> > > Pettersson, Allan: Sinfonien Nr. 4 & 16
Montag, 2. Oktober 2023

Pettersson, Allan - Sinfonien Nr. 4 & 16

Wer zur Hölle ist Allan Pettersson?


Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Allan Petterssons Sinfonien Nr. 4 und 16 finden in Christian Lindberg und dem Sinfonieorchester Norrköping ihre idealen Interpreten. Unterstützt wird diese hochemotionale und farbenreiche Darstellung durch eine vorbildliche Klangtechnik.

Wer zur Hölle ist Allan Pettersson? So lautet der Titel des 52-minütigen Features aus dem Jahre 1974, das der vorliegenden SACD als Bonus beigegeben ist (der Untertitel ‚Interview‘ ist irreführend, weil Pettersson sprachlich kommunikativ nur bedingt begabt war). Nun hat der schwedische Komponist (1911–1980) in den letzten 40 Jahren den Status eines gänzlich Unbekannten gegen den eines schwierigen Einzelgängers eingetauscht, der weiterhin vornehmlich wenigen Eingeweihten bekannt ist, doch arbeitet das schwedische Label BIS an einer Gesamteinspielung seiner Sinfonien (die Reihe der Pettersson-Sinfonien bei cpo ist nicht ganz vollständig).

Petterssons Sinfonien gehören zum sinfonischen Kernrepertoire der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine Werke sind fast immer einsätzig, die komplexen Strukturen stellen nicht selten beachtliche Herausforderungen an die Hörer. Die Vierte Sinfonie entstand 1958-9; in ihr greift Pettersson das damals in der schwedischen Presse diskutierte Problem der ‚radikalen Musik‘ auf; zwar noch tonal verwurzelt, ist die expressive Dissonanz ebenso wie die – teilweise zutiefst religiös konnotierte – Konsonanz essenzielles Gestaltungsmerkmal. Die Sechzehnte Sinfonie (1979) ist Petterssons letzte mit Sicherheit vollendete Komposition; das besondere Merkmal der Komposition ist ein obligater Saxophonpart, da ein amerikanischer Saxophonist Pettersson gebeten hatte, etwas für sein Instrument zu schreiben. So gerät die Komposition eher zu einer ‚Sinfonia concertante‘ denn zu einer genuinen Sinfonie (in seinen Skizzen nannte der Komponist das Werk auch Saxophonkonzert). Von der Satzart ist die Komposition kompromisslos dissonant, wenn sie auch insgeheim an einem tonalen Zentrum festhält.

Petterrssons Sinfonien sind emotionale Tours-de-force, und auch im Aufnahmestudio ist das kontinuierliche Halten der Spannung eine beachtliche Herausforderung, nicht zuletzt wegen des erforderlichen großen Bogens, der gewahrt bleiben muss. Der berühmte Posaunist und Komponist Christian Lindberg widmet sich mit ganzem Herzen den komplexen Aufgaben, die der Komponist ihm stellt, und auch das Norrköpings Symfoniorkester stellt sich ohne Wenn und Aber in den Dienst der anspruchsvollen Aufgabe (auch der ‚unorthographische‘ Saxophonsatz wird hier von Jörgen Pettersson in seiner originalen Form eingespielt). Lindberg lässt die emotionalen Extreme der Musik intensiv ausspielen, spitzt Konflikte bei Bedarf zu, steigert die Werke so zu beeindruckenden, zutiefst persönlichen Bekenntniswerken. Petterssons durchaus eigene ‚Klangpracht‘ (weit von jeder Äußerlichkeit entfernt) wird durch die Norrköpinger Musiker kongenial eingefangen, das Orchester erweist sich allen Ansprüchen in höchstem Maße gewachsen. Lindberg staffelt die Klänge klug, mischt die Farben wie ein genialischer Orchestermaler, und die Aufnahmetechnik trägt das Ihre zu einem exemplarischen Gesamtergebnis bei. Ein nicht minder erfreulicher (viersprachiger) Booklettext rundet das Paket, das nicht zuletzt durch die ergänzende DVD nicht anders als empfohlen werden kann.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Pettersson, Allan: Sinfonien Nr. 4 & 16

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
BIS Records
1
01.10.2014
Medium:
EAN:

SACD
7318599921105


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BIS Records

Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees.


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