
Abschied und Ewigkeit. Staatsmusiken des Gottorfer Hofes - Werke von Förtsch und Österreich
Gottorfer Trauer
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine weitere Folge mit hochinteressanter Musik des Gottorfer Hofes, kundig, angemessen und vor allem frisch und lebendig musiziert von Manfred Cordes und seinem Ensemble. Da wird keine historische Musikbibliothek abgesungen, sondern hörenswerte Musik zum Leben erweckt.
Manfred Cordes und sein Ensemble Weser-Renaissance haben aktuell die vierte Folge ihrer intensiven Beschäftigung mit den musikalischen Traditionen am Hof von Schleswig-Holstein-Gottorf vorgelegt: Nach exklusiven Platten mit Werken von Johann Philipp Förtsch, Georg Österreich und Augustin Pfleger ist es nun ein Programm mit Arbeiten verschiedener Meister, sämtlich der Sphäre intensiver, repräsentativer Trauer verpflichtet. Wiederum sind Förtsch und Österreich vertreten, dazu auch der ältere Bruder Österreichs, Michael mit Vornamen: Der war kein professioneller Musiker, sondern stand in Diensten der Militärverwaltung. Doch hatte er wie sein Bruder als ehemaliger Thomaner eine profunde musikalische Ausbildung erfahren und erweist sich als erstaunlich substanzreich in seiner kompositorischen Handschrift. So etwas wie das durchaus nicht kleinformatige Geistliche Konzert 'Ich habe einen guten Kampf gekämpfet' nebenberuflich zu produzieren, muss mindestens erstaunlich genannt werden.
Georg Österreich erweist sich als sicherer Setzer, auch über lange Strecken: Seine beiden 'Musicalischen Concerte' mit den Titeln 'Unser keiner lebet ihm selber' und 'Plötzlich müssen die Leute sterben' sind auf fast zwanzig Minuten ausgedehnt, in behutsamer Binnendifferenzierung formal an die sich entwickelnde Kantate gemahnend. Österreich ist ein luzider Textdeuter, ein plastisches Beispiel für höchst solides Handwerk, immer wieder nobilitiert durch Funken besonderer Inspiration. Seine Musik ist expressiv und fordert die Vokalisten am ehesten auch technisch. Und: Hier finden sich gelegentlich noch deutlicher hervortretende kontrapunktische Momente. Hinzu treten fantasievoll ausgedeutete Choralzeilen.
Georg Philipp Förtsch nimmt in dieser Reihe einmal mehr als sicherer Affekt-Komponist für sich ein, mit einiger gestischer Intensität, mit sicher gesetzten Wort-Ton-Gestalten. Auch manche Eigenwilligkeit ist zu hören; Förtsch vermeidet nicht alle Längen, nicht jede Textwiederholung wird mit gesteigerter Intensität gedeutet oder kann echten künstlerischen Neuigkeitswert aufweisen.
Experten unter sich
In der Riege der Vokalisten finden sich etliche große Namen: Sopran singen Sabine Lutzenberger und Marie Luise Werneburg, Alt singt David Erler, im Tenor sind Georg Poplutz und Mirko Ludwig zu hören, im Bass agieren Guillaume Olry und Harry van der Kamp. Eine Riege veritabler Könner also, die eine eminente Expertise in stilistischer und technischer Hinsicht vereint, die der Herausforderung der Verschränkung von solistischem und Ensemblegesang mit leichter Geste begegnet, die alles selbstverständlich und unangestrengt wirken lässt, auch dank einer weitgehend klaren und natürlichen Diktion.
Instrumental wird das vokale Geschehen idiomatisch passend fortgesetzt: Delikat und edel klingt es, harmonisch und ausgeglichen in der Wirkung der Register, mit einem vielleicht übergreifend prägenden Gambenklang. Artikuliert wird sprechend im besten Sinne, quer durch die Lager der Vokalisten wie der Instrumentalisten.
Manfred Cordes musiziert das in variablen Tempi, mit stimmigen Bezügen, durchaus mit klaren Akzenten versehen und zugleich – beim Sujet der Trauermusik verständlich – in weit ausgreifenden getragenen Strecken. Das Klangbild der im Petri-Dom zu Schleswig entstandenen Aufnahme, also des Ortes, für den die Musik ursprünglich gedacht war, ist angesichts der Größe des Raumes bemerkenswert klar und präzis, einzig die Balance fällt gelegentlich latent zuungunsten der Vokalisten aus.
Eine weitere Folge mit hochinteressanter Musik des Gottorfer Hofes, kundig, angemessen und vor allem frisch und lebendig musiziert von Manfred Cordes und seinem Ensemble. Da wird keine historische Musikbibliothek abgesungen, sondern hörenswerte Musik zum Leben erweckt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Abschied und Ewigkeit. Staatsmusiken des Gottorfer Hofes: Werke von Förtsch und Österreich |
|||
Label: Anzahl Medien: Spielzeit: |
cpo 1 68:26 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
761203501021 cpo 555 010-2 |
![]() Cover vergössern |
Förtsch, Johann Philipp |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Blutarm: Ein großes Bühnenwerk Carl Heinrich Grauns leider nur in 'musikalischer Gesamteinspielung'. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Schwedische Wunderlampe: Kurt Atterbergs Oper 'Aladin' verzaubert im spätromantischen Stil. Weiter...
(Karin Coper, )
-
Musikalische Andacht: Buxtehudes Membra Jesu Nostri: Opella Nova und Gregor Meyer bieten eine delikate Deutung dieses qualitätvollen Klassikers des barocken Repertoires. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Matthias Lange:
-
Gediegen: Philippe Herreweghes gelegentliche Erkundungen im Reich der Bach-Kantate gefallen. Sie sind auf eine – im Sinne der Erkenntnisse historisch informierter Praxis – klassische Weise gediegen. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Später Kontrapunkt: Die Werner-Reihe schreitet voran – mit hoher Qualität in Komposition wie Interpretation. Es gelingt Lajos Rovatkay und seinen Ensembles mühelos, für diese wenig bekannte Musik zu interessieren, ja, zu begeistern. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Meister im kleinen Format: Masaaki Suzuki setzt seine systematischen Bach-Erkundungen im Reich des Chorals fort, mit einem ersten Teil des Orgel-Büchleins. Es ist eine mustergültige Präsentation auf einem der Musik ebenbürtigen Instrument. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Russische Seele?: Elena Kuschnerova legt eine programmatisch fragwürdige, aber interpretatorisch überzeugende Aufnahme mit Klavierwerken von Alexander Lokshin und Sergej Prokofiev vor. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Gediegen: Philippe Herreweghes gelegentliche Erkundungen im Reich der Bach-Kantate gefallen. Sie sind auf eine – im Sinne der Erkenntnisse historisch informierter Praxis – klassische Weise gediegen. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Ausladend paraphrasiert: Vier Pianisten in perfekter Harmonie. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Portrait

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich