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Samstag, 23. September 2023

Mozart, Wolfgang Amadeus - Cosi fan tutte

Aus der Mottenkiste


Label/Verlag: Monarda Music
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Diese 'Così' aus Glyndebourne hat vor allem eine Reihe sehr ansprechend gestaltende Sängerinnen und Sänger zu bieten. Die orchestrale Seite ist ein wenig gediegen, die Inszenierung ebenso.

In Glyndebourne hatte Mozarts 'Così fan tutte' lange einen besonderen Status inne. Seit der Eröffnungssaison vor nunmehr beinahe 80 Jahren war die Oper bis 1956 in nahezu jeder Saison zu sehen. Der Grund ist einfach: Das Werk passt wie wenige zu dem intimen Rahmen, der besonders das alte, 1934 eingeweihte Theater prägte. Als das Opernhaus vor nunmehr zwanzig Jahren umfassend umgebaut wurde, verlor es viel von dem Charme, den John Christie und seine Mitstreiter ihm verliehen hatten.

Am 23. Juli 1951 erfolgte die erste Fernsehübertragung der Oper aus Glyndebourne, fünf Jahre später schon gefolgt von der nächsten – nun schon unter der Leitung von John Pritchard (dem früherem Assistenten Fritz Buschs), der das Werk 1953 erstmals in Glyndebourne dirigierte. Die Datenbank des Glyndebourne Festival bietet eine Fülle an Informationen über die verschiedenen Inszenierungen, die über die Jahrzehnte angesetzt wurden. Die Ausstattung der hier zu sehenden, am 13. August 1975 aufgezeichneten Aufführung entstand für die Aufführungsserie 1969 (ebenfalls unter Pritchards musikalischer Leitung). Der italienische Bühnenbildner Emanuele Luzzati (1921–2007) stattete von 1963 bis 1970 insgesamt sechs Produktionen aus. Seine Dekoration zur 'Così' wirkt 1975 bereits etwas angestaubt und nicht mehr stimmig. Dies liegt wohl an der Regie Adrian Slacks, der die Inszenierung Franco Enriquez (1927–1980) nicht mehr voll mit Leben füllen kann. Es gibt ohne Frage herrliche Momente, feine vielsagende Blicke, Momente sorgsamer Personenregie, doch wirkt dies eher wie die Reste einer vergangenen Zeit denn immer noch sorgsam durchdacht (und Glyndebourne war zu Zeiten Carl Eberts und Fritz Buschs berühmt dafür gewesen, dass alle Aspekte einer Aufführung vollkommen stimmig waren). Slack machte sich einen Namen im Rahmen des Opernfestivals in Wexford, doch überzeugt die 'Così'-Produktion nicht wirklich. 1978 wurde Enriquez‘ Inszenierung durch eine Neuproduktion unter der Leitung von Peter Hall und Bernard Haitink ersetzt.

Auch musikalisch sind wir heute Besseres gewöhnt. John Pritchard war berühmt dafür, dass seine Aufführungen immer sehr gut vorbereitet waren und zumeist sehr gediegen klangen (hier mit dem London Philharmonic Orchestra, dem damaligen ‚Orchestra-in-Residence‘ des Opernfestivals), doch wer neue Einsichten erwartete, wartete vergebens. Vergleicht man den Rundfunkmitschnitt von Fritz Buschs 'Così'-Aufführung vom 5. Juli 1951 (veröffentlicht u.a. bei Guild Historical und Immortal Performances), so bemerkt man in diversen Partien, dass Busch bessere Solisten zur Verfügung hatte als Pritchard, oder dass die meisten der Solisten der Live-Situation und der klanglichen Dokumentation besser gewachsen waren.

Der heute bekannteste Sänger der Produktion (der in insgesamt sieben Glyndebourne-Produktionen zu sehen war) ist ohne Frage (Sir) Thomas Allen als Guglielmo, der seiner Partie nicht nur balsamischen Wohllaut und vokales Profil angedeihen lässt (der Einunddreißigjährige steht stimmlich voll im Saft), sondern auch eine klare Persönlichkeit. Leider lässt ihn die Regie (besonders die Bewegungsregie) hoffnungslos im Stich, so dass von einer voll umgesetzten Rolle kaum die Rede sein kann. Der Neuseeländer Anson Austin war in Glyndebourne nur 1975 und nur als Ferrando zu hören. Sein essenziell lyrischer Tenor ist großer Bögen fähig, es fehlt aber die Intensität, die andere Fachkollegen aufzubieten hatten. Auch intonatorisch ist er allzu häufig nicht auf den Punkt, in der Höhe überdies leicht forciert (er verschenkt mit ein paar Patzern das gesamte Duett mit Fiordiligi im zweiten Akt). Auch der Franzose Frantz Pétri, der in der vorliegenden Aufführung den Don Alfonso gab, war nur selten in Glyndebourne zu hören, nämlich nur in dieser Rolle und nur in den Saisons 1975 und 1976. Der undankbaren Partie weiß der damals gerade Vierzigjährige weder musikalisch noch darstellerisch besonderes Profil abzugewinnen, auch weil auch er sich mangels Personenregie ganz auf sich zurückgeworfen sieht.

In drei verschiedenen Produktionen war die Schwedin Helena Doese in Glyndebourne zu erleben – als Fiordiligi 1975, als Contessa Almaviva 1974 und 1976 sowie als Ariadne ('Ariadne auf Naxos') 1981. Ihr Italienisch ist phonetisch antrainiert. Es gibt Momente verschenkter Spitzentöne, es gibt eine ganze Menge nicht ganz klarer Konsonatenverbindungen (teilweise bedingt wohl durch den Erhaltungszustand der Tonspur des Fernsehbandes). Doese hat eine warme, in der Tiefe gut belastbare Stimme (ähnlich etwa Rachel Yakar) – wie herrlich gestaltet sie 'Sorgi, sorgi', wie wunderbar gestaltet sie das 'Giusto ciel' im Duett mit Ferrando im zweiten Akt. uch die Sängerin der Dorabella war nur in zwei Saisons in Glyndebourne zu sehen: die Schwedin Sylvia Lindenstrand außer dem hier vorliegenden Part 1979 die Amaranta in Haydns 'La fedeltà premiata'. Äußerlich wie stimmlich ist sie wahrlich eine Schwester ihrer Schwester; beim bloßen Hören ist es schwer, die beiden Sängerinnen auseinanderzuhalten. In 'Smanie implacabili' liefert sie eine saubere Leistung ab (auch weil sie sich nicht bewegen muss), wird aber innerlich durch die Tempi gezügelt. Wo bei Busch Emotionen brodelten, geht es immer wieder einen Hauch zu kontrolliert zu. Merkwürdigerweise war auch die Französin Danièle Perriers nur in zwei Glyndebourne-Produktionen zu erleben, 1972 und 1973 als Blondchen und 1975 als Despina. Ihre Bühnenpräsenz ist eine einzige Freude, ihre Spielfreude überzeugt. Es gibt Momente, da die Regie mit ihr nichts Rechtes anzustellen weiß, doch macht Perriers zumeist das Beste aus der koketten Rolle und ist stimmlich neben Allen vielleicht die beste Einzelleistung.

Leider hat Arthaus seit der Erstveröffentlichung 2004 die Produktion weder durch verbesserte Klangqualität noch durch ein verbessertes Booklet aufgewertet. Es bleibt unverständlich, wie bei Opern-DVD-Booklets die Produktionsfirma ähnlich wenig Mühe aufwendet wie bei preiswerten Opernausgaben auf CD (das genaue Aufführungsdatum etwa fehlt ebenso wie die Besetzung des Continuos, erst recht der Grund der Veröffentlichung).

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:
Regie:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Mozart, Wolfgang Amadeus: Cosi fan tutte

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Monarda Music
1
11.02.2013
Medium:
EAN:

DVD
807280230994


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Monarda Music

Arthaus Musik wurde im März 2000 in München gegründet und hat seit 2007 seinen Firmensitz in Halle (Saale), der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels.

Das Pionierlabel für Klassik auf DVD veröffentlicht nunmehr seit 13 Jahren hochkarätige Aufzeichnungen von Opern, Balletten, klassischen Konzerten, Jazz, Theaterinszenierungen sowie ausgesuchte Dokumentationen über Musik und Kunst. Mit bis zu 150 Veröffentlichungen pro Jahr sind bisher über 1000 Titel auf DVD und Blu-ray erschienen. Damit bietet Arthaus Musik den weltweit umfangreichsten Katalog von audiovisuellen Musik- und Kunstproduktionen und ist seit Gründung des Labels international führender Anbieter in diesem Segment des Home Entertainment Marktes.

In vielen referenzgültigen Aufzeichnungen sind die größten Künstler unserer Zeit wie auch aus vergangenen Tagen zu hören und zu sehen. Unter den Veröffentlichungen finden sich Aufnahmen mit Plácido Domingo, Cecilia Bartoli, Luciano Pavarotti, Maria Callas, Jonas Kaufmann, Elīna Garanča; mit Dirigenten wie Carlos Kleiber, Claudio Abbado, Nikolaus Harnoncourt, Lorin Maazel, Pierre Boulez, Zubin Mehta; aus Opernhäusern wie der Mailänder Scala, der Wiener Staatsoper, dem Royal Opera House Covent Garden, der Opéra National de Paris , der Staatsoper Unter den Linden, der Deutschen Oper Berlin und dem Opernhaus Zürich.

Zahlreiche Veröffentlichungen des Labels wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Oscar-prämierte Animationsfilm ?Peter & der Wolf? von Suzie Templeton, die aufwändig produzierte ?Walter-Felsenstein-Edition? und die von Sasha Waltz choreographierte Oper ?Dido und Aeneas?, die beide den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielten. Mit dem Midem Classical Award wurden u. a. die Dokumentationen ?Herbert von Karajan ? Maestro for the Screen? von Georg Wübbolt und ?Celibidache ? You don?t do anything, you let it evolve? von Jan Schmidt-Garre ausgezeichnet. Die Dokumentation ?Carlos Kleiber ? Traces to nowhere? von Eric Schulz erhielt den ECHO Klassik 2011.

Mit der Tochterfirma Monarda Arts besitzt Arthaus Musik eine ca. 900 Produktionen umfassende Rechtebibliothek zur DVD-, TV- und Onlineauswertung. Seit 2007 entwickelt das Unternehmen kontinuierlich die Sparte Eigenproduktion mit der Aufzeichnung von Opern, Konzerten, Balletten und der Produktion von Kunst- und Musikdokumentationen weiter.

Arthaus Musik DVDs und Blu-ray Discs werden über ein leistungsfähiges Vertriebsnetz, u.a. in Kooperation mit Naxos Global Distribution in ca. 70 Ländern der Welt aktiv vertrieben. Darüber hinaus veröffentlicht und vertreibt Arthaus Musik die 3sat-DVD-Edition und betreut für den Buchhandel u.a. die Buch- und DVD-Edition über Pina Bausch von L’Arche Editeur, Preisträger des Prix de l’Académie de Berlin 2010.


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