
Paisiello in Wien - Werke von Bortolazzi, Hummel, Giuliani, u.a.
Eine Müllerin in Wien
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ein tiefer Griff in die Raritätenkiste - der aber lohnt sich. Man wird belohnt mit Werken hoher kompositorischer Qualität und einem sehr aparten Klangfarbenspektrum historischer Instrumente.
Giovanni Paisiellos Opera buffa 'L‘amor contrastato ossia La molinara' (1788) war ein ähnlich großer Erfolg wie 'Il barbiere di Siviglia' (1782-4), 1790, 1794 und 1795 war das für den König von Neapel komponierte Werk in Wien unter dem Titel 'Die schöne Müllerin' zu hören. Das berühmteste Werk aus dieser Oper wurde das Duett 'Nel cor più non mi sento', das noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts als Einlage in Rossinis 'Barbiere di Siviglia' Verwendung fand. Und die berühmteste ‚Weiterverwertung‘ der Musik erfolgte in Ludwig van Beethovens Variationenkreis G-Dur WoO 70 für Fortepiano (1795 unmittelbar nach dem Opernbesuch entstanden). Zusammen mit zwei Sonatinen für Mandoline und Pianoforte (WoO 43a und 44a) sowie einem Variationenwerk für dieselbe Besetzung (WoO 43b, alle 1796) bildet diese Komposition ein Zentrum der vorliegenden CD, die man leicht mit den Worten ‚Abstrusitäten des späten 18. Jahrhunderts‘ abtun könnte, die aber durchaus beliebte Konstellationen der Zeit widerspiegelt, Kompositionen für Gitarre und/oder Mandoline und Pianoforte. Das Variationenwerk D-Dur WoO 43b erweist sich als besonders substanzreich, die drei anderen Werke gehören eher zu Recht dem Bereich ‚Der unbekannte Beethoven‘ an.
Ein anderes Zentrum der CD bilden zwei Kompositionen Johann Nepomuk Hummels, die Große Sonate C-Dur op. 37a für Mandoline und Pianoforte (ca. 1810) sowie das 'Pot-pourri' op. 53 für Gitarre und Pianoforte (ca. 1810-14); von beiden Werken ist die dreisätzige Sonate das deutlich gehaltvollere Werk, vielleicht sogar die bedeutendste Komposition der gesamten Produktion, mit einem charmant serenadenhaften Mittelsatz.
Zwischen Beethoven und Hummel platziert sind Mauro Giulianis Variationenwerk über 'Nel cor più non mi sento' sowie die Polonaise A-Dur, beides für Gitarre und Pianoforte op. 113 (nach dem Gitarrenquintett op. 65), beides substanzielle und anspruchsvolle Kompositionen, die zu hören ein echter Gewinn ist. Besonders die Polonaise stellt Giulianis kompositorische Fähigkeiten auf das Schönste heraus.
Umrahmt werden die Werke dieser drei Komponisten durch entsprechende Variationswerke von Bartolomeo Bortolazzi (op. 8, für Mandoline und Gitarre) sowie Johann Baptist Vanhal (op. 42, 1796, hier für Mandoline, Gitarre und Pianoforte). Beide Werke ergänzen attraktive Klangfarben und zeigen vielgestaltige Möglichkeiten der Materialverarbeitung.
Der Mandolinist Alon Sariel, der Gitarrist Izhar Elias und der Hammerklavierspieler Michael Tsalka evozieren mit ihren historischen Instrumenten den ganzen Farbenreichtum der unterschiedlichen Kompositionen und Klangkonstellationen. Zwar wirkt der Böhm-Hammerflügel von 1820 aus der Sammlung Gijs Wilderom an manchen Stellen nicht ganz so frei ausschwingend, wie man es von anderen Instrumenten der Zeit kennt, doch passt seine Wärme auf das Beste zu den beiden Zupfinstrumenten, die auch miteinander sehr gut harmonieren (bei Hummels Sonate ist er eindeutig anders gestimmt als bei anderen Kompositionen, von einer einheitlichen Instrumentenpflege kann also leider nicht die Rede sein). Beethovens Klaviervariationen mögen unter Tsalkas Händen manchen etwas manieriert klingen – verursacht ist dies durch eine Vielzahl an agogischen Eingriffen, die den melodischen Fluss etwas trüben. Bortolazzis Werk ist aufnahmetechnisch etwas nach vorne gezogen worden (als einzige Komposition ohne Pianoforte), was der Gesamtbalance nicht unbedingt gut tut. Giulianis Polonaise erhält unter den Künstlern einen erfrischenden Puls, auch wenn ein paar Töne nicht ganz harmonisch aufeinander abgestimmt scheinen.
Das (nur englische) Booklet hält sich in Sachen Entstehungsdaten fast aller Kompositionen (und des unmittelbaren Wien-Bezugs) ausgesprochen bedeckt – hier wäre ein bisschen mehr Recherche (und vielleicht auch ein unterzeichnender Verfasser) wünschenswert gewesen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Paisiello in Wien: Werke von Bortolazzi, Hummel, Giuliani, u.a. |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 1 11.12.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
5028421953014 |
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