
Eccard, Johannes - Mit Freude musizieren
Fein ziselierte Kammermusik
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Auch wenn die Textverständlichkeit nicht immer zufriedenstellend ist, gelingt dem Vokalensemble Opella Musica in Unterstützung des Instrumentalensembles Noema eine fein ausgehörte Einspielung mit Werken von Johannes Eccard.
Das Jahr 2011 war nicht nur das große Liszt-Jubeljahr, sondern beinhaltete auch den 400. Todestag des ehemals sehr gefeierten Renaissance-Komponisten Johannes Eccard (1553-1611). Eccard war als Schüler Orlando di Lassos in Norddeutschland tätig und wurde bis ins 19.Jahrhundert als Meister des protestantischen Kirchenlieds verehrt. Im Laufe des 20.Jahrhunderts geriet dieses Oeuvre aber auch immer mehr in Vergessenheit, so dass seine nun einsetzende Wiederentdeckung viele musikalische Überraschungen bereithält. Denn neben seinen unzähligen Sakralwerken sind es besonders seine weltlichen Lieder, die begeistern. Johannes Eccard stammte aus dem thüringischen Mühlhausen, wo er vom dortigen Kantor seine erste musikalische Ausbildung erhielt. Über die Stationen Erfurt und Weimar landete Eccard mit achtzehn Jahren als Sänger in der Münchner Hofkapelle, wo er von Orlando di Lasso die von diesem entwickelte neuartige Mischung polyphoner und homophoner Satzweisen kennenlernte. Fünf Jahre später fand er bei den Fuggers in Augsburg als Musiker eine Anstellung, doch konnte er im Jahr 1579 eine noch lukrativere Stelle am Brandenburger Hof in Königsberg antreten. Hier wirkte er erst unter Teodoro Riccio, bis er zu dessen Nachfolger werden konnte. Am Ende seiner Karriere war er Domkantor und Hofkapellmeister in Berlin. Im Zentrum seines Oeuvres stehen ca.250 geistliche und weltliche mehrstimmige Lieder, die mit ihren eingängigen Melodien und schönen Aussetzungen schnell zum Kompositionsideal nachfolgender Generationen werden sollten.
Nun sind zum Ende des Jubiläums-Jahrs 2011 zwei neue CDs erschienen, die sich Eccards Liedschaffen widmen. Jede von ihnen hat ihr eigenes Programm, so dass es kaum zu Überschneidungen zwischen den beiden Platten kommt. Sowohl interpretatorisch als auch ihrer Programmauswahl setzen beide ganz unterschiedliche Akzente. Während die CD des Staats-und Domchors Berlin und Kai-Uwe Jirka mit fast schon barocker Klangpracht und berauschender Klangfülle aufwartet, glänzt die Einspielung von Gregor Meyer und dem Ensemble Noema mit der fein ziselierten Kammermusik eines hochspezialisierten Solistenensembles.
Zwei Soprane, ein Alt, ein Tenor, ein Bass: Mit dieser Minimalbesetzung singen die Mitglieder der Opella Musica die bis zu fünfstimmigen Chorsätze Eccards. Hinzu treten je nach Stück ein Zink, eine Violine, eine Posaune, eine Gambe, ein Violone und ein Tasteninstrument, wahlweise Orgel oder Virginal. Die Liedauswahl ist im Gegensatz zur CD des Staats-und Domchors eher von sakralen Werken geprägt, was unter anderem auch daher rührt, dass sich das Ensemble dazu entschlossen hat, eine Messe für fünf Stimmen (Augsburg 1579) zwischen die weltlichen und geistlichen Lieder zu stellen. Zentrales Thema dieser Messe ist ein Madrigalsatz Orlando di Lassos, weshalb diese Komposition auch auf diese CD aufgenommen wurde. Daraus entsteht ein interessanter Lehrer-Schüler-Vergleich, scheint doch der stilistische Einfluss des Münchner Meisters in allen Werken Eccards durch.
Heide Maria Taubert und Isabel Meyer-Kalis bilden ein harmonisches, absolut gleichwertiges Sopran-Doppel, das stimmlich perfekt von David Erlers Alt ergänzt wird. Tobias Hunger (Tenor) und Friedemann Klos (Bass) agieren souverän und engagiert. Einziger Kritikpunkt am Sängerensemble ist die Textdeklamation, die nicht immer überzeugend ist. Für Lieder, die sich so sehr auf den Text stützen wie die Werke Eccards, ist die Verständlichkeit der Worte umso wichtiger, weshalb es schade ist, dass man ohne die Hilfe des Booklets teilweise nicht den Inhalt erfassen kann.
Die Musiker von Noema begleiten die Sänger mit großem Sachverstand und musikalischem Gespür. Streicher und Bläser stehen in einem ausgewogenen klanglichen Verhältnis zueinander, wobei die von Sebastian Krause wunderbar melodisch gespielte Posaune wie eine sechste Singstimme in das musikalische Geschehen eingreift. Der helle Ton des Zink, gespielt von Friederike Otto, gibt der Musik einen feierlichen Anstrich. Vielleicht hätte Gregor Meyer die Basso-continuo-Stimmen etwas luftiger, durchsichtiger musizieren lassen können, aber insgesamt ist diese Neueinspielung der Eccard-Kompositionen sehr gelungen und hörenswert.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Eccard, Johannes: Mit Freude musizieren |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 1 20.10.2011 |
Medium:
EAN: |
CD
761203770021 |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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