
Burgon, Geoffrey - Viola- und Cellokonzert
Legitimer Nachfolger von Richard Hickox
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Geoffrey Burgons Musik erstrahlt hier farrgenreich in einer glänzenden Wiedergabe.
Von Rumon Gamba hört man in letzter Zeit immer häufiger. Schon als Associate Conductor des BBC Philharmonic, mit dem er zahlreiche CDs mit britischer Filmmusik für Chandos vorlegte, trat er zunächst in die Fußstapfen von Richard Hickox, entwickelte aber bald ganz eigenes Profil, und spätestens als er Hickox’ Zyklus der Sinfonien von Malcolm Arnold komplettierte, konnte man ihn als dessen Kronprinzen sehen. Auch mit der vorliegenden CD folgt Gamba Hickox’schen Geleisen – hatte doch Hickox in den 1980er-Jahren für EMI und Decca CDs mit Musik von Geoffrey Burgon eingespielt.
Geoffrey Burgon (geboren 1941) ist ein englischer Komponist ganz eigener Art. Ein Komponist, der ein komplettes lateinisches Requiem vorlegt (1976 uraufgeführt), der eine ganze Reihe an Kompositionen für Kontratenor schreibt, dessen bekanntestes Werk ein 'Nunc dimittis' für Solostimme, Trompete und Streicher ist. Dabei passt alles zusammen. In seiner Jugend war Burgon Jazztrompeter, studierte dann bei Peter Wishart Komposition an der Guildhall School of Music and Drama, spielte in verschiedenen englischen Orchestern (darunter dem Royal Opera House Orchestra, der Northern Sinfonia und den London Mozart Players) und verfolgt seit den 1970er-Jahren eine kompositorische Karriere. Sein erster Welterfolg war die Musik zur Fernsehserie ‚Wiedersehen mit Brideshead‘ (1981), doch seither ist er in vielen Werkgenres tätig gewesen. Dennoch stammen die hier vorlegten Konzerte für Viola (mit dem Untertitel 'Ghosts of the Dance') und Violoncello erst aus der jüngsten Vergangenheit (von 2008 bzw. 2007). Stilistisch sind sie schwer einzuordnen – vielleicht kann man sie als frei tonal und eklektisch bezeichnen, unterschiedliche Stilelemente sind miteinander verwoben mit einem essenziell lyrischen Gesamtergebnis, trotz lebhafter Ausbrüche und Jazzanklängen à la Bernstein. Dass man sowohl bei dem Viola- als auch bei dem Cellokonzert dennoch von genuinen Konzertkompositionen sprechen kann, liegt an der im Endeffekt traditionellen Grundhaltung Burgons: Beide Werke sind dreisätzig, mit einem langsameren Satz zwischen zwei lebhafteren. Burgon ist ein Meister der Orchesterbehandlung – spielerisch verwebt er die disparatesten Elemente, unter konsequenter Vermeidung traditioneller tonaler Kontinuität. Die Soloinstrumente kommen voll zu ihrem Recht, das Cello in robusterer Form als die ‚karamell-cremigere‘ (Burgon) Viola. Philip Dukes, der Auftraggeber des Violakonzerts, gestaltet seinen Part in unendlicher Facettenvielfalt, und auch Josephine Knight, die dem Komponisten bei der Ausarbeitung des Soloparts geholfen hatte, findet die richtigen Farben für das Cellokonzert – andere Farben als gemeinhin üblicherweise von dem Instrument erwartet werden. Die City of London Sinfonia kennt Burgons Idiom seit Langem bestens und liefert eine ausgefeilte, hochspannende Interpretation.
Die beiden Konzertwerke werden getrennt durch 'Merciless Beauty', sieben Gesänge für Altstimme und Kammerorchester. 1996-7 ursprünglich für James Bowman geschrieben (und von diesem unter Leitung des Komponisten mit der City of London Sinfonia bei ASV ersteingespielt), erbat Burgon für die vorliegende CD eine alternative Lesart mit der renommierten Mezzosopranistin Sarah Connolly. Connolly, ein Shootingstar der englischen Gesangsszene, nutzt bewusst ganz andere Ausdrucksparameter als der Countertenor. Im direkten Vergleich wirkt der Zyklus viel unmittelbarer, doch auch spürt man stark, dass Bowmans vibratolose Stimme Modell für Burgons Vokallinie war. So scheint dem Rezensenten die besondere Künstlichkeit der Musik gewissermaßen durchbrochen und damit nicht mehr gänzlich erfolgreich, wenngleich Burgon auch die neue Zugangsweise Connollys sehr gefallen hat. Gambas besonders lyrischer, raffinierter Orchesterklang verleiht der Interpretation etwas Zerbrechliches, ganz anders als die ‚Andersheit‘ mit einem Altisten. Klangqualität und Booklet sind exemplarisch, so dass man hier eine zwar ganz ungewohnte, aber rundum äußerst gelungene CD vorliegen hat.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Burgon, Geoffrey: Viola- und Cellokonzert |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Chandos 1 23.04.2010 |
Medium:
EAN: |
CD
095115159224 |
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Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
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