
Der Zaubergarten - Klaviertranskriptionen von Glinka, Rimsky-Korsakov & Stravinsky
Zartgliedrige Feen und grollende Bösewichte
Label/Verlag: Es-Dur
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Maria Lettberg entlockt in pianistische Zaubergärten russischer Bühnenwerke. Es lässt sich ihr kaum widerstehen.
In jüngerer Zeit kommt es auch im Bereich klassischer Musik immer mehr in Mode, das Programm einer CD-Produktion unter einem eigenständigen Titel zusammenzufassen. Oft wirken derlei Überschriften ebenso erzwungen wie manch roter Faden, der zwischen Programmpunkten eines Konzerts mühsam gesponnen wird, fast möchte man doppeldeutig sagen: zusammengesponnen. Das ist bei vorliegender, im Hause Es-Dur in Zusammenarbeit mit Deutschlandradio Kultur erschienener Produktion anders. Hier ist der Titel ‚Der Zaubergarten‘ vollauf gerechtfertigt, mehr noch, er bringt auf den Punkt, wohin man beim Anhören dieser wirklich zauberhaften Aufnahme gelockt wird: in einen klanglichen Zaubergarten, wie er in der russischen Märchenwelt in zahlreichen Schattierungen auftritt.
‚Der Zaubergarten‘ wird von zartgliedrigen Feen und grollenden Bösewichtern bevölkert, die in Klaviertranskriptionen russischer Bühnenwerke evoziert werden. Die schwedische Pianistin Maria Lettberg, die sich vor allem als berufene Skrjabin-Interpretin profiliert hat, spannt den Bogen von Glinka, über Rimsky-Korsakow bis hin zu Strawinsky. Das Ergebnis ist ein bunter Reigen voller Feen und Trolle, der nicht nur dramaturgisch glücklich ist, sondern auch so manche nur wenig offenkundige Beziehung nachvollziehbar macht: So verbindet Rimsky-Korsakow über die bekannte instrumentalfarbliche Reichhaltigkeit einiges mit dem Strawinsky bis zum 'Feuervogel', was vor allem in der (von der Pianistin bearbeiteten) Klaviertranskription dieses Erfolgsballetts deutlich wird.
Auch wenn man Maria Lettberg nicht als Spezialistin fürs Russische festlegen mag, um ihre Klasse auf anderem Gebiet nicht aus dem Blickfeld zu verlieren – auch hier zeigt sie idiomatisches Klavierspiel, das kaum einen Vergleich zu scheuen braucht. Mit emporschnellenden Punktierungen, resoluter, grimmiger Bassstärke und glockenhellem Glitzern und schwebender Leichtigkeit, die an Wasserspiegelungen erinnert, begeistert Maria Lettberg bereits in den (von Franz Liszt und Sergej Ljapunow) transkribierten Auszügen aus Glinkas 'Ruslan und Ludmilla'. Während in dem von Liszt pianistisch adaptierten 'Tscherkessenmarsch' (eigentlich: Marsch des Tschernomor) vor allem Lettbergs fein dosiertes Rubato und die subtile dynamische Unterstützung von Kadenzprozessen für sich einnehmen, fasziniert in Ljapunows pianistisch effektvolleren Bearbeitungen insbesondere der wirkungssicher eingesetzte Kontrast von Registerfarben. Die melodischen Bewegungen kleiden sich in unterschiedliche Timbres, die Begleitung wechselt ständig die Beleuchtung.
Der Höhepunkt der Zusammenstellung findet sich indes in der Mitte, in den Rimsky-Korsakow-Bearbeitungen, in denen weit ausschwingende Melodielinien mit Farbtupfern versehen, gleißend helle Strahlen pianistisch ausgesandt, repetitive Muster durch Registerfarben schattiert werden und zarte Schlichtheit (in 'Die drei Wunder' aus dem 'Märchen von Zaren Saltan') grummelnd unheimlicher Basspolterei (im 'Indischen Lied' aus der Oper 'Sadko') entgegengestellt wird, ehe mit dem fauchenden 'Schneesturm' aus der Oper 'Der unsterbliche Kaschtschei' ein Verbindungsgang zu Strawinskys 'Feuervogel' gelegt wird. Maria Lettberg findet auch in den 'Feuervogel'-Auszügen treffende, für die Klavierbearbeitung angemessene Tempi und im großen Finale zu einer Klangwucht, die sich vor der Orchesterfassung nicht zu verstecken braucht.
Die reich schattierten Klavierfarben wurden mit angenehmer Räumlichkeit eingefangen und sind in einem weiten dynamischen Spektrum abgebildet. Rundum empfehlenswert wird diese Produktion schließlich durch einen äußerst flüssig geschriebenen, informativen und kurzweiligen Einführungstext, der in drei Sprachen abgedruckt ist.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Der Zaubergarten: Klaviertranskriptionen von Glinka, Rimsky-Korsakov & Stravinsky |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Es-Dur 1 01.11.2013 |
Medium:
EAN: |
CD
4015372820480 |
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Es-Dur ES-DUR ist ein Label für klassische und zeitgenössische Musik mit Sitz in Hamburg. Das Label wurde 1992 zusammen mit dem Label CHARADE vom Tonmeister Eberhard Schnellen gegründet und erwarb sich aufgrund der herausragenden künstlerischen und technischen Qualität der mittlerweile rund 50 Veröffentlichungen schnell einen sehr guten Ruf. Im Frühjahr 2011 übergab Eberhard Schnellen die Führung des Labels in die Hände seiner langjährigen Mitarbeiter Karola Parry und Udo Potratz, beide ebenfalls Tonmeister. ES-DUR bietet sorgfältig produzierte Editionen wie die Kammermusikreihe mit David Geringas und Tatjana Schatz. Im Rahmen dieser Reihe legte David Geringas im November 2011 mit GERINGAS PLAYS BACH PLUS eine außergewöhnliche Einspielung der Cello-Suiten von J.S.Bach vor, die in der Presse überaus positiv aufgenommen wurde. Die Reihe MUSIK AM GOTHAER HOF mit der Thüringen Philharmonie Gotha unter Herrman Breuer und bekannten Solisten wie Antje Weithaas, Jens Peter Maintz oder Michael Sanderling reflektiert das reiche musikalische Schaffen der Komponisten vom Gothaer Hof wie Louis Spohr, Georg Anton Benda und Andreas Romberg und wurde in der Fachpresse mit höchstem Lob bedacht. Der ES-DUR-Katalog repräsentiert den Reichtum und die Vielfalt der Musikgeschichte und Gattungen, großen Raum finden aber auch die spannenden musikalischen Entwicklungen der Gegenwart - der Klang unserer Zeit. Mehr Info... |
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Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.
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