
Gernsheim, Friedrich - Klavierquintette
Eigener Zauber
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese großartige Aufnahme zweier Klavierquintette von Friedrich Gernsheim ist ein Juwel. Man könnte meinen, Oliver Triendl und das Gémeaux Quartett hätten seit Jahren an den feinen Farbschattierungen gearbeitet.
Dass die Klavierquintett-Literatur gar nicht so beschränkt ist wie das Konzertleben einen glauben machen könnte, beweist mit schönster Regelmäßigkeit der Pianist Oliver Triendl. In wechselnden Konstellationen erkundet der das Klavierkammermusikrepertoire fernab ausgetretener Pfade, und seine Einspielung der beiden Klavierquintette Friedrich Gernsheims (1839-1916) mit dem Schweizer Gémeaux Quartett ist keine Ausnahme. Zwanzig Jahre trennen die beiden Kompositionen (1877 bzw. 1897), und dass es sich um weit mehr als ‚nur‘ handwerklich perfekt gearbeitete Werke handelt, ist bei dem Namen Gernsheim eigentlich keine Überraschung. Dass das frühere Quintett (d-Moll op. 35) noch stärker aus Schubert und Schumann gespeist ist als der spätere h-Moll-Beitrag op. 63, wird, wie auch eine harmonische Freundschaft (wenn man so sagen kann) zu Brahms, nicht verwundern. Doch ist Gernsheims melodischer Reichtum, seine harmonische Vielfalt, sein Formverständnis durchaus eigener Natur. Die Piano-Passagen in den beiden Binnensätzen des frühen Quintetts verdanken Brahms‘ musikalischem Denken viel, verströmen aber dennoch einen durchaus eigenen Zauber.
Die fünf Musiker sind bestens auf die Musik eingestimmt und setzen sich ‚wie ein Mann‘ für die keineswegs einfache Musik ein; alle möglichen Untiefen (etwa die unterschiedlichen Abschnitte im Finale des ersten Quintetts) werden glücklich umschifft, was sowohl an ihrem Formgespür liegt als auch an ihrer kongenialen Klangfarbenzusammenstellung; jeder der Streicher (Yu Zhuang, Manuel Oswald, Sylvia Zucker, Matthijs Broersma) steuert einen eigenen Ton bei, der aber in der Mischung mit den Kollegen weitaus mehr als die Summe der einzelnen Beiträge wird; zusammen mit Triendl ergibt dies einen überaus individuellen Klangcharakter – als hätte die Quintettformation seit mindestens fünfzehn Jahren mit Klangfarben und ihrer optimalen Kombination experimentiert.
Das spätere Quintett ist eine kraftvolle Eigenschöpfung ganz eigener Machart (mit nur mehr einer kleinen Reverenz an Brahms), auch hier mit herrlichen Nischen der Virtuosität, die die Gesamtkonstruktion überzeugend bereichern, aber auch etwa mit einem langsamen Satz, den man wieder und wieder hören kann. Auch hier nutzen die fünf Musiker die Vielfalt der ihnen zur Verfügung stehenden Klangfarben und ziehen den Hörer intensiv in ihren Bann. Neben der ausgezeichneten SWR-Aufnahmetechnik steuert auch die der Musik entgegenkommende Klavierstimmung (wer?) einen nicht unbeträchtlichen Anteil zum hervorragenden Gesamteindruck der CD bei; Karl Böhmers Booklettext lässt gleichfalls keine Wünsche offen. Insgesamt also ein weiteres Juwel in der Diskografie nicht nur Oliver Triendls, sondern auch des Gémeaux Quartett.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Gernsheim, Friedrich: Klavierquintette |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 1 20.06.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
761203758029 |
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Gernsheim, Friedrich |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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