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Montag, 25. September 2023

Herzogenberg, Heinrich von - Komplette Violinsonaten

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Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die äußerst verdienstvolle Erkundung der Musik Heinrich von Herzogenbergs geht in eine neue Runde. Christian Altenburger und Oliver Triendl lassen den Kompositionen intensive und liebevolle Pflege angedeihen.

Die äußerst verdienstvolle Erkundung der Musik Heinrich von Herzogenbergs geht in eine neue Runde. Die Gesamteinspielung der drei Violinsonaten des Brahms-Freundes füllt eine empfindliche Lücke in der Dokumentation der deutschen Musikgeschichte, verknüpft Herzogenberg doch verschiedene Traditionslinien und schafft gleichzeitig seine eigene musikalische Identität. Erster Schritt zu den drei Sonaten war die 1873 entstandene Phantasie B-Dur op. 15, aufbauend auf Schumanns C-Dur-Phantasie op. 17 für Klavier. Einer herrlichen langsamen Einleitung folgt ein an Stimmungen reiches 'Allegro', bei dem in Momenten das Vorbild eindeutig noch hörbar ist, doch nicht so, dass man der Komposition Eigenart absprechen müsste; gefolgt wird dieser Satz von einem 'Rasch' überschriebenen Schlussrondo voller kontrastierender Einfälle und immer wieder kontrapunktischen Steigerungen. Sowohl harmonisch als auch von der Materialverarbeitung her ist das Werk sehr überzeugend; in formaler Hinsicht verfolgt es bereits Wege, die im 20. Jahrhundert regelrecht Mode wurden.

Während die (dreisätzige) erste Sonate in A-Dur op. 32 von 1882 mit einem seiner Themen an Beethovens Violinkonzert Bezug nimmt, mit Synkopen auf Brahms, kompositionstechnisch gleichwohl voll auf der Höhe ihrer Zeit ist, mit einer Violinkadenz am Ende des langsamen Satzes, ist die viersätzige Sonate Es-Dur op. 54 von 1887 jeden Zoll ein ‚echtes‘ Kammermusikwerk, in dem das Klavier stärkere Gleichberechtigung erfährt. Von ganz eigener Couleur ist das Scherzo, zwischen Volksliedhaftem und Kontrapunkt pendelt das spritzige Finale. Die dritte Sonate in d-Moll op. 78 aus dem Jahre 1892 schließlich transzendiert frühere Einflüsse und zeigt einen begabten Komponisten, der die Violinsonate des frühen 20. Jahrhunderts klar mitprägte. Es ist unverständlich, warum nicht einmal die beiden späteren Sonaten nicht häufiger im Konzert zu hören – dankbar für beide Interpreten, ansprechend fürs Publikum. Quasi als Bonus wird das Programm ergänzt durch 'Drei Legenden' op. 62 für Pianoforte und Bratsche aus dem Jahr 1889. Auch diese Komposition führt die durch Schumann berühmte Tradition der 'Märchenerzählungen' für kammermusikalische Besetzungen im 19. Jahrhundert fort, die heute leider nahezu vollständig aus dem Bewusstsein der Interpreten wie des Publikums verschwunden sind – der anspruchsvollen 'Balladen ohne Worte', die die Formweiterentwicklung im 20. Jahrhundert durchaus mitbestimmt haben.

Christian Altenburger und Oliver Triendl lassen den Kompositionen intensive und liebevolle Pflege angedeihen; dass manch einem Altenburgers Vibrato gelegentlich einen Hauch zu viel sein könnte, ist ebenso zu verschmerzen wie dass das tiefste Klavierregister nicht immer ganz wohltönend ist. Ansonsten ist die Aufnahmetechnik wie immer nahe an der Perfektion und das Booklet (in der deutschen Fassung ohne Nennung des Verfassers Eckhardt van den Hoogen) tadellos (abgesehen höchstens davon, dass die Kompositionsdaten und Tonarten nicht aller Kompositionen genannt werden).

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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    Herzogenberg, Heinrich von: Komplette Violinsonaten

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
cpo
1
20.11.2011
Medium:
EAN:

CD
761203742820


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cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


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