
Richter, Franz Xaver - Grandes Symphonies Nr. 7 - 12
Vergessener Sinfoniker des 18. Jahrhunderts
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Aufnahme von Franz Xaver Richters Sinfonien durch das Helsinki Baroque Orchestra ist schlichtweg erstklassig. Nicht nur die Stücke, auch die Ausführung ist voller Esprit.
Franz Xaver Richter ist kein Name, der allgemein sehr bekannt wäre. Der aus dem Böhmisch-Mährischen stammende Komponist (1709–1789) war, nach Tätigkeit als Vize-Kapellmeister für Fürstabt Anselm von Reichlin-Meldegg in Kempten im Allgäu, ab etwa 1747 Mitglied der Mannheimer Hofkapelle. Trotz seiner Kreativität blieb sein Name entgegen den Mitglieder der Familie Stamitz eher unbekannt und lange galt er – aufgrund der Unkenntnis seines Schaffens – schlicht als einer der Mannheimer Komponisten, der sich allerdings vor allem als Kirchenmusiker profilierte. Seine Werke dieser Richtung wie auch seine Musiksprache gelten als weitaus ungewöhnlicher als manche seiner Zeitgenossen und auch seine Orchesterkompositionen, die aber weitenteils bereits vor seiner Anstellung in Mannheim entstanden, weisen ihn als hoch begabten Komponisten des Spätbarock aus, dessen Musik sich nicht nur auf dem europäischen Kontinent, sondern auch etwa in England großer Beliebtheit erfreute.
Nicht weniger als sechs Sets mit jeweils sechs Sinfonien wurden von Richter zu Lebzeiten veröffentlicht, davon vier in Paris von 1744 bis ca. 1765, die anderen beiden in Amsterdam 1759 und 1764. Das hier vorgelegte zweite Set entstand um 1740 (die deutsche Bookletfassung scheint entgegen der englischen versehentlich mit jener des ersten Sets verwechselt worden zu sein). Vier der Sinfonien sind traditionell dreisätzig in der Satzfolge schnell-langsam-schnell, während die beiden anderen die Satzfolge langsam-schnell-langsam-Menuett aufweisen. Wir haben hier einerseits ganz typische Musik der Zeit, jedoch auf unerwartet hohem Niveau – das heißt vielleicht gar nicht so ganz unerwartet, war Richter doch Lehrer u.a. von Carl Stamitz und Joseph Martin Kraus. Und ganz entsprechend der Tatsache, dass die Werke lang vor seiner Mannheimer Zeit entstanden, findet man die berühmten „Mannheimer Crescendi“ vergleichsweise selten. Wir haben hier eine durchaus eigenständige wichtige Stimme in der Musik der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Warum, fragt man sich dann, wird diese Musik dann erst jetzt entdeckt? Der Grund scheint einfach – erst vor kurzer Zeit wurden Aufführungseditionen der Sinfonien vorgelegt, bei den im Stammhause Naxos angesiedelten Artaria Editions, die eng mit dem Centre for Eighteenth-Century Music an der Massey University in Wellington (Neuseeland) zusammenarbeitet. Das Verdienst des Verlagsinhabers Allan Badley (der auch die Booklettexte verfasste) ist nicht genug zu loben – dem Vernehmen nach wird den ersten beiden Sinfonien-CDs eine CD mit Sonaten in Bälde folgen.
Warum kein europäischer Verlag im Stande war, entsprechende Projekte zu initiieren, ist eine Frage, die zu beantworten sich der Rezensent leider außer Stande sieht. Dass auch kein deutsches Ensemble, sondern das Helsinki Baroque Orchestra unter Aapo Häkkinen die Werke einspielt, zeugt eindeutig von der mittlerweile auch in der Alte Musik-Szene stattgehabten Globalisierung, die Japan und Toronto, Helsinki und Amsterdam überraschend nahe zusammenrücken lässt. So sei es dem Rezensenten auch vergönnt, das Spiel der finnischen Kräfte als „impeccable“ zu bezeichnen, tadellos, mit einem durchaus eigenen, eher lyrischen als dramatischen Ton. Eine CD, die man sich (auch angesichts der tadellosen Tontechnik) gerne wieder anhört und die neugierig macht auch auf andere, nicht nur instrumentale Werke Richters.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Richter, Franz Xaver: Grandes Symphonies Nr. 7 - 12 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Naxos 1 25.05.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
747313059775 |
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Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
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