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Montag, 25. September 2023

Copland, Aaron - Organ Sinfonie

Bis in die kleinsten Verästelungen


Label/Verlag: San Francisco Symphony
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die Reihe mit amerikanischer Orchestermusik setzen Michael Tilson Thomas und San Francisco Symphony mit Coplands Orgelsinfonie und einer Orchestereinrichtung von Ives' 'Concord Sonata' fort.

Mit schöner Regelmäßigkeit setzt sich das San Francisco Symphony für die amerikanische Klassische Moderne ein – diesmal für zwei eher unbekannte Werke. Aaron Coplands Orgelsinfonie hätte Mitte der 1920er-Jahre zum Skandal geraten können, hätte der Dirigent der Uraufführung Walter Damrosch nicht die Spannung durch einen Witz gelockert. Aus heutiger Perspektive ist die gelegentliche Nähe des ersten Satzes zu Francis Poulencs Orgelkonzert kaum überhörbar (Copland war einige Jahre vor Entstehung seines Werkes Schüler der großen Nadia Boulanger gewesen), wenn auch Coplands Konzept ein eindeutig symphonisches ist. Die große Anzahl hervorgehobener Soli könnte gleichwohl auch einen Titel wie ‚Konzert für Orchester mit obligater Orgel‘ ermöglicht haben.

Die Aufnahmetechnik stellt Orchestersolisten und Orgel (an der Orgel der Louise M. Davies Symphony Hall Paul Jacobs) in der vorliegenden Interpretation gleichwertig nebeneinander, fast in einer Art Concertino (gegenüber dem Tutti). Durch diese Konzeption gelingt sowohl Michael Tilson Thomas als auch der Tontechnik ein musterhaft durchhörbares Klangbild; selbst die Staffelung innerhalb der Orgel wird unmittelbar offenkundig. Den Tuttiklang kann man dann zu Beginn des zweiten Satzes erleben; auch hier bleibt die Aufnahme herrlich transparent. Gleichzeitig zeigt sich, wie feinsinnig nicht nur Tilson Thomas‘ Klanggefühl ist, sondern auch wie perfekt sein Timing ist. Während das Scherzo in seiner Energie auf den Punkt ist, überdehnt MTT (wie der Dirigent auch genannt wird) das 'Lento' des Finales nicht, sondern legt den Satz von vorneherein als expressiven Höhepunkt des Werkes an.

Hauptpunkt des Programms dieser SACD ist aber Henry Brants (1913-2008) Orchesterfassung von Charles Ives‘ 'Concord Sonata' für Klavier. Ein derart komplexes Werk zu orchestrieren, ist naturgemäß eine extrem anspruchsvolle Aufgabe, und Brant verzichtete von vornherein auf jeden Versuch, Ives‘ Orchesterästhetik zu imitieren. Damit ist dieses Werk fast ebenso sehr Brant wie Ives, ohne natürlich weniger Komplexität zu vermitteln. Brant, der an dieser Bearbeitung von 1958 bis 1994 arbeitete, erweist sich als einfallsreicher Orchestrator, der die komplizierten Klaviertexturen Ives‘ teilweise deutlich transparenter darzustellen im Stande ist, vielfach auch mit großer Originalität (besonders etwa im scherzohaften zweiten Satz). Gleichzeitig gibt es einige wenige Momente, die nicht so recht passen wollen, in denen die Orchestrierung nachgerade traditionell gerät, zwar im Grunde irgendwie wie Ives‘ Vorlage, aber vielleicht doch etwas im Widerspruch zu der Gesamtaussage der Komposition. Erfreulich ist, dass das San Francisco Symphony neben der üblichen Orchesterbrillanz hier an einigen wenigen Stellen auch den Mut zu raueren Klängen hat, die dem Werk allerbestens anstehen; die bei dem Orchester übliche hochprofessionelle Abstimmung aufeinander ist auch in diesem Live-Mitschnitt jeden Moment unüberhörbar.

Leider bleiben die Bookletnotizen herzlich äußerlich. Viel zu wenig erfährt man über die einzelnen Werke. Dafür versöhnt die brillante Aufnahmetechnik, die allerdings gelegentlich die Klanglichkeit über das kompositorische Konzept stellt (wobei zugegebenermaßen die Klanglichkeit gerade bei diesen beiden Werken wichtiger Teil desselben ist).

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Copland, Aaron: Organ Sinfonie

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
San Francisco Symphony
1
08.02.2011
77:07
2010
Medium:
EAN:

SACD
821936003824


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San Francisco Symphony

Das SAN FRANCISCO SYMPHONY Orchestra gab seine ersten Konzerte im Jahre 1911 und hat seitdem bei wachsender Publikumsbegeisterung unter einer Reihe von Dirigenten konzertiert: Henry Hadley, Alfred Hertz, Basil Cameron, Issay Dobrowen, Pierre Monteux, Enrique Jordá, Josef Krips, Seiji Ozawa, Edo de Waart, Herbert Blomstedt (nun zum Ehren-Dirigenten ernannt) und seit 1995 unter Michael Tilson Thomas. In den vergangenen Jahren konnte das San Francisco Symphony Orchestra einige der weltweit bedeutendsten Schallplatten-Preise gewinnen, wie den französichen Grand Prix du Disque, den britischen Gramophone Award und eine Reihe von Grammys für die Aufnahmen von Werken Brahms', Orffs, Prokofievs und Strawinskys. Die erste Aufnahme des Mahler-Zyklus', die 6. Sinfonie, erhielt 2002 den Grammy für die beste Orchesterproduktion des Jahres, die Aufnahme der 3. Sinfonie wurde 2003 mit dem Grammy der Kategorie "bestes klassisches Album" ausgezeichnet. 2006 wurden dem San Francisco Symphony Orchestra anlässlich der Aufnahme der 7. Sinfonie die beiden Grammys für die beste Orchesterproduktion und für das beste klassische Album des Jahres zuerkannt; die Aufnahme von Mahlers Achter wurde 2009 mit drei Grammys für das beste klassische Album, die beste Chorproduktion und das bestausgeführte klassische Album geehrt. 2004 wurde das multimediale Pädagogikprojekt Keeping Score im TV, auf DVD, über den Rundfunkt und die Website keepingscore.org lanciert.

Für das Label RCA Red Seal hat das SFS unter Michael Tilson Thomas auch Berlioz' Symphonie fantastique, zwei Copland-Alben, eine musikalische Auswahl von Charles Ives und eine Gershwin-Sammlung aufgenommen, die das Programm der Eröffnungsgala der Saison 1998 in der Carnegie Hall New York enthält. Die Celebration of Leonard Bernstein, eine Live-Aufnahme der Carnegie Hall-Eröffnungsgala von 2008, wurde bundesweit im Fernsehen ausgestrahlt und ist auf DVD erhältlich.

Das San Francisco Symphony Orchestra ist regelmäßig in den USA, Europa und Asien zu hören und debütierte 1990 mit großem Erfolg bei den Salzburger Festspielen und beim Lucerne Festival. 1980 übersiedelte das Orchester in die neu erbaute Louise M. Davies Symphony Hall. Im selben Jahr wurde zusätzlich das San Francisco Jugendsymphonie-Orchester gegründet. Der San Francisco Symphony Chorus ist auf dem Soundtrack der drei weltbekannten Filme "Amadeus", "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" und "Der Pate III" zu hören. Das San Francisco Symphony Orchestra hat nicht nur im Jahre 1926 als erstes amerikanisches Orchester überhaupt im Radio symphonische Musik aufgeführt, sondern wird auch noch heute überall in den USA gern gehört und leistet durch seine künstlerische Vielfalt einen wesentlichen Beitrag zum amerikanischen Musikleben.


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