
Dukas, Paul - Ariane et Barbe-Bleue
Frauenpower
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die dürftige Ausstattung der von Brillant wiederveröffentlichten Aufnahme von Dukas' 'Ariane et Barbe-Bleue' wird von einer überzeugende musikalische Umsetzung aufgefangen.
Paul Dukas’ Oper 'Ariane et Barbe-Bleue' (1907) ist eine Version des berühmten Blaubart-Stoffes, die im Grunde gesellschaftspolitische Realität spiegelt: den Einsatz der Frau für ihre eigene Selbstbestimmung, ein hochakutes Thema zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In der Kunst und der Musik der Zeit finden wir vielfach das Thema der selbstständig handelnden und denkenden Frau, die sich aus der Unterdrückung durch Männer befreien und ganz eigene Wege gehen oder zu gehen versuchen. Dukas’ Ariane – die sechste Frau Blaubarts – fürchtet ihren frisch Angetrauten nicht, unterwirft sich höchstens scheinbar seinen Regeln, um dann aber selbstständig ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Blaubarts frühere fünf Frauen sind noch am Leben, jedoch eingekerkert, weil sie sich ihm nicht haben entgegenstellen können (oder wollen). Nachdem Ariane sie befreit hat, bleiben sie bei Blaubart; auch Ariane ist Blaubart nicht nachhaltig böse und verlässt das Schloss.
Zentrale Person der Oper ist Ariane, eine schwer zu besetzende Partie, die echt französischen Lyrizismus, eine gute mittlere und tiefe Lage, gleichzeitig dramatische Kraft benötigt (aus diesem Grund wird sie nicht selten mit einer Mezzosopranistin besetzt, auch wenn eine Besetzung mit einem Sopran überzeugender ist). Deborah Polaski erfüllt die anspruchsvolle Rolle bis ins kleinste Detail. Vielleicht mangelt es dieser etwas an Wärme und gelegentlich gerät sie bei gehaltenen Tönen in etwas zu starkes Vibrato, ein- oder zweimal sind ihre Zieltöne einen Hauch zu tief, doch ist dieses ‚Brünnhilden-Erbe‘ nicht derart beeinträchtigend, dass man bei einem Live-Mitschnitt Abstriche machen müsste. Im Gegenteil hat Polaski immer wieder auch nahezu echte ‚Brünnhilden-Momente‘, etwa in der grandiosen Steigerung des zweiten Aktes.
Ariane hat zur Unterstützung ihre Amme bei sich, mit Jane Henschel luxuriös besetzt. Ihr Timbre mischt sich perfekt mit jener Polaskis, vielleicht zu perfekt, ist man doch in Ermangelung des Librettos nicht immer sicher, wer gerade singt. Rein gesangsdarstellerisch bleiben allerdings auch bei ihrer Rolle so gut wie keine Wünsche offen. Blaubarts frühere fünf Frauen Sélysette, Bellangère, Ygraine, Mélisande und Alladine (letztere eine stumme Rolle) sind von Dukas musikalisch reich bedacht. Ruxandra Donose, Stella Grigorian, Ileana Tonka und Nina Bernsteiner bilden ein überzeugendes, differenziert agierendes Damenquartett. Die winzige Rolle des Blaubart (er singt kaum eine Minute) ist, wie in vielen Vertonungen des Stoffes üblich, einem Bassbariton anvertraut. Kwangchul Youns Französisch ist weniger überzeugend als das der Damen; auch klingt er in seiner Rolle nicht so differenziert wie es ein Muttersprachler wie Gabriel Bacquier oder José van Dam hätte sein können.
Der Slowakische Philharmonische Chor singt kraftvoll und engagiert, auch wenn die Aussprache vielleicht nicht immer ganz idiomatisch sein mag. Bertrand de Billy kennt sich mit dem französischen Idiom bestens aus. Das Radio-Symphonieorchester Wien lässt Dukas’ Farben in allen Facetten schillern. Wollen wir hoffen, dass sich de Billy auch nach seinem Weggang vom RSO Wien weiterhin für vernachlässigtes Repertoire einsetzen wird. Wie leider bei Brilliant üblich, ist das CD-Booklet leider nur bescheiden zu nennen, mit einem zwar interessanten Essay zur Oper, doch ohne eine Inhaltsangabe (natürlich auch ohne Libretto), so dass dem Hörer die Orientierung oder auch der grobe Handlungsabriss völlig fehlt. Zwar ist die Ausstattung der ebenfalls jüngst erschienenen Wiederveröffentlichung der Erato-Einspielung von 1983 unter Armin Jordan ähnlich bescheiden (hier nur eine Inhaltsangabe und kein erläuterndes Essay), doch muss man sich derart bescheidene Ausstattung nicht zum Vorbild nehmen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Dukas, Paul: Ariane et Barbe-Bleue |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 2 02.09.2011 |
Medium:
EAN: |
CD
5028421942544 |
![]() Cover vergössern |
Brilliant classics Brilliant Classics steht für hochwertige Klassik zu günstigen Preisen! Mit den Veröffentlichungen von komplettierten Gesamtwerks- Editionen und Zyklen berühmter Komponisten, hat sich das Label erfolgreich am Musikmarkt etabliert. Der Klassikmusikchef, Pieter van Winkel, ist Musikwissenschaftler und selbst Pianist. Mit seinem professionellen musikalischen Gespür für den Klassikmarkt, hat er in den letzten Jahren ein umfangreiches Klassikprogramm aufgebaut. Neben hochwertigen Lizenzprodukten fördert er mit Eigenproduktionen den musikalischen Nachwuchs und bietet renommierten Musikern eine ideale Plattform. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Brilliant classics:
-
Wie ein Krebs im Bach: Michele Benuzzi überzeugt mit Johann Ludwig Krebs' sämtlichen Cembalowerken. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Spiritistische Klaviermusik : Jeroen van Veen verblüfft mit sämtlichen Klavierwerken von George Gurdjieff und Thomas de Hartmann. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Vielfältiges vom Berliner Hof: Die Kammermusik eines Berliner Hofmusikers Friedrichs des Großen scheint stilistisch ungemein reich. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Es dreht sich nur um einen: Der Klaviertriokomponist Camille Saint-Saëns als Schöpfer und Nachschöpfer. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Kein überzeugendes Plädoyer: Dem Constanze Quartett mangelt es an rhetorischer Überzeugungskraft, um drei Streichquartette Emilie Mayers zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Pionierleistungen: Bedeutsame Dokumente der Havergal-Brian-Diskografie. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Großes Violinkonzert – großartig interpretiert: Ewelina Nowicka und das Polish National Radio Symphony unter Zygmunt Rychert meistern (unbekannte) Violinwerke von Ludomir Różycki. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Mehr Fantasie als Ordnung: Federico Colli fasziniert und irritiert mit Klavierwerken W. A. Mozarts. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Lohnende Neuauflage: Hochwertige Liszt-Aufnahmen von Michael Korstick, gesammelt in einer neuen Edition. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
Portrait

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich