
Brahms, Johannes - Sinfonien Nr. 1 & 4
Brahms von früh bis spät
Label/Verlag: Coviello Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Marcus Bosch und das Sinfonieorchester Aachen liefern eine überzeugende Gegenüberstellung von Johannes Brahms’ erster und vierter Sinfonie, der auch geübte Hörer noch Neues abgewinnen werden.
Gäbe es eine Show mit dem Titel ‘Deutschland sucht den Super-GMD’, Marcus Bosch hätte beste Chancen, ihr größter Star zu werden. In kürzester Zeit hat er in seiner Position als Generalmusikdirektor in Aachen nicht nur die Besucherzahlen verdoppelt, sondern auch eine ganze Reihe national und international beachteter Aufnahmen geschaffen, meist Livemitschnitte von Konzerten des Sinfonieorchesters. Ein neuer Streich ist nun bei Coviello als SA-CD erschienen: Johannes Brahms’ erste und vierte Sinfonie, somit die interessante Verknüpfung des sinfonischen Erstlings mit der letzten der vier Sinfonien.
Die Entstehungsgeschichte der Ersten ist bestimmt vom Ringen um Form und Anspruch und zieht sich über vierzehn Jahre hin. War es nach Beethoven noch möglich, Sinfonien zu schreiben? Die Bejahung fiel Brahms sichtlich schwer, und selten trat ein Erstling dieser bedeutungsschweren Gattung mit so hohem Anspruch und Ernst an wie die Sinfonie in c-Moll. In der Wahl der Tonart mag man eine bewusste Anknüpfung an Beethovens Fünfte erkennen, zugleich liefert Brahms aber eine Erneuerung des Modells der Sinfonie und findet so seine Versöhnung mit der großen Last der beethovenschen Tradition. Aus einer einzigen Keimzelle entwickeln sich alle Motive des Kopfsatzes, der in seiner motivisch-thematischen Arbeit von größter Dichte einen Eindruck dramatischen Konfliktes hinterlässt. Erst im Finale erfährt er seine Lösung durch eine unerwartet eintretende Hornmelodie, ein stilisierter Alphornruf in hellem C-Dur. In Religion und Natur soll die Lösung unlösbarer musikalischer Konflikte liegen, eine Alternative zum beethovenschen Glauben an die ‘schrankenlose Ausdehnbarkeit der Zivilisation’.
Marcus Bosch und die Musiker des Sinfonieorchesters Aachen liefern eine im weitesten Sinne traditionelle Lesart des Werkes, die die Spannungsbögen der Partitur mit großer Intensität und Detailgenauigkeit nachverfolgt. Beeindruckend ist dabei – zumal für eine Liveaufnahme – die großartige Balance des Orchesters, das eine vielfarbige, doch in sich geschlossene Klangfarbenpalette bildet.
Die vierte Sinfonie in e-Moll zeigt das Prinzip der Brahmsschen Themenbildung in Perfektion. Aus zwei Intervallen entwickelt sich über neunzehn Takte hinweg ein vollgültiges Thema, aus dem sich alles weitere ergibt. Nicht so sehr der Kontrast zweier Themen, sondern die Fortspinnung einer Grundidee dominiert hier. Wie auch in der ersten Sinfonie haben die Mittelsätze eher Intermezzocharakter, bevor im Finale die Deutung des Kopfsatzes in neuem Lichte erfolgt. Brahms greift in der Vierten auf ein Passacaglia-Modell zurück, dehnt das Variationsprinzip des ersten Satzes auf die Großform aus. Eine Vielzahl kompositorischer Prinzipien fügt sich zu einem großen stimmigen Ganzen zusammen und schafft so eine Synthese zwischen barocker Universalität und romantischer Innigkeit.
Besonders in der vierten gelingt Marcus Bosch eine überzeugende Linienbildung, die das überraschend Neue der thematischen Entwicklung auch heute noch spürbar macht.
Wer Johannes Brahms besser kennen lernen will, ist mit dieser Aufnahme also bestens bedient.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Brahms, Johannes: Sinfonien Nr. 1 & 4 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Coviello Classics 1 16.03.2007 78:23 2006 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
SACD
4039956307044 COV 30704 |
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Brahms, Johannes |
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