
Der Großinquisitor - Blacher, Boris
Neue Klarheit
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Brilliant legt eine in den 1980er Jahren entstandene Aufnahme von Boris Blachers Oratorium 'Der Großinquisitor' wieder auf. Bis heute lässt sich keine gelungenere Interpretation als diese denken.
Boris Blachers Schaffen ist in den letzten dreißig Jahren eher stiefmütterlich behandelt worden – schon aufgrund seiner nicht avantgardistischen Musiksprache fiel er nach dem Zweiten Weltkrieg nicht selten zumeist unverdienter Vergessenheit anheim. Die hier vorliegende Wiederveröffentlichung einer 1986 in der Leipziger Lukaskirche entstandenen Aufnahme ist die bislang einzige Einspielung seines in den 1940er-Jahren entstandenen Oratoriums 'Der Großinquisitor' nach einem Motiv aus Dostojewskis ‚Die Brüder Karamasow‘. Wir erleben hier einen ausgesprochen ernsten Boris Blacher, der mit sehr reduzierten Mitteln (neben Chor und Orchester fordert er nur einen Solopart, den des Großinquisitors) ein nachgerade archaisches, in sich deutlich geschlossenes Konzept verfolgt.
'Der Großinquisitor' ist gewissermaßen ein Produkt der Neuen Einfachheit – doch gerade durch diese größtmögliche Reduzierung der Mittel erlangt Blacher größten Effekt. Die Textverständlichkeit ist von zentraler Bedeutung, und so sind wir hier sogleich im Zentrum der vorliegenden Einspielung: Der Leipziger Rundfunkchor war unter seinen Chordirektoren Horst Neumann, Jörg-Peter Weigle und Gert Frischmuth legendär für eine ganz außerordentliche Eloquenz bei gleichzeitiger größter Klangschönheit (überrascht es, dass auch Herbert Kegel von 1949 bis 1967 Leiter des Chores war?). Weigles Leistung bei dieser Einspielung findet keinerlei Erwähnung – wohl in der irrigen Annahme, Tontechniker seien wichtiger als die Choreinstudierung. Dabei ist die chorische Leistung mindestens ebenso wichtig wie der orchestrale Anteil, den die Dresdner Philharmonie unter Herbert Kegel mit höchster Autorität exekutiert.
Kegels Interpretationen sind oft sehr gut, und diese Einspielung stellt keine Ausnahme von der Regel dar. Siegmund Nimsgern, an Bach wie an Wagner erprobter hochkarätiger Bassbariton der Zeit, passt sich bestens in dieses Konzept ein. Er ist bestens bei Stimme und vermag auch hier jeden Manierismus, den man in anderen Einspielungen erleben kann, zu vermeiden. Das Ergebnis ist ein ungemein eindringliches Musikerlebnis, ein Musikerlebnis, das man sich kaum optimaler umgesetzt vorstellen könnte.
Da auch die Aufnahmetechnik exemplarisch ist, haben wir hier eindeutig eine Referenzeinspielung des Werkes, die heute nur schwer zu überbieten wäre. Das Booklet ist knapp, aber informativ mit vollständigem Libretto, daher insgesamt eine rundum gelungene Sache.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Der Großinquisitor: Blacher, Boris |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 1 26.04.2013 |
Medium:
EAN: |
CD
5029365943727 |
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