
Pleyel, Ignaz Joseph - Die Fee Urgele
Überdrehte Märchenoperette
Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Klangtechnisch mit Problemen kämpfend verdient diese Veröffentlichung als Ehrenrettung für Pleyels Marionettenoper auf jeden Fall Achtung.
Ignaz Pleyel (1757–1831) war zu Lebzeiten eine herausragende Persönlichkeit des europäischen Musiklebens, und dass er heute fast vollständig vergessen ist, liegt weder an der Qualität seiner Kompositionen noch daran, dass er keine interessante Persönlichkeit gewesen wäre. Vielmehr wanderte der Vanhal- und Haydn-Schüler nach Frankreich aus und von den nicht in Wien tätigen Mozart- und Beethoven-Zeitgenossen sind heute nahezu alle unangemessen vergessen bzw. vernachlässigt (Hummel, Clementi, Cherubini, Méhul u.a.). Die Wiederentdeckung Pleyels ist daher längst überfällig, auch wenn eine Marionettenoper vielleicht nicht der effektivste Weg sein mag. – Ja, eine Marionettenoper, für die Eszterháza 1776 während Pleyels Studium bei Haydn entstanden. Ein Märchenspiel in vier Akten, ganz im Stile der Zeit. Die Aufnahme ist ein Livemitschnitt vom Juni 2009 – nicht mehr als Marionettenoper, sondern vielmehr als regelrechte Oper dargeboten.
Die Fee Urgele liebt den Ritter Lisuart, doch will sie ihn zunächst unerkannt prüfen. Als Blumenmädchen und später als Alte verkleidet, setzt sie ihn absurden Situationen aus, ehe sie ihm sich in ihrer wahren Gestalt präsentiert. Das reichlich alberne und überdrehte Libretto wurde in den Dialogen stark zusammengestrichen, doch kommt von Anfang an dramatisches Gefühl auf. Auch wenn keiner der Sänger (Ana Durlovsky als Urgele, Garry Davislim als Lisuart, Esther Choll als Königin Bertha und Moritz Gogg als Lisuarts Stallmeister Pedrillo) klangtechnisch optimal eingefangen ist, verspürt man von allen Mitwirkenden Spielfreude und vollen Einsatz. Musikalisch springt uns vom ersten Takt an unbändige Energie entgegen. Zwar spielt die Camerata pro Musica, das Kammerorchester des Savaria Sinfonieorchesters, unter der Leitung von Paul Weigold nicht historisch informiert, musiziert im Gegenteil einigermaßen hemdsärmelig, doch spürt man unmittelbar die Qualität der Musik. Paul Weigolds intensiver Einsatz für Pleyels Musik ist unüberhörbar, doch wäre ihr mittlerweile ein historisch informierter und dennoch lebensvoller Zugriff zu wünschen.
Dass die Aufnahmetechnik das Orchester zu laut und die Sänger zu leise eingefangen hat, beeinträchtigt in hohem Maße den Gesamteindruck – kaum ein Wort der Sänger ist zu verstehen, selbst das Gesangstimbre der einzelnen Stimmen ist jeweils eher nur approximativ auszumachen, weswegen von einer angemessenen Besprechung der einzelnen Solisten oder auch des Chores (Chorvereinigung Schola Cantorum Wien) abgesehen werden muss. Im Vergleich dazu ist die große Menge an Nebengeräuschen fast zu vernachlässigen. Insgesamt eher eine (wenn auch insgesamt recht gelungene) Ehrenrettung als eine ästhetisch in allen Aspekten vollgültige Interpretation eines spannenden Werkes eines wichtigen Komponisten des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Dem entspricht auch das Booklet – unübersichtlich, aber informativ, überladen und dadurch eher unprofessionell wirkend.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Pleyel, Ignaz Joseph: Die Fee Urgele |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
ARS Produktion 1 13.01.2011 |
Medium:
EAN: |
CD
4260052388167 |
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Pleyel, Ignaz Joseph |
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