
Cellokonzerte - Werke von Schönberg & Monn
Aus einem anderen Kosmos
Label/Verlag: Cybele
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Der Umgang mit Musik des 18. Jahrhunderts war vor rund hundert Jahren noch ein ganz anderer als heute. Das zeigt Schönbergs Bearbeitung des Monn'schen Cellokonzerts g-Moll. In dieser Einspielung aber durchkreuzen sich verschiedene Zeitidiome gegenseitig.
In dem überschaubaren Œuvre Arnold Schönbergs nehmen seine Cellokonzerte einen ganz eigenen Platz ein. Angeregt durch den großen Wiener Musikhistoriker Guido Adler, richtete Schönberg 1912/3 Matthias Georg Monns (1717-1750) Cellokonzert g-Moll von 1746 aufführungspraktisch ein, setzte den Continuopart aus und verfasste umfangreiche Kadenzen; seine Bearbeitung wurde 1913 durch Pablo Casals und die Wiener Philharmoniker unter Franz Schalk erstaufgeführt. Zwanzig Jahre später nahm Schönberg Monns Konzert als Ausgang für seine ‚freie Umgestaltung‘, das Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur, das er Pablo Casals widmete.
Das Monn‘sche Konzert erfährt hier eine durchaus merkwürdige Einspielung. Schon 1913 ganz Kind seiner eigenen Zeit, kommt es für heutige Ohren doch eher behäbig daher. Gerade scheint es da problematisch, dass das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck nicht die Wiener Spielpraktiken vor 100 Jahren studiert haben. So haben wir einen schlank, teilweise fast historisch informiert aufspielenden Streicherkörper, dazu einen von Hans-Christian Schwarz durchaus in Übereinstimmung mit Casals eher in Ölfarben gemalten Solopart, dazu schließlich ein ausgesprochen metallisch klingendes Cembalo (Thomas Günther), das bewusst die Klangästhetik vor 100 Jahren imitieren soll, nicht zuletzt durch gewisse perkussive Aspekte, die dem Instrument auch innewohnen. In Schönbergs Bearbeitung bleibt Monns Konzert in jedem Fall eine heute anachronistische Kuriosität. Auch dem Dirigenten Roman Brogli-Sacher (2001-13 Generalmusikdirektor in Lübeck) scheint die wirkliche Ader für diese Art Musik, der bewusste Wille zum historischen Musizieren (nicht à la 1746, sondern à la 1913) etwas zu fehlen.
Weitaus mehr in ihrem Element sind sowohl Solist als auch Orchester und Dirigent bei Schönbergs eigenem Cellokonzert (das mit einem weitaus weniger elaborierten Solopart aufwartet als die Monn-Bearbeitung). Schönberg ist hier auf das Dekorativste neoklassisch – bei gleichzeitiger Emanzipation von Klangfarben und Metrum. Es wäre sicher reizvoll, das Cellokonzert einmal in einem Konzert zusammen mit Strawinskys 'Pulcinella' und Regers 'Konzert im alten Stil' zu bringen – man dürfte gespannt sein, wer am modernsten klingen wird, und bei wem die Musik mehr nach Masche als nach Mache wirkt … Die Darbietung ist zwar sorgfältig ausgearbeitet, doch hat man das Gefühl, hier tatsächlich einen anderen Solisten zu hören als im Monn-Konzert – so viel differenzierter und weniger exponiert scheint er hier zu spielen (was aber auch der Tontechnik anzulasten sein kann).
Zur Komplettierung der SACD bieten die Lübecker Musiker Schönbergs Erster Kammersymphonie op. 9, jenes damals epochale Werk aus dem Jahr 1906, das zwar noch nicht mit den tonalen Traditionen bricht, doch bereits die Emanzipation von Klangfarbe und Metrik (also wichtige Elemente des Cellokonzerts) äußerst erfolgreich präsentiert. Das vielfach eingespielte Werk unterstützt nur wenig das Eigenprofil der SACD, sondern scheint eher zur Verkaufsunterstützung gedacht (außerdem lag es im Gegensatz zu den 2009 live eingespielten Konzerten bereits 2007 als Studioproduktion vor) – was schade ist, hätte man hier doch ein rundum innovatives Programm bieten können, vielleicht mit einer weiteren Schönberg-Bearbeitung eines fremden Werkes (Bach? Händel?). Das umfangreiche (fast 50 Seiten umfassende), ausführlich illustrierte Booklet ist etwas ungewohnt zu lesen – deutscher und englischer Text stehen durchgängig nebeneinander, was dem normalen Lesefluss widerspricht.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Cellokonzerte: Werke von Schönberg & Monn |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Cybele 1 13.09.2013 |
Medium:
EAN: |
SACD
809548012823 |
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Cybele Die Ursprünge Die Griechen erlebten bei der Musik keine scheinhaften, sondern höchst reale Gefühle. Sie ergriffen den ganzen Menschen, bis hin zu körperlichen Affektionen. Deshalb bildeten Musik wie auch Dichtung seit jeher die Grundlagen der hellenistischen ?Paideia?, der Kindeserziehung und der allgemeinen Bildung. CYBELE, die ?große Mutter der Götter?, kam über Phrygien nach Griechenland, wo sie als Herrin der Natur und Fruchtbarkeit verehrt wurde. Mit der Krone auf dem Haupt hält sie in der einen Hand ein Tympanon (eine Handpauke) und in der anderen Ähren oder Zepter ? so zeigen sie antike Darstellungen. Die Feste der CYBELE wurden stets mit orgiastischer, aufreizender Musik gefeiert ? mit Flöte, Klapper und Tympanon ? und erfreuten sich besonders bei den einfachen Bevölkerungsgruppen großer Beliebtheit. Darin aber sahen die antiken Moralisten große Gefahren. Die neue CYBELE-Musik, die in Mode kommende phrygische Tonart, bedeutete für sie die ?Tonart der wilden Leidenschaft und der Ekstase?. Und wie noch heute, begegnete schon in der Antike so mancher dem Fremden ? dem Unbekannten und dessen nicht absehbaren Auswirkungen ? mit Misstrauen oder mit brüsker Ablehnung. Das Neue galt als gefährlich, gerade auch in den Künsten. Letztlich aber hat sich damals die nach vorne blickende Musik und Dichtung durchgesetzt. Heutzutage gehören sie zu den wichtigsten Säulen unserer Kulturgeschichte. Doch wie umstritten, unverstanden oder befremdlich die damaligen Gegenwartskünste waren, zeigt der Blick in unsere Zeit. Auch heutzutage hat es die aktuelle Musik, Kunst und Literatur schwer, in dem Maße akzeptiert zu werden, wie sie es zweifellos verdient. Hier setzt die Tätigkeit von CYBELE ein: Wir entdecken neue Musik und Literatur und machen das so genannte Nischenrepertoire einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Wir entdecken Klassiker neu und entstauben sie durch frische Neueinspielungen auf höchstem künstlerischen und technischen Niveau. Wir entdecken herausragende Komponisten und Autoren ? teils vergessene, teils noch unbekannte Künstler. Dadurch entstehen ungewöhnliche Ersteinspielungen. Wir arbeiten mit der neuesten Technik und entdecken die Qualitäten alter Techniken neu. Das entdeckerfreudige Label Seit 2004 spielt bei CYBELE das innovative und erstklassige Super Audio CD Format (SACD) eine entscheidende Rolle: Die einzigartige Surround Sound-Technologie ermöglicht bisher nicht gekannte Klangdimensionen und einen neuartigen Hörgenuss. 2012 werden die technischen Möglichkeiten auf der CYBELE-Website um ein Angebot, das in dieser Form einmalig ist auf dem Musikmarkt, erweitert: Ab sofort bieten wir Ihnen unsere Produktionen ebenfalls als hochauflösende, verlustlose Downloads im FLAC- bzw. DSD-Format an - die Verbindung von höchster Qualität, schnellster Verfügbarkeit und anspruchsvollster Präsentation in Form und Inhalt. Unsere Bereiche - Zeitgenössische Musik Als ?entdeckerfreudiges Label? (Der Spiegel) arbeiten wir im Bereich der zeitgenössischen Musik mit vielversprechenden KomponistInnen, InterpretInnen und AutorInnen unserer Zeit. Ihr Schaffen und Oeuvre einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, das Bewusstsein für die Klänge unserer Zeit zu sensibilisieren, ist eines der wichtigsten CYBELE-Ziele. Schließlich werden schon heute die Grundsteine für die Zukunft gelegt. - Klassische Musik Damit das, was wir gegenwärtig Klassik nennen, nicht zum künftigen Staubfänger wird, muss sie immer wieder neu interpretiert und präsentiert werden, auch mit den Möglichkeiten der hochwertigsten, feinsten Tonträgertechnik. Hier haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, bedeutende klassische Werke durch brillante InterpretInnen und auf ?technisch höchstem Niveau? (FonoForum) neu erklingen zu lassen. - Hörbücher Die Hörbuchreihe Wort&Musik ist 2004, zum 10-jährigen Jubiläum von Cybele Records, als neuer Bereich des Labels entstanden. Im Mittelpunkt unserer Hörbuchreihe steht vor allem Literatur, deren Thematik selbst schon musikalische Elemente berührt. Der Hörer erlebt die Musik, von der im jeweiligen Werk gesprochen wird, direkt in Kombination mit dem gesprochenen Wort. Die so entstehende Synthese eröffnet die Möglichkeit eines tieferen Verständnisses sowohl der Musik durch den Text als auch des Textes durch die Musik. Die Musikaufnahmen und -konzepte für unsere Hörbuchreihe entstehen in Eigenregie und enger Zusammenarbeit mit den jeweils beteiligten Musikern. Wir entwickeln auch musikalisch-literarische Gesamtkonzepte aus eigens für unsere Projekte realisierten Geschichten und Kompositionen. Oder aus historischen und neuen Sprach- und Musikaufnahmen. Durch die unkonventionelle Kombination musikalischer und sprachlicher Elemente entstehen neue Sichtweisen, die dem Hörer erweiterte Perspektiven auf die jeweiligen Inhalte eröffnen. Auch der jungen Generation möchten wir im Rahmen unserer Kinder- und Jugendreihe inspirierende Hörerlebnisse bieten, die neugierig machen und den Entdeckergeist wecken. Beispielsweise durch die Auseinandersetzung mit Arnold Schönberg und der Zwölftonmusik in dem Hörbuch Die Prinzessin, das für die Umsetzung dieses Anliegens mit dem ECHO Klassik 2009 und dem Medienpreis LEOPOLD 2009/10 ausgezeichnet wurde. Oder durch Eigenkompositionen von Kindern und Jugendlichen der Kompositionsklasse David Graham in der Produktion Vom Mädchen das nicht schlafen wollte, einer sensibel und spannend erzählten Geschichte über Leben und Tod, geschrieben von von Martin Baltscheit. Dieses Hörbuch wurde für den Deutschen Hörbuchpreis 2007 nominiert. Unsere neueste Kinder-und Jugendproduktion Auf Flügeln in die Tiefe - Geschichten vom Aufwachsen erweitert das seltene Angebot für Kinder im Pubertätsalter. Hier versammelt Mirjam Wiesemann selbstgeschriebene Geschichten, die packend und psychologisch auslotend vom Aufwachsen erzählen. Eine Reise durch Gedanken, Geräusche und Musik, auf die sich sowohl Kinder als auch Erwachsene gern mitnehmen lassen. Diese Produktion wurde zum Hörbuch des Monats 2/2011 der Fachzeitschrift HörBücher gewählt. Wir freuen uns, dass unsere im Jahr 2009 neu gegründete Doku-Edition Künstler im Gespräch ebenfalls viel positive Resonanz erhält. So wurde die Auftaktveröffentlichung über den Komponisten Karl Amadeus Hartmann für den Deutschen Hörbuchpreis 2010 in der Kategorie ?Beste Information? nominiert und die gesamte Reihe erhielt 2011 den Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie ?Beste verlegerische Leistung?. Als erstes Label weltweit produzieren wir unsere Hörbücher auf Hybrid-SACDs (Super Audio CD) in 5.0-kanaligem Surround Sound, die auch auf allen handelsüblichen CD-Playern in Stereo abspielbar sind. Hierdurch hat der Hörer das Gefühl, live dabei zu sein, mitten ins Geschehen einzutauchen. Das unsichtbare Kino, der Film nur für die Ohren, kann sich so bestmöglich entfalten. Neue Möglichkeiten auf unserer Website seit Februar 2012: Auf dem neuen Portal wir der gesamte Labelkatalog nun auch in Form von hochauflösenden Downloads angeboten, mit dem Ziel, das Label-Programm von Cybele weltweit in noch größerem Umfang zu verbreiten. Getreu dem Labelmotto Klassik der Zukunft verbindet Cybele durch das neue Online-Konzept Wertbeständigkeit, schnelle Verfügbarkeit, hohes künstlerisch-klangliches Niveau sowie technischen Fortschritt miteinander. Die Besucher das Cybele-Portals haben ab sofort die Möglichkeit, einzelne Tracks oder ganze Alben mit einem Mausklick komfortabel herunterzuladen und diese in gewohnt hochklassigem Cybele-Klang zu genießen. Dabei wurde darauf geachtet, allen Besuchern des Portals eine leicht verständliche und gleichzeitig spannende Download-Reise durch das Cybele-Repertoire zu ermöglichen. - Die Besucher der Website können 20 Sekunden in jeden Track hereinhören (sofern verfügbar, sogar bis hin zu 5.0/5.1-kanaligem Surround Sound), anhand der von uns neu entworfenen Künstler-Profile mehr über die beteiligten Interpreten erfahren und vieles mehr. - Auf unserer Website werden ausschließlich hochwertige Audio-Formate angeboten (FLAC und DSD - verlustlose Audio-Qualität bis hin zu 5.0/5.1-kanaligem Surround Sound). Datenreduzierte Download-Formate wie MP3 werden nicht angeboten. - Wenn ein Besucher zunächst als ?Kostprobe? einen Download-Track erworben hat, um die Produktion kennen lernen zu können, bekommt er die Möglichkeit, im Nachhinein über das Kundenkonto-Untermenü ?Album vervollständigen? mit einem Mausklick bequem und schnell das gesamte Album zum reduzierten Album-Preis zu erwerben Mehr Info... |
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Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.
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