> > > Scarlatti, Domenico: La Dirindina sowie Sonaten & Sinfonien
Mittwoch, 27. September 2023

Scarlatti, Domenico - La Dirindina sowie Sonaten & Sinfonien

Jenseits des Cembalos


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


CPO gräbt auch bei bekannten Komponisten nach Abseitigem bringt Bereiche von Domenico Scarlattis Schaffen ans Tageslicht, das bisher eher vernachlässigt wird.

Es wäre verfehlt, würde man Domenico Scarlatti auf sein berühmtestes Schaffensgebiet, die Klaviersonate reduzieren. Ein gutes Dutzend Opern stammt aus seiner Feder (von denen die meisten nur fragmentarisch überliefert sind), mehr als zwanzig Oratorien, Serenate oder umfänglichere Kantaten sowie eine große Anzahl Kammerkantaten sowie allerhand Kirchenmusik. Die vorliegende SACD befasst sich mit drei eher vernachlässigten Gattungen, der Kammersonate, der Sinfonia und der Musik für die Bühne.

Im Zentrum der Produktion steht 'La Dirindina', eine zweiteilige ‚Farsetta per musica‘. Auf ein Libretto von Girolamo Gigli schuf Scarlatti 1715 ein sogenanntes Intermezzo in der typischen Dreieckskonstellation – doch eine Aufführung unterblieb angesichts eines Verbotes der römischen Zensur; selbst der Druck des Librettos musste unterbleiben, da es als ‚allzu kühn, pointiert und kritisch erschien‘ (so der Dirigent Federico Guglielmo im ausgesprochen informativen und umfangreichen Booklettext). Die bei solchen Werken typischen drei Rollen Don Carissimo, Liscione und Dirindina werden äußerst überzeugend zum Leben erweckt, drastische vokale Gestik in den Rezitativen verlebendigt eine Handlung, die wir in ähnlicher Konstellation schon viele Male erlebt zu haben scheinen.

Im Gegensatz zu Pergolesis 'La serva padrona' oder Telemanns 'Pimpinone' aber ist Scarlattis Werk bescheidener im Umfang – jeder der Teile enthält nur zwei Arien und ein abschließendes Terzett. Nur Dirindina ist mit zwei Arien ausgestattet, die Marina Bartoli vokal sicher, aber ohne die typische scharfe Charakteristik der Interpretinnen der Parallelrollen der umfangreicheren Werke gestaltet. Mit seiner einzigen, unangenehm hoch liegenden Arie 'Queste vostre pupille' hat der japanische Tenor Makoto Sakurada kaum hörbare Schwierigkeiten, doch bleibt auch er in den Anfängen einer musikalischen Charakterisierung stecken. Der Bariton Giulio Mastrotaro bemüht sich hierum in seiner kurzen Arie 'Sola voi? Mi meraviglio! ' nach besten Kräften, und obschon seine Stimme eigentlich für den Part etwas zu leicht ist, ist er von den drei Solisten insgesamt doch der überzeugendste. Das Ganze wird inspiriert und kompetent begleitet durch L’Arte dell’Arco, Federico Guglielmos 1994 gegründetes historisch informiertes Instrumentalensemble, das auch den Rest der CD bestreitet.

Vier Sinfonie für Streicher und Basso continuo sowie zwei Sonaten für Violine und Basso continuo umrahmen das Intermezzo (und verschaffen diesem so auch eine Ouvertüre). Die Sätze der Sinfonie sind ebenso prägnant und knapp wie jene von Scarlattis Cembalosonaten und ergänzen so das Verständnis auch von diesen. Zumeist sind die Sinfoniesätze eher spielerischen Charakters (die Sinfonia X G-Dur ist durch umfangreichere imitative Abschnitte vielleicht am interessantesten), dagegen ist der Charakter der (deutlich umfangreicheren) Violinsonaten insgesamt intensiver und ergiebiger. Fast alle Instrumentalwerke sind in traditioneller Dreisätzigkeit, nur die Sonate d-Moll (K.90/F.51) schaltet dem ersten schnellen Satz einen langsamen Satz vor; der zentrale langsame Satz mit umfangreichem Cembalosolo bietet ganz eigene Klangfarben auf und bricht im Grunde mit der Erwartungshaltung. Die Sonate d-Moll (K.89/F.50) bietet ein emotional tiefgründiges Grave und ein deutlich über Durchschnitt anzusiedelndes Finale.

Insgesamt bietet die SACD gute bis sehr gute Barockmusik auf hohem bis höchstem Niveau, Musik, die bestimmte Wissenslücken füllt und etwa zwischen scheinbar voneinander getrennten Generationen vermittelt.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Scarlatti, Domenico: La Dirindina sowie Sonaten & Sinfonien

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
cpo
1
20.08.2012
Medium:
EAN:

SACD
761203755523


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Scarlatti, Domenico
 - Sinfonie III in G-Dur für Streicher & Basso Continuo - Allegrissimo
 - Sinfonie III in G-Dur für Streicher & Basso Continuo - Grave
 - Sinfonie III in G-Dur für Streicher & Basso Continuo - Allegrissimo
 - Sonate in d-Moll für Violine & Basso Continuo K.89 - Allegro
 - Sonate in d-Moll für Violine & Basso Continuo K.89 - Grave
 - Sonate in d-Moll für Violine & Basso Continuo K.89 - Allegro
 - Sinfonie VII in C-Dur für Streicher & Basso Continuo - Presto
 - Sinfonie VII in C-Dur für Streicher & Basso Continuo - Adagio e staccato
 - Sinfonie VII in C-Dur für Streicher & Basso Continuo - Allegrissimo
 - La Dirindina - Recitativo: Signora Dirindina (Don Carissimo, Dirindina)
 - La Dirindina - Aria: Vo´ cantar come a voi piace (Dirindina)
 - La Dirindina - Recitativo: E questo basta a me (Don Carissimo, Dirindina, Liscione)


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Dirigent(en):Guglielmo, Federico
Orchester/Ensemble:L´Arte dell´Arco
Interpret(en):Guglielmo, Federico
Sakurada, Makoto
Mastromarino, Alberto
Bartoli, Marina


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cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


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