
Fasch, Johann Friedrich - Konzert in D-Dur
Mit großem Ton
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine Auswahl von Johann Friedrich Faschs Orchestermusik stellt das Barockorchester Tempesta di Mare vor. Die Ersteinspielung ist aus Mitschnitten zusammengestellt, die musikalisch überzeugen können.
Lange war Johann Friedrich Fasch (1688–1758) allenthalben durch ein Fagottkonzert bekannt und wurde eher als Kuriosum belächelt, bis die historisch informierte Aufführungspraxis ab etwa 2000 endlich eine Neubewertung ermöglichte. Jetzt versteht man endlich, warum Fasch als einer der wichtigsten deutschen Komponisten der Bachzeit galt, warum Bach ihn schätzte. In der zweiten Folge einer Überschau über Faschs Orchestermusik hat das in Philadelphia ansässige Barockorchester Tempesta di Mare unter seinen Leitern Gwyn Roberts und Richard Stone eine Ouvertüre, eine Sinfonie sowie zwei Concerti vorgelegt, allesamt Weltersteinspielungen.
Die umfängliche sechssätzige Ouvertüre (Suite) a-Moll für zwei Flöten, Oboen, Fagott und B. c. erweist, dass Fasch ein voll und ganz auf der Höhe der Zeit aktiver Komponist war (das kleine Fürstentum Anhalt-Zerbst, in dem er seit 1722 als Hofkapellmeister tätig war). Wir erleben, entgegen den gewissermaßen minimalistischen historisierenden Orchesterbesetzungen mancher neuerer Einspielungen, ein genuines Orchester mit 26 Musikern, die natürlich einen ganz anderen Effekt machen als spezialisierte Kammerensembles, die eben immer klingen wie – Kammerensembles. Der raumgreifende Klang macht herrlichen Effekt, die Mikrofonierung ist rundum geglückt, die Klappen der Flöten ist zwar hörbar, steigert aber nur den lebendigen Live-Eindruck (herrlich die beeindruckende französische Ouverture, das spritzige Hornpipe). Ähnlich zu überzeugen weiß die kurze viersätzige Sinfonia g-Moll für Streicher und B. c., wie die Ouvertüre im März 2011 aufgenommen. Man spürt die Spielfreude der Musiker, ihre Hingabe ohne Netz und doppelten Boden. Da scheinen in der Ouvertüre unterschwellig Winzigkeiten nicht ganz zu stimmen – das lebendige, lebhafte Gesamtergebnis macht jeden Zweifel mehr als wett.
Das dreisätzige Concerto (grosso) G-Dur L:G13 (eingespielt im Oktober 2010) nutzt dieselbe Besetzung wie die Ouvertüre und wirkt ähnlich ideenreich. Die klare Kontrastierung von Streichern (mit Fagott) und Bläsern im Kopfsatz ist im besten Sinne ‚spirited‘, spritzig-geistreich, der Mittelsatz setzt mit Triolen im Dreiermetrum einen ganz besonderen Akzent. Das die CD schließende finale Air lässt in seiner Prunkhaftigkeit geradezu an Händel denken, und doch ist Fasch ein ganz eigener, eine wichtige Stimme in der deutschen Barockmusik der Bachzeit.
Einzig das Violinkonzert D-Dur L:D5 (mitgeschnitten im Mai 2011) ist nicht ganz so überzeugend wie die anderen drei Werke. Nicht der interpretatorischen Seite wegen, sondern vielmehr, weil die Stimmen auf dem Podium nicht klar fokussiert sind, der Raumeindruck diffus wird. Besonders betrifft dies den Konzertmeister Emlyn Ngai, dessen Spiel makellos ist, der aber denkbar unglücklich eingefangen ist. Das reiche Orchester (mit doppelten Flöten, Oboen, Fagotten und Hörnern) wirkt ähnlich raumgreifend wie bei der Ouvertüre und der Sinfonia, doch gerät eben das Violinsolo hierdurch bedenklich ins Hintertreffen.
Das dreisprachige Chandos-Booklet überzeugt rundum. Nur werden die exakten Aufnahmedaten nicht genannt, bei Chandos sonst üblich und dadurch hier ein eindeutiger Minuspunkt, gerade wenn es sich um Liveaufnahmen handeln soll. Insgesamt eine stimmige, wenn auch nicht ideale Produktion.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Fasch, Johann Friedrich: Konzert in D-Dur |
|||
Label: Anzahl Medien: |
Chandos 1 |
Medium:
EAN: |
CD
095115078327 |
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Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
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