
Obrecht, Jacob - Missa ´Rose Playsante´ & Missa ´Fortuna Desperata´
Ein besonderes Klangempfinden
Label/Verlag: ORF
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Ensemble ‚The Sound and the Fury’ interpretiert zwei Messvertonungen des Renaissance-Komponisten Jacob Obrecht.
Unter anderem mit der Interpretation von Werken der Renaissance-Komponisten Nicolas Gombert, Johannes Ockeghem und Guillaume Faugues hat das Ensemble The Sound and the Fury in jüngster Zeit von sich reden gemacht. Die 2000 ins Leben gerufene, um die Stammbesetzung John Potter (Tenor), Richard Wistreich (Bass) und Thomas E. Bauer zentrierte Gruppe von Vokalisten (hier mit David Erler, Countertenor, und Klaus Wenk, Tenor) hat in kurzer Zeit – wie es in diversen Presseberichten heißt – ‚ein mustergültiges Klangkonzept und strukturelle Raffinesse’ entwickelt und sich auf dieser Grundlage dem bislang wenig erschlossenen Musikrepertoire aus der Renaissance gewidmet. Aktuelles Beispiel hierfür ist die Produktion zweier um 1490 entstandenen Messen – die Missa 'Rose playsante' und die Missa 'Fortuna desperata' – von Jacob Obrecht (1457/58-1505).
Präsentiert wird die Einspielung von der ‚ORF Edition Alte Musik’ in Anlehnung an den Titel von John Miltons Dichtung 'Paradise regained’ im Rahmen der gleichnamigen CD-Reihe, deren Konzeption größten Respekt verdient, da sie – dem Label einer großen europäischen Rundfunkanstalt anvertraut – abseits jeglicher Anbiederung an den Publikumsgeschmack angesiedelt ist. Die Aufnahme, eine Live-Aufzeichnung aus der Kirche St. Magdalena im Moos in Niederdorf (Südtirol) zeugt von der enormen interpretatorischen Qualität des Vokalensembles: Selten lassen sich leichte Einbußen, Schwankungen der Intonation oder Rauigkeiten der Stimmen vernehmen. Was die Wahrnehmung vor allem bestimmt, ist der Gedanke der Transparenz, der die architektonischen Momente der Musik betont und in großen Bögen deren Proportionen zur Geltung bringt.
Dass die Vokalisten dabei aber nie das besondere Klangempfinden von Obrecht aus den Augen verlieren, ist vielleicht der am deutlichsten hervorstechende Aspekt dieser Aufnahme: So unterstreichen die Interpreten mit ihrer Wiedergabe, welch außerordentliches Maß an harmonischen Klangvorstellungen in Obrechts Kontrapunktik stecken, indem sie die miteinander verwobenen Vokalparts mit sensibel konturiertem, weichem und doch zugleich auch schlichtem Stimmklang angehen. Optimal aneinander angepasst wirken die einzelnen Komponenten des Gesamtklangs, durch behutsam gesetzte Atemzäsuren gegliedert und in den Kirchenraum hinein verlängert, so dass die Musik den Eindruck eines organischen Wachsens und Voranschreitens vermittelt. Die dezidierte Auszeichnung dieser Doppel-CD als ‚Jacob Obrecht 1’ deutet erfreulicherweise auf weitere Folgen hin, und in der Tat zeigt das Ergebnis, dass es an der Zeit ist, diese wunderbare Musik diskografisch besser zu erschließen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Obrecht, Jacob: Missa ´Rose Playsante´ & Missa ´Fortuna Desperata´ |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
ORF 2 23.12.2008 |
Medium:
EAN: |
CD
9004629314211 |
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ORF Wer hätte gedacht, dass sich die "ORF Edition Alte Musik" in wenigen Jahren zu einem international renommierten Label entwickelt. Mit vielen Plattenpreisen ausgezeichnet, umfasst die Edition nun hundert Titel. Künstler der Edition feiern mit Freunden und Gästen im Palmenhaus.
"Alte Musik - neu interpretiert"
Ziel dieser Edition ist es, musikalisches Neuland zugänglich zu machen (ich denke hier in erster Linie an die Unica-Reihe, in der bisher ungehobene Schätze veröffentlicht, werden oder die Serie "paradise regained - polyphonie der renaissance") und neben bereits renommierten Künstlern auch Newcomers der Szene zu präsentieren. Die Akzeptanz der Aufnahmen beim Publikum und der Presse ist hoch. Mit vielen internationalen Preisen - wie etwa dem begehrten "diapason d'or" in Frankreich oder den "5 stars" des Goldberg Magazine - ausgezeichnet, ist die Edition heute eines der weltweit führenden Labels für Alte Musik.
Für mich ist freilich dieses Jubiläum ein Anlass, auch über die Zukunft der Edition, ja die Zukunft der sogenannten "Alten Musik" generell nachzudenken. Die medialen Entwicklungen der jüngsten Zeit lassen Böses erahnen. Praktisch jedem wird Werkzeug in die Hand gegeben, um sich mittels Video oder Audio z. B. per Podcast zu verwirklichen. Eine Informations- und Datenflut bricht auf uns herein. Eine gigantische Welle, die wohl zum Großteil zu entsorgenden Müll mit sich schwemmt.
Bernhard Trebuch Mehr Info... |
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