
Busch, Adolf - Klaviertrios & Klavierquartett
Unbedingter Spielwillen
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Ravinia Trio legt sich, teilsweise personell verstärkt, für die Kammermusik von Adolf Busch mächtig ins Zeug. Das ist oft bezwingend logisch und schlichtweg mitreißend. Besser könnte nur die Spieldauer der Doppel-CD sein.
Das kompositorische Schaffen Adolf Buschs (1891–1952) ist in den letzten Jahren systematisch wiederentdeckt worden. Nachdem um 2000 für nur kurze Zeit die Orchestermusik im Fokus stand (vor allem unter dem Dirigenten Georg Fritzsch, damals Chefdirigent der Philharmonie Südwestfalen, des früheren Siegerlandorchesters), liegt das Interesse nunmehr seit einiger Zeit auf Buschs reichem kammermusikalischem Œuvre. Ein Pionier der kompositorischen Werke Adolf Buschs war Dominik Sackmann, der ein erstes Werkverzeichnis erstellte und so den Grundstein zur Erkundung der Musik legte; er konnte für den konzisen Booklettext gewonnen werden.
Natürlich kennt man Adolf Busch vor allem als einen der wichtigsten deutschen Geiger der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Viele wichtige Mitschnitte Buschs, vor allem aus der Library of Congress in Washington, sind bis heute unveröffentlicht, man darf also noch auf viele Tonträgerpremieren hoffen. Ebenfalls noch viele Tonträgerpremieren kann man von dem Komponisten Adolf Busch erhoffen. Die früheste der hier vorliegenden drei Kammermusikwerke mit Klavier, das Trio a-Moll op. 15, ist als einzige Komposition keine Tonträgerpremiere. Schon 2003 legten Gottfried Schneider, Christian Brunnert und Dieter Lallinger die CD-Premiere vor, doch befindet sich im BrüderBuschArchiv im Max-Reger-Institut auch ein Mitschnitt mit Pina Carmirelli, Hermann Busch und Rudolf Serkin aus dem Jahre 1966 (mit Probenmitschnitten), dessen dokumentarischer Wert beträchtlich ist. Die vorliegende Neueinspielung ist die bei weitem langsamste der drei. Was zunächst besonders auffällt, ist die räumliche Aufnahmetechnik – der Hörer hat den Eindruck inmitten der Musiker zu sitzen. Dies verleiht der Interpretation eine enorme Dichte – selbst wenn man den Musikern des Ravinia Trio in ihrer Lesart widersprechen möchte. Geiger Rainer Schmidt und Cellist Helmut Menzler sind gelegentlich allzu großzügig im Vibrato-Gebrauch, was Buschs geradlinig konzipierter, kontrapunktisch teilweise sehr dichter Musik nur bedingt eignet (Pianistin Saiko Sasaki fällt naturgemäß besonders positiv auf, ist sie doch von dem allgemeinen Vibratoverfall nicht betroffen). Das 1919 entstandene Werk bewegt sich zum Teil noch stark im Fahrwasser des musikalischen Denkens Max Regers, der als wichtiges Vorbild Buschs angesehen werden kann. Allerdings vermittelt die Interpretation durch große Lebendigkeit ein dichtes, spannendes Bild des jungen Komponisten.
Auch das 1931 in Basel komponierte zweite Klaviertrio op. 48 in c-Moll, in dem sich Buschs kompositorische Eigenart schon deutlich stärker zeigt, ist ein musikalisch äußerst dankbarer Schatz. Die Texturen sind herber, die Anleihen an Reger seltener, der musikalische Ernst ungebrochen. Immer wieder landet Busch ganz natürlich in bitonalen Abschnitten, nähert sich aber anderswo wiederum frappierend Reger an. Erfreulich zupackend ist der Zugriff der drei Musiker, die zwar nicht immer ganz exakt den echten ‚Busch-Ton‘ treffen, doch durch ihren unbedingten Spielwillen mitreißen. Man kann die Faszination des Komponisten Adolf Busch nahezu uneingeschränkt spüren.
Die bedauerlicherweise wenig ausgefüllte zweite CD präsentiert das während des Zweiten Weltkriegs in den USA entstandene umfangreiche Klavierquartett h-Moll op. 59. Das viel zu selten zu hörende, Elizabeth Sprague Coolidge gewidmete Werk zeigt Busch als ausgereiften Komponisten mit ganz eigener Klangsprache; die Reger-Einflüsse sind nahezu gänzlich verschwunden. Bratschist Ulrich Eichenauer tritt zum Ravinia Trio, das hier etwas stärker auf Vibratospiel verzichtet; zusammen bieten die Interpreten eine Darbietung von bezwingender Logik, die den Kammermusikkomponisten Adolf Busch in einer seiner besten Werke zu Wort kommen lässt.
Sehr bedauerlich ist, dass die Zeit, die auf beiden CDs ergänzend zur Verfügung gestanden hätte, nicht zu weiteren Erkundungen genutzt wurde. Keine 100 Minuten dauern die CDs zusammen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Busch, Adolf: Klaviertrios & Klavierquartett |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 2 19.08.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
761203752829 |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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