußerst gering wiegt. Schade, dass die frühere Sonate diesen beglückenden Status einer Referenzeinspielung nicht bieten kann.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Ferruccio Busoni: Sonata for Violin & Pianoforte op.29/36a: Ingolf Turban, Ilja Scheps

Label:
Anzahl Medien:
cpo
1
Medium:
EAN:

CD
761203521326


Cover vergössern

Busoni, Ferruccio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.29 - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.29 - Allegro giacoso
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.29 - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Allegro giacoso
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Allegro giacoso
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Allegro giacoso
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Allegro giacoso
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Allegro giacoso
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Adagio
 - Sonata for Violin & Pianoforte op.36a - Allegro giacoso


Cover vergössern

Interpret(en):Turban, Ingolf
Scheps, Ilja


Cover vergössern

cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:

blättern

Alle Kritiken von cpo...

Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:

  • Zur Kritik... Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Mehr Männer: Drei Countertenöre, ein Sopranist und ein Tenor gegen zwei Soprane. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Es dreht sich nur um einen: Der Klaviertriokomponist Camille Saint-Saëns als Schöpfer und Nachschöpfer. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
blättern

Alle Kritiken von Dr. Jürgen Schaarwächter...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Kollaboratives Komponieren: Das Label Kairos präsentiert facettenreiche Ensemblemusik des schwedischen Komponisten Jesper Nordin. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Hoher Abstraktionsgrad: Marco Fusi beeindruckt mit Violin-'Werken' Giacinto Scelsis. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (4400 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Henri Bertini: Nonetto op.107 in D major - Allegro vivace

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich