
Pepusch, Johann Christoph - Venus and Adonis
Ohne Bettler und Räuber
Label/Verlag: Ramée
Detailinformationen zum besprochenen Titel
'Venus and Adonis' von Johann Christoph Pepusch liegt hier in einer vokal und instrumental sehr ansprechenden Einspielung vor. Einige vokale Beiträge sind geradezu hinreißend.
Johann Christoph Pepusch (oder John Christopher Pepusch) kennt man heute zumeist nur als Komponist der 'Beggar‘s Opera' – und hier wird seine Leistung nicht selten als die eines Arrangeurs geführt. Dass Pepusch ein ernstzunehmender Musiker war, wird nicht selten vergessen, und seine ‚Masque‘ 'Venus and Adonis' aus dem Jahr 1715 zeigt, dass seine Fähigkeiten nicht gering waren. Der aus Berlin stammende Musiker, der zu den ersten Komponisten gehörte, die auch auf der öffentlichen Opernbühne die englische Sprache propagierte, hatte seit seinem Eintreffen in London im Jahr 1700 eine beachtliche Karriere gemacht und wurde 1714 Musikdirektor am Theatre Royal in der Drury Lane.
Obschon in der Literatur zumeist als ‚Masque‘ bezeichnet, sind die typischen Elemente einer höfischen Masque eigentlich nicht vorhanden. Es ist davon auszugehen, dass der Begriff vor allem in Ermangelung eines besseren gewählt wird – gab es doch für englische Opern der Zeit kaum eine andere Typologie und Tradition. Pepuschs in zwei 'Interludes' verteilte Komposition (die hier mit 85! Minuten auf einer CD präsentiert wird) behandelt die hinlänglich bekannte, rund dreißig Jahre zuvor von John Blow ebenfalls vertonte Handlung. Die drei Hauptfiguren sind hier Venus, Adonis und Mars, so dass wir es hier mit einem veritablen Dreiecksdrama zu tun haben, in dem Venus, von Mars verstoßen und von Adonis verschmäht, zuletzt der Verzweiflung verfällt. Musikalisch können wir vielleicht von einem typischen Vertreter des ‚Londoner Barock‘ sprechen, das nicht nur bei Händel, sondern auch anderen Zeitgenossen zu finden ist.
Die ungewöhnliche Konstellation der originalen Besetzung bringt es mit sich, dass die Sängerin des Adonis vokal höher angesiedelt ist als jene der Venus. Philippa Hyde bietet frischen Sopran mit guter Koloraturfähigkeit. Was ihrer Stimme fehlt, ist ein echter eigener Charakter, der der Partie besondere Eigenheit verleiht. Gerade bei Musik, die derart zentriert auf die Interpreten zugeschrieben war, braucht es Interpreten, die den Zuhörer mitnehmen – und die Uraufführungsinterpretin Margarita de l‘Epine war berühmt für ihre Darbietung von Hosenrollen. Hyde ist da denn doch um entscheidende Nuancen zu ‚instrumental‘, zu wenig emotional involviert im Einsatz ihrer Stimme.
Wie anders ist da doch die Präsenz der Mezzosopranistin Ciara Hendrick als Venus: ihre Stimme vibriert vor Erotik, bietet ein weites Spektrum an Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten und erfüllt den Part mit Wärme und Persönlichkeit, selbst wenn ihre Triller nicht immer ganz sicher sein mögen. Der bekannteste Name in der Besetzungsliste ist der Tenor Richard Edgar-Wilson als Mars, der dem überschaubaren Part rhetorische Tiefe, wenn auch eine nicht mehr ganz frische Stimme verleiht.
Die Wiederbelebung der Komposition verdanken wir Robert Rawson, der mit seiner Harmonious Society of Tickle-Fiddle Gentlemen (mit ein paar Damen trotz des Namens des Ensembles) eine gute, unaufdringliche Gesamtdarbietung bringt. Da wird nichts forciert – nicht die Tempi, nicht die Expression, nicht die Phrasierung oder Artikulation. Der bekannteste Name im Instrumentalensemble ist Anthony Halstead, und es spricht für den großen Teamgeist, dass mehrere Instrumentalisten im Chor mitsingen.
Die aufnahmetechnisch tadellose Einspielung wird mit einem luxuriösen Booklet ausgeliefert, das nicht nur umfangreiche Informationen zu dem Werk bietet, sondern auch ein mehrsprachiges Libretto.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Pepusch, Johann Christoph: Venus and Adonis |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Ramée 1 02.09.2016 |
Medium:
EAN: |
CD
4250128515023 |
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Pepusch, Johann Christoph |
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