
Cantate Domino - Ensemble BachWerkVokal, Gordon Safari
Lobgesang
Label/Verlag: MDG
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Gordon Safari und BachWerkVokal wollen nichts Lexikalisches bieten: Bei Bachs Vokalmusik gibt es davon auf hohem und höchstem Niveau zweifellos genug. Stattdessen geht es um interessante, beziehungsreiche Programme mit Johann Sebastian Bach als Anker.
‚Cantate Domino‘ – das ist der Beginn eines der wahrscheinlich meistvertonten, auf vielfältige Weise zum Sprechen zu bringenden Texte in der Geschichte der geistlichen Musik. Auf der bei Dabringhaus & Grimm erschienenen Debüt-Platte des Ensembles BachWerkVokal Salzburg mit seinem jungen Leiter Gordon Safari sind dann auch einige herausragende Bespiele des Barock zu hören. Den Rahmen bildet, beim offenkundig auf das Bach-Werke-Verzeichnis bezogenen Titel der Formation ist das keine Überraschung, Johann Sebastian Bach, am Beginn mit der Kantate BWV 190 repräsentativ besetzt und von üppiger Wirkung. Die beiden ersten, unvollständig überlieferten Sätze hat Gordon Safari sinnfällig und mit Gespür für die freien Räume ergänzt. Dann folgt, als raumgreifenderes Werk, eine Kantate von Georg Philip Telemann (laut Booklettext eine Ersteinspielung), die ebenso entzückend wie charakteristisch für einen zu Unrecht als Komponist geistlicher Musik Unterschätzten ist. Dann folgt Dietrich Buxtehude mit einer lateinisch textierten Version, der Urvater so vieler spätbarocker Größen, mit komplexer Musik auch in reduzierter Stimmenzahl. Und Georg Friedrich Händel ist mit einem Anthem vertreten – vom ersten Takt an typischer Händel, mit unverkennbaren Fugenköpfen in den Chorsätzen, dramatischen Vokalsoli, üppig sich verströmender Linie und voller Wirkung trotz schmaler Besetzung.
Dass BachWerkVokal in Salzburg beheimatet ist, erklärt die zwischen die größeren Werke eingefügten Mozart-Stückchen: verschiedene Varianten eines der 'Vier Rätselkanons' KV 73r – klingende Schmankerl voller Kunst und Raffinesse. Und am Schluss, als beeindruckendes Finale, Bachs Motette zum Thema, als BWV 225 zentraler Teil seines Motettenwerks – ein gipfelndes, auch vom Leipzig durchreisenden Mozart bestauntes Wunder kompositorischen Könnens.
Frisch musiziert
Schon bei Mozarts Petitessen beweist sich der 15-köpfige Chor, vornehmlich dank schlanker, ungemein agiler Register, die beweglich wirken und konzentriert. Das zahlt sich auch bei Telemann, Händel und besonders deutlich Buxtehude aus – es ist insgesamt sehr überzeugend, wie sicher auf engstem Raum stilistische Eigenheiten abgebildet und lebendig gemacht werden. Dynamisch überwiegen Frische und klare Konturen. Umso mehr überrascht dann der überaus sinnliche, fast behutsam tastende Beginn der Bach-Motette, in deren Verlauf sich das Ensemble zu luzider, unangestrengter Virtuosität steigert. Die Soli der Kantaten lösen sich aus dem Chor, agieren durchweg mindestens rollendeckend, entwickeln in großer Zahl aber auch bemerkenswertes Profil und individuellen Zuschnitt, meist getragen von plastischer Sprachmacht. Keine Frage: Gordon Safari stützt sich da auf eine potente Truppe junger Vokalisten.
Waches Ohr
Das Orchester trägt den frischen Ansatz mit, agiert temperamentvoll zupackend, rhythmisch höchst prägnant, linear ohne übermäßige Süße, aber doch mit wachem Ohr für lyrische Schönheiten. Zu letzterem Befund tragen feine obligate Stimmen entscheidend bei. Ein höchst agiler, variantenreich besetzter Basso continuo verrichtet viel präzise Strukturarbeit. Das Klangbild der hybriden SACD ist gleichfalls reich an Struktur und Tiefe, fein erwärmt und von dezenter Räumlichkeit: Ein komplettes Resultat, mit präsenten Registern.
Gordon Safari und BachWerkVokal wollen nichts Lexikalisches bieten: Gerade bei Bachs Vokalmusik gibt es davon auf hohem und höchstem Niveau zweifellos genug. Stattdessen geht es um interessante, beziehungsreiche Programme mit Johann Sebastian Bach als Anker – das könnte ein tatsächlich interessanter Weg werden. Der Auftakt jedenfalls ist gelungen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Cantate Domino: Ensemble BachWerkVokal, Gordon Safari |
|||
Label: Anzahl Medien: |
MDG 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
760623213866 |
![]() Cover vergössern |
Bach, Johann Sebastian |
![]() Cover vergössern |
MDG Die klangrealistische Tonaufnahme »Den beim Sprechen oder Musizieren entstehenden Schall festzuhalten, um ihn zu konservieren und beliebig reproduzieren zu können, ist eine Idee, die seit langem die Menschen beschäftigte. Waren zunächst eher magische Aspekte im Spiel, die die Phantasie beflügelten wie etwa bei Giovanni deila Porta, der 1598 den Schall in Bleiröhren auffangen wollte, so führte mit fortschreitender Entwicklung naturwissenschaftlichen Denkens ein verhältnismäßig gerader Weg zur Lösung...« (Riemann Musiklexikon)Seit Beginn der elektrischen Schallaufzeichnung ist der Tonmeister als »Klangregisseur« bei der Aufnahme natürlich dem Komponisten und dem Interpreten, aber auch dem Hörer verpflichtet. Die Mittel zur Tonaufzeichnung sind hinlänglich bekannt. Die Kriterien für ihren Einsatz bestimmt das Ohr. Deshalb für den Hörer hier eine Beschreibung unserer Hörvorstellung. Lifehaftigkeit In der Gewißheit, daß der Konzertsaal im Wohnzimmer (leider) nicht realisierbar ist, konzentriert sich unser Bemühen darauf, die Illusion einer Wirklichkeit zu vermitteln. Die Musik soll im Hörraum so wiedererstehen, daß spontan der Eindruck der Unmittelbarkeit entsteht, das lebendige Klanggeschehen mit der ganzen Atmosphäre der »Lifehaftigkeit« erlebt wird. Da wir praktisch ausschließlich menschliche Stimmen und »klassische« Instrumente - auch sie haben ihren Ursprung im Nachahmen der Stimme - aufnehmen, konzentriert sich unsere Klangvorstellung auf natürliche Klangbalance und tonale Ausgeglichenheit im Ganzen, und instrumentenhafte Klangtreue im Einzelnen. Darüber hinaus natürliche, ungebremste Dynamik und genaueste Auflösung auch der feinsten Spannungsbögen. Weitestgehend bestimmend für die Illusion der Lifehaftigkeit ist auch die Ortbarkeit der Klangquellen im Raum: freistehend, dreidimensional, realistisch.Musik entsteht im Raum Um diesen »Klangrealismus« einzufangen, ist bei den Aufnahmen von MDG eine natürliche Akustik unbedingte Voraussetzung. Mehr noch, für jede Produktion wird speziell in Hinblick auf die Besetzung und den Kompositionsstil der passende Aufnahmeraum ausgesucht. Anschließend wird »vor Ort« die optimale Plazierung der Musiker und Instrumente im Raum erarbeitet. Dieser ideale »Spielplatz« ermöglicht nun nicht nur die akustisch beste Aufnahme, sondern inspiriert durch seine Rückwirkung die Musiker zu einer lebendigen, anregenden Musizierlust und spannender Interpretation. Können Sie sich die Antwort des Musikers vorstellen auf die Frage, ob er lieber in einem trockenen Studio oder in einem Konzertsaal spielt?Die Aufnahme Ist der ideale Raum vorhanden, entscheidet sich der gute Ton an den Mikrofonen - verschiedene Typen mit speziellen klanglichen Eigenheiten stehen zur Auswahl und wollen mit dem Klang der Instrumente im Raum in Harmonie gebracht werden. Ebenso wichtig für eine natürliche Abbildung ist die Anordnung der Mikrofone, damit etwa die richtigen Nuancen in der solistischen Darstellung oder die Kompensation von Verdeckungseffekten realisierbar werden. Das puristische Ideal »nur zwei Mikrofone« kann selten den komplexen Anforderungen einer Aufnahme mit mehreren Instrumenten gerecht werden. Aber egal wie viele Mikrofone verwendet werden: Stellt sich ein natürlicher Klangeindruck ein, ist die Frage nach dem Zustandekommen des »Lifehaftigen« zweitrangig. Entscheidend ist, es klingt so, als wären nur zwei Mikrofone im Spiel.Ohne irgendwelche »Verschlimmbesserer« wie Filter, Limiter, Equalizer, künstlichen Hall etc. zu benutzen, sammeln wir die Mikro-Wellen übertragerlos in einem puristischen Mischpult und geben das mit elektrostatischem Kopfhörer kontrollierte Stereosignal linear und unbegrenzt an den AD-Wandler und zum digitalen Speicher weiter. Dadurch bleiben auch die feinsten Einschwingvorgänge erhalten. Auf der digitalen Ebene wird dann ohne klangmanipulierende Eingriffe mit dem eigenen Editor in unserem Hause das Band zur Herstellung der Compact Disc für den Hörer erstellt, für Ihr hoffentlich großes Hörvergnügen. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag MDG:
-
Gibt es ein 'fast zu schön'?: Christian Zacharias spielt vier mittlere Haydn-Sonaten. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Nüchterner Balakirew: Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Mihkel Kütson und die Pianistin Dinara Klinton haben Musik von Milij Balakirew aufgenommen. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Bach im Austausch: BachWerkVokal natürlich mit Bach – in frischer, mit etlichen individuellen Akzenten versehener Deutung. Dazu ältere Impulse und programmatische Ausflüge bis in die Gegenwart. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Matthias Lange:
-
Vokalqualität: Ein konzeptionell bezwingendes, dazu hervorragend qualitätvoll gesungenes Album: The Gesualdo Six machen sich selbst und dem Publikum ein wunderbares Geschenk. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Ein Schatz: Johann Hermann Schein und seinem Israelsbrünnlein die Ehre zu geben, ist nie vertane Mühe: Opella Musica und Gregor Meyer reihen sich mit dieser exquisiten solistischen Deutung in die Folge künstlerisch hochstehender Gesamtbetrachtungen ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Geistvoll: Karel Valter und Hadrien Jourdan breiten gehaltvolle Sonaten des großen Carl Philipp Emanuel Bach mit dem notwendigen Gewicht aus, verbunden mit gestalterischer Raffinesse und Klangeleganz. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Später Brahms, frisch präsentiert: Michael Collins und Stephen Hough überzeugen als kammermusikalisches Duo. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Gelungene Zeitreise: Das Teatro Regio Torino unternimmt eine Rekonstruktion der Uraufführung von Puccinis 'La Bohème'. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
-
Virtuos, aber klanglich nicht optimal: Bläser-Kammermusik vom Trio bis zum Sextett: Vier Werke aus der Feder von Jean Françaix in technisch sehr guten, klanglich nicht optimalen Interpretationen. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
Portrait

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich