> > > Ashton, Frederick: Ondine (Musik von Hans Werner Henze)
Donnerstag, 21. September 2023

Ashton, Frederick - Ondine (Musik von Hans Werner Henze)

Japanische Nixe


Label/Verlag: Opus Arte
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Frederick Ashtons 'Ondine' liegt in einer zufriedenstellenden, wenn auch nicht restlos glücklich machenden Aufnahme vor.

Hans Werner Henze ein Komponist, der eingängige Melodien schreibt? Dies war der Wunsch des Choreographen Frederick Ashton (1904–1988) zu Beginn der gemeinsamen Arbeit an dem Ballett ‘Ondine’ (Henze nannte die Partitur ‘Undine’, d.h. die CD-Produktion unter Oliver Knussen trägt zu Recht einen abweichenden Titel). Henze kam 1957 nach London, um an der Komposition zu arbeiten, in stetem engem Kontakt mit dem Choreographen, dem er allabendlich das am Tage Komponierte vorlegte. Viel wurde verworfen oder überarbeitet, und auch nach der Uraufführung am 27. Januar 1958 in Covent Garden unter Henzes Leitung war die Choreographie nicht abgeschlossen; 1959, 1964, 1966 und 1981 nahm Ashton diverse Änderungen an der Originalchoreographie vor. Kurz vor seinem Tod studierte Ashton das Ballett erneut ein, teilweise wurde die Choreographie nach Filmausschnitten aus dem Jahr 1966, die u.a. die Uraufführungsinterpretin Margot Fonteyn zeigen, rekonstruiert.

Leider bleibt völlig unklar, welche Fassung von Ashtons Choreographie die Londoner Wiederaufnahme von 2009 zu Grunde legt – im Vergleich mit den Ausschnitten von 1966 wirkt manches vergröbert, manches deutlich verfeinert. So ist aber leider nicht abschätzbar, wie groß die Leistung der Aufführungseinstudierung durch Christopher Carr und Grant Coyle ist. Die Originalausstattung von Lila de Nobili scheint, soweit dies dem Rezensenten nachvollziehbar war, rekonstruiert, die phantasievolle Lichtgestaltung durch John B. Read ist sorgfältigst der Choreographie angepasst.

Die Choreographie konzentriert sich vornehmlich auf vier Solisten und das Corps de ballet (mit wenigen kleineren Soli). Ondine wird getanzt durch Miyako Yoshida, die 2007 für Ihre Verdienste um den Tanz mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet wurde. Die langjährige Solotänzerin des Royal Ballet besitzt nicht ganz die äußerst feine Körperstruktur der Fonteyn, doch bietet sie, wie auch ihr Partner Edward Watson, der den Prinzen Palemon tanzt, Leistungen, die von der Presse zu Recht mit Superlativen überschüttet worden sind. Der Spanier Ricardo Cervera übernahm den Part von Ondines Vater Tirreno (d.h. das Mittelmeer, wo Henze zu jener Zeit ganz in der Nachbarschaft von William Walton lebte, den Ashton ursprünglich zur Komposition des Ballettes angefragt hatte) – ganz ohne Frage ist er ein ausgezeichneter Tänzer, doch scheint es ein wenig fragwürdig, gerade bei einem so visuellen Medium wie dem Ballett das Alter von ‚Vater’ und ‚Tochter’ so ausgesprochen problematisch zu vertauschen – es fehlt seiner (tänzerisch brillanten) Darstellung (noch) an der erforderlichen Autorität des Meerkönigs, ohne die die gesamte Choreographie instabil wird. Genesia Rosato, die vierte im Bunde der Solisten, wird im Ensemble des Royal Ballet als ‚Principal Character Artist’ geführt. Ganz ohne Frage ist sie eine äußerst fähige und ausdrucksstarke Tänzerin (die Engländer haben das schöne Wort ‚distinguished’), doch auch sie scheint mir einen Hauch fehlbesetzt: Für mich ist die Berta (in Henzes Partitur trägt sie den Namen Beatrice) eine stolze, aber auch schöne und ansprechende Prinzessin, und Rosato transportiert mir nicht genügend erotische Ausstrahlung, als dass Palemon tatsächlich zwischen ihr und Ondine schwanken könnte – ebenfalls ein zentraler Handlungsstrang. Diese beiden Einschränkungen mussten leider zu Abstrichen in der Wertung führen, auch wenn das Corps de Ballet im direkten Vergleich mit den Ausschnitten von 1966 noch intensiver zu sein scheint als in der Originalchoreographie (nur ganz selten nicht ganz synchron). Das Orchester des Royal Opera House leistet unter der Leitung von Barry Wordsworth voller Sinn für die Musik und die Choreographie einen absolut makellos, im Gegenteil hochinspirierten Beitrag.

Die Fernsehfassung von Ross MacGibbon fängt viel von dem Zauber und Charme der Choreographie ein, nur gelegentlich entsprechen seine Bildausschnitte nicht der Choreographie, so dass manche Momente regelrecht verschenkt werden. Der sehr natürliche Surround-Klang macht Henzes Musik zu einem Erlebnis. Als Bonus bietet die DVD jeweils ein Standfoto der vier Solisten sowie eine Dokumentation zur Entstehung des Balletts mit einem auf Englisch geführten Interview mit Hans Werner Henze (Gesamtdauer elfeinhalb Minuten, mit Untertiteln). Leider hält das Booklet nicht ganz den Standard der restlichen Produktion – vor allem durch die Inkonsistenz der Namengebung Bertas bzw. deren fehlende Erklärung. Mit ein paar Abstrichen im Detail dennoch eine durchaus überzeugende, wenn auch vielleicht noch nicht ganz ‚ideale’ Produktion.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Features:
Regie:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Ashton, Frederick: Ondine (Musik von Hans Werner Henze)

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Opus Arte
1
10.05.2010
Medium:
EAN:
DVD
809478010302

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