> > > Leitfaden durch die historischen Instrumente: Werke von Dufay, Charpentier, Telemann u.a (mit Buch)
Sonntag, 24. September 2023

Leitfaden durch die historischen Instrumente - Werke von Dufay, Charpentier, Telemann u.a (mit Buch)

Cervelat de musique, Lirone und Co.


Label/Verlag: Ricercar
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Der 'Leitfaden durch die historischen Instrumente' ist nicht nur ein gutes Nachschlagewerk, sondern lädt obendrein zum Schmökern ein. Und ganz nebenbei ist es ein großartiges Ohrenschmaus. Sehr zu empfehlen!

Wer sich unter Instrumenten mit so klingenden Namen wie Dulzian, Pommer, Rackett oder Bombard wenig bis nichts vorstellen kann, wird durch eine aufwändige, uneingeschränkt empfehlenswerte Produktion aus dem Hause Ricercar Hilfe und Rat finden. Das auf Alte Musik und historisches Instrumentarium spezialisierte Label hat jüngst eine Zusammenstellung veröffentlicht, die weit über die Fangemeinde Alter Musik hinaus Freunde finden wird – zumindest ist das dem „Leitfaden durch die historischen Instrumente“ zu wünschen. In einer großen Schatulle finden sich zum einen ein dreisprachiges Buch (französisch, englisch, deutsch) mit zahlreichen Bildern historischer Instrumente; dazu gibt es als akustisches Pendant und Möglichkeit zum Nachhören eine Sammlung von acht CDs.

Vor allem die unterschiedliche Gruppierung bzw. Kategorisierung von Buch und Hörbeispielen bietet die Möglichkeit, von verschiedenen Seiten Zugänge zu den historischen Instrumenten zu suchen. Die Geschichte der Instrumente von der Antike bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – jenem Bereich, der bis vor Kurzem noch unter den Begriffen ‚antike Musik‘, ‚älteste Musik‘ und ‚Alte Musik‘ gefasst wurde – ist in dem 200-seitigen Buch Instrumentengattungen bzw. -familien geordnet. Nach den spärlichen Zeugnissen über antike Instrumente und einem Kurzdurchlauf der Grundzüge von Instrumentenentwicklungen bis zur Klassik werden zuerst die Streichinstrumente unter die Lupe genommen, anschließend Zupfinstrumente, dann Holzbläser, gefolgt von „Mundstückinstrumenten und Blechblasinstrumenten“ und Perkussionsinstrumenten. Innerhalb der Gattungen und den Familien, bei den Holzbläsern etwa die Familien der Flöten, der Rohrblattinstrumente, Fagottinstrumente, „Instrumente, deren Rohrblatt in einer Kapsel eingeschlossen ist“ bis hin zu „Instrumenten mit einfachem Rohrblatt“ wird eine chronologische Abfolge der Instrumentenstadien nachgezeichnet. Die Beschreibungen der einzelnen Instrumente werden unterstützt von zahlreichen Abbildungen, anhand derer man eine Ahnung von den Detailverschiedenheiten bekommt, die zu den unterschiedlichen Varianten auch in den Instrumentalbezeichnungen führten. Zudem wird nicht nur über Aussehen und Klangcharakteristika gesprochen, sondern auch Erfinder genannt sowie Komponisten, Instrumentalmusiksammlungen und Einzelwerke genannt, die bestimmte Instrumente ins Zentrum rücken. So erfährt man etwa über die Oboe da caccia bei J.S. Bach, die heute, auch in historisch informierten Aufführungen, durch eine Oboe d’amore ersetzt wird oder – etwa in Bach-Kantaten geforderte – Taille de hautbois, ein Altinstrument in F. Ein weiteres Kuriosum der Barockzeit ist das (auch in Bach-Kantaten eingesetzte) Corno da tirarsi, ein vermutlich nach dem Prinzip der Zugtrompete funktionierendes Horn. Ein ausführliches Bildverzeichnis gibt über die Quellen des Bildmaterials Aufschluss; leider enthalten die Bilder keine direkte Unterschrift, so dass die Zuordnung der Instrumentenbezeichnungen bei mehreren Bildern auf einer Seite etwas schwerfällt. Dessen ungeachtet ist diese Zusammenstellung eine äußerst hilfreiche Möglichkeit, unbekannte Instrumente nachzuschlagen oder einfach in dem „Leitfaden durch die historischen Instrumente“ zu schmökern. Die Erklärungen sind nicht nur äußerst hilfreich, sondern halten zahlreiche interessante Detailinformationen bereit: In dem knappen, informationsreichen Abschnitt über das Renaissance-Instrumente Rackett etwa heißt es, dass es (von Marsenne) auch als „Cervelat de musique“ bezeichnet wurde. Das muss man nicht wissen – interessant ist es aber schon.

Im Gegensatz zu der Anordnung nach Instrumentengattung bzw. -familie im Buch ist die Sammlung von Hörbeispielen chronologisch, regional und gattungsspezifisch in kompositorischer Hinsicht gegliedert. Die zweite CD etwas ist überschrieben mit „Renaissance. Tänze und Ballette“ während die folgende unter dem Stichwort „Renaissance. Fantasien & Ricercare. Chansons & Madrigal. Geistliche Musik. Variationen“ subsumiert ist. Die Einzelbeispiele, zum größten Teil aus dem Katalog des Labels Ricercare, aber in einigen Bereichen durch zahlreiche „Leihgaben“ anderer Labels unterstützt, enthalten freilich nicht die Klänge von Einzelinstrumenten, sondern Werke, in denen die historischen Instrumente Verwendung finden. Im Buch ist bei den Erklärungen der Instrumente auf die betreffenden Hörbeispiele verwiesen, so dass sich beide, Buch (Text und Bild) sowie CD, optimal ergänzen. Gleichzeitig lassen sich die Aufnahmen auch ohne Rückkoppelung ans Buch sehr gut als Zusammenstellung von verschiedenen Musiken einer Zeit (und Region) hören. Die Mischung von Vokal- und Instrumentalmusik auf der einen und sakralen sowie weltlichen Werken auf der anderen Seite erscheint als eine hervorragende Zusammenstellung, anhand derer ein umfassender Überblick der riesigen Anzahl historischer Instrumente und der handwerklichen Meisterschaft und des Erfindungsreichtums der Instrumentenmacher gelingt. Eine grandiose Produktion!

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Leitfaden durch die historischen Instrumente: Werke von Dufay, Charpentier, Telemann u.a (mit Buch)

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Ricercar
8
01.11.2009
Medium:
EAN:

CD
5400439001008


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Ricercar

Von Haus aus Musikwissenschaftler und Gambist (und hier immerhin Schüler von Wieland Kuijken), gründete der Belgier Jérôme Lejeune 1980 sein Label RICERCAR, das schnell zu einem der wichtigsten im Bereich der Alten Musik wurde. Das war nicht nur durch die musikwissenschaftliche Arbeit Lejeunes nahe liegend, sondern auch dem Umstand geschuldet, dass Belgien von je her zu den führenden Nationen im Bereich der historischen Aufführungspraxis gehörte. Die Künstler, die für RICERCAR aufnehmen bzw. aufgenommen haben, lesen sich ohne Übertreibung wie das Who-is-Who der Alten Musik-Szene: Hier machte zum Beispiel Philippe Herreweghe genauso seine allerersten Aufnahmen wie das Ricercar Consort, Jos van Immerseel oder Mark Minkowski (sowohl als Fagottist als auch als Dirigent). Zu den Künstlern und Ensembles, die derzeit dem Label verbunden sind, gehören so prominente Namen wie der Organist Bernard Foccroulle, die Sopranistin Sophie Karthäuser sowie die Ensemble La Fenice und Continens Paradisi. Nach wie vor bietet Lejeune dabei jungen Künstlern und Ensembles eine künstlerische Plattform und er beweist dabei stets ein besonders glückliches Händchen. Viele der nicht weniger als 250 Aufnahmen, die hier veröffentlicht wurden, waren klingende Lektionen in Musikgeschichte, die in mehrteiligen Reihen solche Themen wie Bach und seine Vorgänger, die franko-flämische Polyphonie oder Instrumentenkunde behandelten und so etwas wie zu einem Markenzeichen des Labels wurden. Das erstaunliche dabei war auch, dass nahezu alle Produktionen des Labels von Lejeune sowohl wissenschaftlich als künstlerisch und technisch betreut wurden.


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