
Wolf, Hugo - Italienisches Liederbuch
Wo Wein und Oliven wachsen
Label/Verlag: ICA Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Außer den Ausspracheproblemen der Sänger ist diese Einspielung von Hugo Wolfs 'Italienischem Liederbuch' empfehlenswert.
Hätten Sie gewusst, dass sich Großbritannien zum Sonnenland mausert? Die Weinproduktion ist in den letzten Jahren deutlich in die Höhe gegangen (auch die Qualität, besonders von Weißwein), und nun sollen in Kent auch Olivenhaine gepflanzt werden. Was liegt also näher, als hier Hugo Wolfs 'Italienisches Liederbuch' aufzuführen? Nun ist East Anglia eher durch gelegentliche Sturmfluten als milde Lüfte bekannt, doch hat gerade dieses Wechselverhältnis vielleicht seinen besonderen Reiz. Die vorliegende Aufführung wurde 1977 beim Aldeburgh Festival mitgeschnitten, in einer Zeit der Neuorientierung nach Benjamin Brittens Tod. Die drei hier wirkenden Musiker waren allesamt Vertraute des Britten-Teams, deren musikalische Fertigkeiten außer Frage standen.
Steuart Bedford, international viel zu wenig bekannt geworden, obwohl er die Uraufführung von 'Death in Venice' dirigierte und über lange Jahre einer der künstlerischen Leiter des Aldeburgh Festival war, hat sich nicht zuletzt durch seine Britten-Reihe für Collins (heute bei Naxos) und seine Reihe zum britischen Lied (seine Großmutter war die legendäre Liedkomponistin Liza Lehmann) profiliert, und so überrascht es nicht, dass sein (auch an seinem Mentor Britten geschultes) Liedpianistentum makellos ist. Er weiß um die feinsten Valeurs, die den guten Liedbegleiter ausmachen; sein Beitrag allein hätte fünf Sterne verdient. Bedford hat Wolfs originale Veröffentlichungsreihenfolge verworfen zugunsten einer eigenen Dramaturgie. Hauptprinzip ist der (nahezu) stete Wechsel zwischen Frauen- und Männerstimme, so dass es es zu einem intensiven Dialog zwischen den Liedern kommt. Diese Dramaturgie ist überzeugend und zeugt von Bedfords tiefem Verständnis von Wolfs Liedern.
Leider gilt dies nicht ganz für seine beiden Sänger. Beide sind allzu oft sprachlich nicht sehr idiomatisch. Bei aller Bewunderung für die hohe Kunst der beiden Künstler muss betont werden, dass auch die große Janet Baker auf dem Höhepunkt ihrer Kunst mit wunderbar schwebenden Piani, mit herrlichen Melodiebögen, mit strahlend schönem Ton des Deutschen nicht wirklich ganz mächtig ist; allzu oft sind die Vokale verrutscht oder verquollen. John Shirley-Quirk, einem im englischsprachigen Raum zu Recht hochgeschätzten Bariton, bereitet die deutsche Sprache ähnliche Schwierigkeiten wie Baker. Auch Shirley-Quirk beweist höchste Musikalität, feine Piani, feinste Sensibilität für Wolfs Texte – doch was hilft das, bei Baker wie bei Shirley-Quirk, wenn ihnen nicht ein Repetitor zur Seite gestellt wird, der mit ihnen die korrekte Aussprache paukt.
Das soll nicht heißen, dass ihre Interpretation hinter der vieler anderer zurückstände – die Musikalität und Raffinesse der drei Musiker übertrifft viele neuere Studioaufnahmen um ein Vielfaches, und ein Nichtdeutscher würde sich wahrscheinlich in Superlativen verlieren, und nicht ganz zu Unrecht. Doch bei Liedern hat die Textverständlichkeit mit höchste Priorität, und wenn man die Liedtexte konsultieren muss, um zu verstehen, wovon gesungen wird, hat das (ich seufze sehr hierbei, denn die Kunst der drei ist beeindruckend) Punktabzug zur Folge. Die Aufnahmetechnik bietet höchste Durchsichtigkeit und Natürlichkeit, das Booklet interessante Hintergrundinformationen auf Englisch, Französisch und Deutsch. Außer den Ausspracheproblemen der Sänger sehr empfehlenswert.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Wolf, Hugo: Italienisches Liederbuch |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
ICA Classics 1 11.06.2012 |
Medium:
EAN: |
CD
5060244550766 |
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ICA Classics Mit ICA (International Classical Artists) entstand im Jahr 2011 das erste DVD- und CD-Label einer Künstleragentur. ICA bietet in seinem Katalog unter dem Label Legacy sowohl wertvolles Archivmaterial, das aus Quellen der BBC, des WDR Köln oder des Boston Symphony Orchestra stammt, als auch die in renommierten Konzertsälen entstandenen Aufnahmen der hauseigenen Künstler, die unter dem Label Live präsentiert werden. Die meisten der ICA-Titel erscheinen erstmals auf DVD oder CD. Alle historischen Aufnahmen sind nach dem neuesten Stand der Technik liebevoll und fachmännisch restauriert worden. Für diese einmaligen Aufnahmen wurde das Label ICA bereits mit bedeutenden Preisen - wie dem Toblacher Komponierhäuschen, dem Internationalen Mahler Preis und mehreren Diapasons d'Or geehrt. Zu den besonders erfolgreichen Titeln gehören die 1986 entstandene Aufnahme von Mahlers Dritter mit Klaus Tennstedt und dem London Philharmonic Orchestra sowie die DVD mit dem Royal Philharmonic Orchestra und dem BBC Symphony Orchestra unter Rudolf Kempe mit Musik von Dvorak und Richard Strauss. Das Team von ICA, dem auch die in der Musikindustrie erfahrenen Experten Stephen Wright und John Pattrick angehören, war in den vergangen Jahren am Erfolg von zahlreichen CD- und DVD-Produktionen beteiligt. Dazu gehören beispielsweise The Art of Conducting, The Art of Piano, The Art of Violin sowie die DVD-Serie Classic Archive. Darüber hinaus entstanden in Koproduktion Dokumentationen über Richter, Fricsay, Mravinsky und Toscanini. Das bereits 1998 gegründete BBC Legends Archiv-Label umfasst mittlerweile mehr als 250 CDs. Für EMI Classics entstand die CD-Serie Great Conductors of the 20th Century. Mehr Info... |
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