
Vieuxtemps, Henry - Violinkonzerte op. 10 & 19
Kosmos der Farben
Label/Verlag: Hyperion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese Produktion zweier Violinkonzerte von Henry Vieuxtemps bietet eine ganze Welt an an musikalischen Stimmungen und Farben.
Der Belgier Henry Vieuxtemps (1820–1881) ist ein Komponist, den die meisten Musikliebhaber höchstens dem Namen nach kennen, zumeist mit dem Epithet eines ‚Virtuosenschreibers‘ versehen. Insgesamt schuf Vieuxtemps im Laufe mehrerer Jahrzehnte sieben Violinkonzerte, dazu zwei Cellokonzerte, vor allem aber Kammermusik. Sich wechselnden Moden gegenübersehend sind seine Violinkonzerte durchaus unterschiedlich im Charakter, wobei die beiden ersten noch den Komponisten auf dem Weg zu sich selbst zeigen, mit beeindruckenden Ergebnissen. Als erstes entstand 1836 ein Konzert in fis-Moll, das später die Opuszahl 19 erhielt und als sein zweites veröffentlicht wurde; sein zweites Konzert (in E-Dur) entstand 1840 und wurde als erstes Konzert Opus 10 gedruckt. Das fis-Moll-Konzert würde ich in die Tradition Frédéric Chopins stellen, da es an manchen Stellen eine ähnliche Poesie aufweist. Für die Komposition eines Sechzehnjährigen ist das Werk ganz ohne Frage ein Meisterstück: Die Proportionen sitzen, das Sentiment entspricht ganz dem Zeitgeist, die Virtuosität macht es zu einem dankbaren Vehikel des Solisten und auch das Orchester wird nicht unterbeschäftigt.
Fast doppelt so lang wie Opus 19 ist das E-Dur-Konzert, und damit interpretatorisch auch fast doppelt so anspruchsvoll. Vieuxtemps ist voll auf der Höhe der musikalischen Stilistik, etwa mit der Pianissimo-Passage etwa ein Viertel nach Beginn des Werks, das das Vorspiel zu 'La Traviata' (1850!) überaus erfolgreich in den Konzertsaal transponiert. Doch enthält der Kosmos der Partitur weitaus mehr: eine ganze Welt an musikalischen Stimmungen und Farben, die es sich zu entdecken lohnt. Die Schlusssteigerung des Kopfsatzes vor der Solokadenz erweist sich zwar orchestral als eher uninteressant, ist aber rein kompositorisch durchaus effektvoll (und abermals durchaus auf der Höhe der Zeit, man denke etwa an die Konzertouvertüren Richard Wagners, die nur wenige Jahre zuvor entstanden). Ein inniges kurzes Intermezzo leitet zum spritzigen Rondo-Finale über, in dem Vieuxtemps mit kräftigeren Farben malt; fast scheint es, als habe er seinen Einfallsreichtum hier bewusst zurückgenommen, um manchem Refrain (etwa in jenem mit Pizzicato-Begleitung) besonderes Gewicht zu verleihen.
Als Bonus bietet die Hyperion-Reihe (in der bereits das vierte und fünfte Konzert vorgelegt wurden) jeweils kürzere Konzertstücke, die neben den großen Konzerten entstanden, hier die 'Greetings to America' op. posth. 56 mit gewichtigem Orchesterpart. Das leichtgewichtige Variationswerk entstand 1843 für eine Konzerttournee Vieuxtemps‘ durch die USA und kombiniert als Höhepunkt ‚Yankee Doodle‘ und ‚The Star-Spangled Banner‘.
Chloë Hanslip und die Koninklijke Filharmonie van Vlaanderen Antwerpen unter der Leitung ihres Chefdirigenten Martyn Brabbins bieten den rechten Ton zwischen Eleganz und Energie auf, um den Kompositionen das ihnen eigene Flair zu verleihen. Die Aufnahmetechnik ist makellos (auch wenn die Kadenz des Kopfsatzes von Op. 19 aufnahmeakustisch ein wenig aus dem Rahmen fällt), das Booklet ebenso.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Vieuxtemps, Henry: Violinkonzerte op. 10 & 19 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Hyperion 1 18.05.2012 |
Medium:
EAN: |
CD
034571178783 |
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Hyperion Founded in 1980, Hyperion is an independent British classical label devoted to presenting high-quality recordings of music of all styles and from all periods from the twelfth century to the twenty-first. We have been described as 'Britains brightest record label'. In January 1996 we were presented with the Best Label Award by MIDEM's Cannes Classiques Awards. The jury was made up of the editors of most of the leading classical CD magazines in the world - Classic CD (England), Soundscapes (Australia), Répertoire (France), FonoForum (Germany), Luister (Holland), Musica (Italy), Scherzo (Spain), and In Tune (USA & Japan). We named our label after an altogether splendid figure from Greek mythology. Hyperion was one of the Titans, and the father of the sun and the moon - and also of the Muses, so we feel we are fulfilling his modern role by giving the art of music to the world. The repertoire available on Hyperion, and its subsidiary label Helios (Helios, the sun, was the son of Hyperion), ranges over the entire spectrum of music - sacred and secular, choral and solo vocal, orchestral, chamber and instrumental - and much of it is unique to Hyperion. The catalogue currently comprises nearly 1400 CDs and approximately 80 new titles are issued each year. We have won many awards. Our records are easily available throughout the world in those countries served by our distributors. A list of the world's top Hyperion dealers, listed by country and city, can be found on our homepage. But if you have any difficulty please get in touch with the distributor in your territory. In Germany that is Note 1 Music Gmbh. Mehr Info... |
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