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Dienstag, 21. März 2023

Abbado, Claudio dirigiert - Orchesterwerke von Mozart und Beethoven

Kreis innerer Harmonien


Label/Verlag: ACCENTUS Music
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Claudio Abbado und das Lucerne Festival Orchestra beweisen auf der vorliegenden DVD erneut ihre ganze Klasse und entfalten sowohl bei Mozart als auch bei Beethoven eine beeindruckende orchestrale Pracht.

Die Zusammenarbeit zwischen Claudio Abbado und dem Lucerne Festival Orchestra war auch in den späten Konzerten Abbados beim Lucerne Festival von einer familiären Wärme und einem produktiven Schaffensdrang geprägt. Mit der DVD-Veröffentlichung der beiden Konzerte aus den Jahren 2011 und 2012 durch das Label Accentus Music wird die fruchtbare Interaktion der Musiker mit ihrem bescheidenen Chefdirigenten aufs Neue belegt.

Abbado leitet sein Orchester souverän und klangschön durch das erste Mozart-Konzert aus dem Jahr 2011 und trifft dabei Mozarts natürlichen Puls. Durch eine Solistin wie Christine Schäfer werden die konzertanten Arien darüber hinaus zum Highlight der gesamten DVD. Bereits in ihrer unvergleichlichen Cherubino-Darstellung konnte Schäfer unter Bewies stellen, dass sie im Mozartfach bestens aufgehoben ist. Ausgesprochen facettenreich weiß sie ihr warmes Timbre einzusetzen, um den Text glaubhaft zu inszenieren, wobei besonders die letzte Arie 'Vorrei spiegarvi, oh Dio!' für Gänsehautmomente sorgt. Das optimal eingestimmte Wechselspiel zwischen Solo-Oboe (beeindruckend dargeboten von Lucas Macias Navarro) und dem weichen Gesang Schäfers kann zugleich problemlos darüber hinwegtrösten, dass Schäfer die ganz hohen Spitzentöne zuweilen forcieren muss. Die bildreiche Darstellung von Mozarts Kunst in der Gattung Konzertarie ist am Ende über allem erhaben. Da halten auch prominente Schauspieler im Publikum wie Roberto Benigni samt Gattin Nicoletta Braschi den Atem an.

In der ‚Haffner‘-Sinfonie stellt das Orchester weiterhin seine Brillanz unter Beweis, wobei die Musiker in bester Spiellaune einen prachtvoll voluminösen Mozart formen, auch wenn die Scheu, dem feinen Mozartbild eine schärfere Klangästhetik zuzumuten, ersichtlich wird. Dennoch ist es mit Ausnahme des Menuett-Satzes, welcher etwas blutleer bleibt, eine durch und durch beeindruckende Interpretation, bei der besonders der rasante Zug und die dynamische Feinjustierung im Finalsatz überzeugen.

Im zweiten Konzert aus dem Folgejahr 2012, in dem Beethovens Schauspielmusik zu Goethes ‚Egmont‘ auf dem Programm stand, wird von Seiten des Orchesters eine ähnlich mitreißende Darbietung abgerufen. Die Ouvertüre bringt nun eine bei Mozart hier und da noch zu häufig ausgeblendete Portion Schärfe und Düsternis ins Spiel, derweil besonders die von Abbado groß gezeichneten dynamischen Bögen für lang angelegte und niemals die Spannung verlierende Steigerungswellen sorgen.

Langen und bangen in schwebender Pein

Das tadellose Spiel des Orchesters wird allerdings getrübt durch die Solistin Juliane Banse in der Rolle Clärchens. Mit unsauberer Diktion wirkt sie durch ihr ‚mütterliches‘ Vibrato fehlbesetzt; die Figur eines jugendlichen Mädchens, welches sich im so schwierigen Prozess des Erwachsenwerdens befindet, nimmt man ihr jedenfalls nicht ab. Im Lied 'Freudvoll und leidvoll' muss sie zudem mit den schnellen Tempi Abbados kämpfen, sodass sie auch gesanglich oft an ihre Grenzen stößt. Erinnert man sich an die Darbietung der konzertanten Mozart-Arien, wünscht man sich Christine Schäfer regelrecht zurück, wäre sie für die Partie Clärchens doch geradezu prädestiniert gewesen.

Große Erzählkunst

Als Erzähler beeindruckt dagegen der Schauspieler Bruno Ganz. Bis heute stets assoziiert mit seiner erschütternden Darstellung Adolf Hitlers im Film ‚Der Untergang‘, fesseln seine stimmlichen Ausbrüche auch in den kämpferischen Parolen Egmonts, die Ganz mit ausgesprochen viel Stärke und Nachdruck übermittelt. Gleichzeitig ist er als Erzähler jedoch auch zu einer sehr sanften und warmen Artikulation bereit. Die Dramaturgie des finalen Traumes von Egmont lassen so den ‚Kreis innerer Harmonien‘ wie auch ‚die göttliche Freiheit‘ nicht nur auf musikalischer Ebene verständlich werden.

Am Ende ist die vorliegende DVD ein erneuter Beleg für die besondere Verbundenheit von Claudio Abbado mit dem Lucerne Festival Orchestra, welches sowohl in technischen als auch in interpretatorischen Fragen absolut überzeugt – eine weitere schöne Hommage an das Schaffen eines sehr noblen und inständigen Dirigenten.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:
Features:
Regie:







Daniel Eberhard Kritik von Daniel Eberhard,


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Abbado, Claudio dirigiert: Orchesterwerke von Mozart und Beethoven

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
ACCENTUS Music
1
13.03.2015
Medium:
EAN:

DVD
4260234830422


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ACCENTUS Music

ACCENTUS Music wurde 2010 als Produktionsfirma mit einem sehr erfahrenen Team aus Produzenten, Regisseuren, Kameraleuten, Tonmeistern und Cuttern und als gleichnamiges DVD Label auf dem Klassikmarkt gegründet. Die Firma mit Sitz in der Musikstadt Leipzig, unweit der Thomaskirche, produziert weltweit erstklassige Konzertereignisse, Opern sowie Künstlerportraits und Dokumentarfilme. Auf den DVD- und Blu-ray Veröffentlichungen finden sich herausragende Künstler wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Evgeny Kissin, Martha Argerich, Riccardo Chailly, Pierre Boulez, Joshua Bell, Lucerne Festival Orchestra, New York Philharmonic und das Simón Bolívar Jugendorchester. ACCENTUS Music erfüllt sowohl künstlerisch wie auch technisch höchste Ansprüche von Klassik-Liebhabern rund um den Globus.


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