
Bilse, Benjamin - Walzer, Märsche & Polkas
Ein Berliner Strauß
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Unterhaltungsmusik des 19. Jahrhunderts vom Wegbereiter der Berliner Philharmoniker. Ein spannender Blick in die Musikgeschichte, souverän musiziert.
Der in Schlesien geborene Benjamin Bilse (1816–1902) kann als Berliner Pendant zu den Wiener Komponisten Joseph Lanner und Johann Strauß gelten. Kaum einer kennt ihn heute noch, seine einst überaus erfolgreichen Märsche, Walzer und Polkas sind von den Konzertpodien und aus den Tanzsälen so gut wie verschwunden. Vor gut 130 Jahren spielte er mit seinem Orchester vor Tausenden von Zuhörern, in Berlin, Wien und andernorts in Europa. Die ‚Bilsekonzerte’ waren berühmt, galten als Attraktion. Bilse war das, was man heute gerne einen Pultstar nennt, einer, für den die Damen schwärmten. Ein Komponist der so genannten Unterhaltungsmusik, dem alle Konzertpodien offen standen.
Auf Benjamin Bilse stößt man auch, wenn man sich mit der Geschichte der Berliner Philharmoniker beschäftigt, denn fast wäre er deren Gründer geworden. Tatsächlich waren es jedoch Musiker aus seinem Orchester, die ihn im Streit verlassen hatten und dann 1882 die Berliner Philharmoniker gründeten.
Für die Masse mit Klasse
Benjamin Bilse liebte den musikalischen Scherz und hatte eine Vorliebe für ungewöhnliche Instrumente. Seine musikalischen Einfälle und der Aufbau seiner Werke ist kurzweilig, stets darauf Bedacht, den Hörer zu unterhalten und zu amüsieren. Die Titel der Werke deuten es bereits an: sie heißen 'Sturmmarsch Galopp’, 'Baumgartenallee-Polka’, 'Marienwalzer’, 'Mit Bomben und Granaten’, 'Catharina Quadrille’ oder 'Winterflocken Galopp’. „Geschrieben hab ich nur Kleinigkeiten, dieselben machen Glück und finden viel Verbreitung“, schrieb Bilse selbst einmal über sein kompositorisches Schaffen.
Dabei sind die Werke zwar für ein Massenpublikum geschrieben, doch mit großer Könnerschaft ausgearbeitet. Vergleichbar mit Joseph Lanner, Johann Strauß oder Emil Waldteufel, gelingen Bilse immer wieder großartige Miniaturen, die neben Tanzsaal und Gartenlokal auch als Konzertstücke bestehen können.
Solche Werke leben auch vom erfindungsreichen Titel, das gehört sozusagen zur Reklame dazu. Dirk Schortemeier, ein WDR-Urgestein, erzählt denn auch die Anlässe und Geschichtchen für Namensgebungen der Werke Bilses im Booklet, leider verliert er sich darin etwas zu sehr im Anekdotischen und verliert, nach anfänglich guten Grundinformationen, den Blick für die musikgeschichtlichen Zusammenhänge, für Einordnungen und Bezüge.
Das WDR Rundfunkorchester Köln, sicherlich eines der stilistisch vielfältigsten Rundfunkorchester aus der ARD-Familie, hat unter der Leitung von Christian Simonis, dem Chefdirigenten der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie, mit der rechten Lust am Tänzerischen 14 dieser Stücke eingespielt. Beim Hören erlebt man ein insgesamt helles Klangbild, eine überzeugende Organisation der Abläufe und eine ansteckende Spielfreude. Melodie und Rhythmus werden zur Einheit, rasche Wechsel werden mit Leichtigkeit vollzogen und kleine solistische Glanzlichter der Musiker sorgen für das Sahnehäubchen. Rundum gelungen. Ein großes Kompliment aber auch an die Macher von CPO, denen wieder einmal eine überzeugende Ausgrabung zu verdanken ist.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bilse, Benjamin: Walzer, Märsche & Polkas |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 1 20.08.2008 |
Medium:
EAN: |
CD
761203734122 |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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