
The Great War Centenary - Michael Foyle, Miksim Stsura
Fast die üblichen Verdächtigen
Label/Verlag: Challenge Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Mit ihrem Blick auf die Violinsonate während des Ersten Weltkriegs verstellen sich Michael Foyle und Maksim Stsura selbst den Weg.
'The Great War Centenary' – zahlreiche CDs sind zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg erschienen, zum einen Repertoire der Zeit, zum anderen Memorialkompositionen. Die vorliegende SACD vereint beides und überzeugt von der Programmgestaltung her trotzdem nicht. Dabei nimmt der natürliche Klang, die perfekte klangliche Balance zwischen den beiden Musikern zunächst für sich ein.
Fast unvermeidbar ist die g-Moll-Violinsonate von Claude Debussy zu hören, entstanden 1917 kurz vor Debussys Tod. Eine elegante, durchaus gallische Komposition, der man den französischen Ton nicht nehmen sollte. Doch genau dies geschieht in der vorliegenden Interpretation durch Michael Foyle und Maksim Štšura. Die beiden Musiker bleiben dem Charme wie der Melancholie der Musik viel schuldig und verorten die Musik teilweise eher in Ungarn denn in Frankreich. Gerade angesichts übermächtiger Konkurrenz kein Grund, zu der vorliegenden Platte zu greifen.
Allzu geglättet
Die Sonate für Violine und Klavier von Leoš Janáček wurde im Sommer 1914 geschrieben, als Janáček und seine Frau Zdenka die Invasion Moraviens durch die Russen Tag um Tag erwarteten. Das Werk erhielt seine endgültige (auch hier zu hörende) Gestalt erst 1922 – gerade hierdurch entzieht sich die vorliegende Aufnahme also eigentlich dem Programmkontext. Die Einspielung von Foyle und Štšura kommt, im Vergleich zu mancher älterer Produktion, allzu geglättet daher – wer einmal Josef Suk und Jan Panenka 1958 (!) gehört hat, weiß, was gemeint ist. Hier hören wir technische Perfektion, doch ohne eine dreidimensionale Perspektive in der Interpretation, ohne inneres Brennen, ohne zwingende Notwendigkeit.
Ottorino Respighis Violinsonate h-Moll von 1916/17 ist seltener zu hören als die beiden anderen Sonaten, ist auch nicht leicht zu interpretieren. Seit Jascha Heifetz und Emanuel Bay 1950 haben sich nur wenige Geiger auf Tonträger an das Werk gewagt, am erfolgreichsten 1988 Kyung-Wha Chung und Krystian Zimerman für Deutsche Grammophon. Auch in diesem Fall begnügen sich Foyle und Štšura mit technischer Akkuratesse – die dringend erforderliche Innenspannung ist viel zu schwach, als dass sie das Werk rundum zusammenhalten könnte. Das sind viele schöne Momente, aber kein zwingendes Ganzes.
Effektvoll
Weniger umfänglich als die drei historischen Werke ist 'Inscrizione (derivata) – A lie to the Dying' (‚Inschrift (abgeleitet) – eine Lüge an die Sterbenden‘) des englischen Komponisten Kenneth Hesketh, ein Auftragswerk für das vorliegende Recital und laut Booklettext ‚eine Quasi-Meditation über den Tod, dessen angsterfüllte Gedanken und Krämpfe nachlassender Körperlichkeit erkennbar in eine Erzählung von beunruhigender Melancholie verwoben sind.‘ Die Interpreten sind in der ersten Hälfte des Stücks angewiesen, ‚wie auf Wasser zu schreiben‘ zu spielen, in der zweiten Hälfte ‚wie auf Sand‘. Inwieweit sich Hesketh tatsächlich vom Ersten Weltkrieg hat inspirieren lassen, bleibt auch nach Konsultation von des Komponisten Website unbekannt. Eine effektvolle, wenn auch vielleicht nicht durchgängig ganz erstrangige Komposition, in der sich die beiden Musiker, gerade auch weil der technische Aspekt so enorm wichtig ist und die musikalische Struktur knapper ist, deutlich wohler zu fühlen scheinen. So überzeugt wenigstens die Interpretation der Ersteinspielung und versöhnt mit dem technisch perfekten, aber emotional wenig berührenden Rest.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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The Great War Centenary: Michael Foyle, Miksim Stsura |
|||
Label: Anzahl Medien: |
Challenge Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
608917278620 |
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Debussy, Claude |
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