
Lewis, Jeffrey - Kammermusik
In die Tiefen des Klangs
Label/Verlag: Divine Art
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das englische Label Divine Art widmet widmet eine Einspielung der Kammermusik von Jeffrey Lewis. Das Ergebnis ist vollauf überzeugend.
Jeffrey Lewis ist nicht gerade ein geläufiger Name. Der walisische Komponist ist 1942 geboren, studierte an der Universität Cardiff, besuchte Sommerkurse bei Ligeti und Stockhausen in Darmstadt und komplettierte seine kompositorische Ausbildung bei Bogusław Schaeffer in Krakau und Don Banks in London. Von 1969 bis 1992 lehrte er Komposition an den Universitäten von Leeds und Bangor.
In Mittelengland ist David Jones, der unter anderem in Bangor und am Londoner Royal Northern College of Music in Manchester studierte, eine anerkannte Größe – er war lange mit dem Hallé Choir und der Huddersfield Choral Society verbunden und unterrichtet am Royal Northern College of Music, einem traditionsreichen Konservatorium, das unter anderen die Komponisten Harrison Birtwistle, Peter Maxwell Davies, Alexander Goehr und Simon Holt hervorbrachte. Jones’ Einsatz für Lewis ist außerordentlich, und es ist vornehmlich ihm zu verdanken, dass es Lewis’ Musik auf Tonträger geschafft hat. Sie ist charakterisiert durch rhythmische Energie und harmonische Komplexität, verschränkt mit extrem ruhigen Passagen. In der letzten Zeit deutet sich in seinen Werken eine Verfeinerung und damit verbundene augenscheinliche größere Schlichtheit an.
Diese „komplexe Schlichtheit“ erweist sich bereits in dem ersten der fünf Werke auf dieser CD, 'Silentia Noctis’ (1989) für Sopran und Klavier. Es handelt sich um ein fein gewobenes, auf die in der britischen Komposition (Edmund Rubbra) beliebte mittelalterliche lateinische Lyrik (hier in der Nachdichtung von Helen Waddell) aufbauendes Gebilde, das mehrere Gedichte ohne Pause miteinander verknüpft und zu einem umfassenderen Drama der „nächtlichen Zwischentöne“ erhöht. Insgesamt sind Singstimme und Klavier durchaus traditionell miteinander verbunden, in einer weder die Stimme noch das Instrument vergewaltigenden Weise, die auch dem Hörer Zeit zum Atmen, zur Empathie lässt. In dieser Hinsicht mag man Lewis als „traditionellen“ Komponisten bezeichnen, dessen musikalische und emotionale Intensität aber durchaus auf der Höhe unserer Zeit steht. Diese Musik verstört nicht, lässt uns nicht in einem Zustand hysterischer Erregung zurück, wie mancher heute tätiger Komponist es uns Zuhörern zumuten zu müssen glaubt, diese Musik verfolgt vielmehr in gewisser Weise auch die große, bis in die Renaissance zurückgehende britische Tradition der bisweilen durchaus lebensvollen, bisweilen aber auch melancholisch-weltentrückten Weltwahrnehmung.
Verzichtet Lewis auf einen Textvorwurf, so schafft er komplexe, im besten Sinne musikantisch-musikalische Musik, die nicht die instrumententechnischen Möglichkeiten um ihrer selbst willen erkundet. Die Geigerin Zheng-Yu Wu präsentiert zusammen mit Jones zwei Kammermusikkompositionen, 'Duologue’ (1971) und 'Scena’ (1988), die die Stilentwicklung von komplexen Strukturen hin zu verfeinerten Klangerlebnissen fast greifbar nachvollziehbar machen. Wu bleibt mit der Vielfalt ihres Tones beiden Kompositionen nicht das Geringste schuldig, während Jones’ Darbietung (oder das Instrument, oder die Aufnahmetechnik) dem Klavier nicht ebenso viele Klangvaleurs abzuringen im Stande ist. Das ist schade, denn die Kompositionen verlieren dadurch ein ganz klein wenig an Raffinesse. Dass es auch anders geht, zeigt die Klavierkomposition 'Sereno’ (2004). Hier zwingt der Komponist seinen Interpreten, die Tiefen des Instruments bis ins mehrfache Piano hinein zu erkunden, ohne die „Ablenkung“ durch ein weiteres Instrument.
Die die CD abschließende Komposition 'Stratos’ (1979) erkundet in ganz besonderer Weise Klangfarben. Auch wenn es die Eröffnung nahelegen würde, handelt es sich hier keineswegs um „Minimal Music“. Klangstrukturen, Texturen, Instrumentenverbindungen (Klarinette, Violine, Cello, Glockenspiel, Vibraphon, E-Gitarre und Klavier) führen zu immer neuen „sensations“, die die Meisterschaft Lewis’ deutlich offenbar machen. Ausgezeichnete Musik, ausgezeichnet vorgetragen, eine wichtige Veröffentlichung, mit sorgfältigem (naturgemäß nur in Englisch vorgelegtem), informativem Booklet, in makelloser Aufnahmetechnik. Sehr empfehlenswert.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Lewis, Jeffrey: Kammermusik |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Divine Art 1 14.05.2009 |
Medium:
EAN: |
CD
809730851421 |
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Divine Art Divine Art wurde von Stephen Sutton 1993 gegruendet und ist in den letzten Jahren schnell gewachsen mit einem Repertoire von klassischer Musik (und jetzt auch ?mow Swing?, leichte Musik und Jazz) jeglicher Art, von Mittelalter über Barock, Klassik, Oper bis zur heutigen Moderne. Anfang 2009 wurde Heritage Media in Divine Art integriert, eine Firma, die sich auf klassische Radio Programme und Dramen mit den berühmtesten Britischen und Amerikanischen Film- und Theater Schauspielern der 1940 und 1950iger Jahre spezialisiert. Diese Werke werden bald per Katalog und per download für Divine Art Kunden zu kaufen sein. Divine Art spezialisiert sich auf die Entdeckung und Aufnahme unbekannter Werke von wichtigen Komponisten wie beispielsweise Mozart, Schubert und einige der wichtigsten Britischen Komponisten. Hauptserien schliessen alle 90 Pianosonaten von B. Galuppi, die neulich entdeckte Orchester- und Kammer-Musik von dem in Newcastle upon Tyne geborenen Charles Avison und Weltpremieren von Musik für Piano Duo, ein Innerhalb Divine Art umfasst die ?Diversions? - Niedrigpreis Serie viele neue Aufnahmen wie auch Neu-Ausgaben von historischen Aufnahmen. Unsere ?Historic Sound? Serie von alten Klassikern, 2005 gegruendet, hat Preise fuer besondere Restaurationsqualitaet gewonnen. Seit 2008 verfügt Divine Art über eine Zweigstelle in den USA. Mehr Info... |
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