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Montag, 2. Oktober 2023

Reutter, Johann Georg - Arie & Sinfonie

Vox viennensis


Label/Verlag: Accent
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Diese herrliche Aufnahme macht neugierig auf mehr Reutter wie auch auf mehr von diesen Musikern. Wohl so ziemlich die beste Bilanz, die man ziehen kann.

Johann Georg (von) Reutter (1708–1772) ist einer der vielen Wiener Komponisten, die im Zuge des Generationenwechsels der Wiener Klassik der Vergessenheit anheimfielen. Dabei war der Zeitgenosse Grauns, Sammartinis und Glucks durchaus kein No-Name; er war Schüler Caldaras und später unter anderem Kapellmeister am Stephansdom und Hofkomponist. Reutters Musik strahlt eine kraftvolle, emotional reiche Aura aus, zumal bei einer derart engagierten Wiedergabe durch das erst 2011 aus dem Ensemble Echo du Danube hervorgegangene Alte Musik-EnsembleNuovo Aspetto, über das man leider im ansonsten vorbildlichen Booklet nichts erfährt. Der Farbenreichtum der Wiedergabe, auch durch den kunstreichen Einsatz von Laute, Harfe, Orgel, Psalterium (Hackbrett) und Cembalo, hebt die Qualitäten der Musik ganz besonders hervor, einer Musik, die verschiedene Stilelemente zu einer durchaus überzeugenden Symbiose verbindet.

Neben einer Sinfonia in D-Dur und der hochemotionalen Sinfonia g-Moll zur ‚azione sacra‘ 'Betulia Liberata' (1734) bietet die CD an Instrumentalwerken ein Trompetenkonzert in D-Dur und ein 'Pizzicato', letzterer Satz möglicherweise eine Reverenz an Vivaldi oder einen anderen Meister der Venezianischen Schule. Das Trompetenkonzert ist eine schöne Ergänzung des Repertoires virtuoser Trompeter, wobei das Orchester nicht zum Stichwortgeber degradiert wird, sondern umfangreiche Ritornelle hat. Hannes Rux bietet den Solopart mit beachtlichem Einsatz, auch wenn es an ein paar Ecken nicht so rund klingt wie es mit modernen Instrumenten fraglos geklungen hätte (aber das ist natürlich auch der Reiz der Besetzung mit historischem Instrumentarium). Das Konzert wird hier in einer neuen Fassung dargeboten, unter Einbezug zweier Sätze aus einem 'Sinfonia-Fragment' (?); herrlich wiegend das Metrum des 'Andante e piano' überschriebenen Mittelsatzes des Werkes, in dem die Trompete schweigt.

Ganze sechs Arien sind der Mezzosopranistin Olivia Vermeulen zugewiesen, aus geistlichen wie religiösen Kompositionen gleichermaßen; in fünfen davon übernimmt das Psalterium reiche konzertante Aufgaben. In ihnen allen kann Vermeulen von zarter Verliebtheit bis zur großen Geste ein reiches Spektrum ihrer warmen, höhen- und koloraturensicheren Stimme präsentieren, die Vergleiche mit Sarah Connolly evoziert; auch hier ist der Anteil instrumentaler Ritornelle beachtlich. Vermeulen nimmt durch ihren unprätentiösen, gar nicht nach Alte Musik klingenden Stimme ein – will meinen, sie wirkt nicht unterdimensioniert, sondern auch für größere Aufgaben geeignet (in Marek Janowskis Berliner 'Parsifal'-Mitschnitt sang sie jüngst eines der Blumenmädchen Klingsors). Die in bester WDR-Qualität aufgenommene CD macht neugierig auf mehr Reutter wie auch auf mehr von diesen Musikern. Wohl so ziemlich die beste Bilanz, die man ziehen kann.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Reutter, Johann Georg: Arie & Sinfonie

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Accent
1
01.09.2012
Medium:
EAN:

CD
4015023242753


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Accent

Schon bei der Gründung des Labels 1979 durch Andreas Glatt war klar, dass ACCENT sich fast ausschließlich mit Alter Musik in historischer Aufführungspraxis beschäftigen würde. Die Künstler, die für ACCENT aufnehmen oder aufgenommen haben, gehörten von Anfang an zu den renommiertesten Interpreten der "Alte-Musik-Szene": darunter die Brüder Barthold, Sigiswald und Wieland Kuijken, René Jacobs, Jos van Immerseel, Maria Cristina Kiehr mit La Colombina, Paul Dombrecht, Marcel Ponseele mit seinem Ensemble Il Gardellino, aber auch jüngere Künstler wie Ewald Demeyere und sein Bach Concentus, das Ensemble Private Musicke mit Pierre Pitzl oder das Amphion Bläseroktett. Der ACCENT-Katalog möchte den neugierigen Musikfreund auf eine Reise durch die Welt der Alten Musik mitnehmen. Dabei wird er, neben ausgewählten Standardwerken, nicht selten Stücken begegnen, die kaum im Konzertbetrieb oder auf CD anzutreffen sind. Erstaunlicherweise stammen sie nicht nur von wenig bekannten Komponisten, sondern auch von so großen Namen wie Johann Sebastian Bach oder Georg Philipp Telemann. Diese Raritäten werden für ACCENT nicht allein um ihres Seltenheitswerts aufgenommen, sondern vielmehr, weil sie wichtige, bislang sträflich vernachlässigte Werke sind, deren Entdeckung zu einem persönlichen Anliegen der Interpreten wurde.


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