
Huber, Hans - Sonaten für Violine & Klavier
Fortsetzung erbeten
Label/Verlag: Guild
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Hans Hubers hier aufgenommene zwei Violinsonaten sind wesentliche Beiträge. Ihre Umsetzung ist vorbildlich.
Von Hans Huber (1852–1921) kannte ich bislang vor allem die Sinfonien, von denen die eine oder andere mir eher nicht so tiefgründig erschien. Dass Hubers Musik weit mehr ist, lassen schon die ersten Takte der vorliegenden CD vermuten. Noch nicht zwanzig Jahre war er alt, als seine Phantasie g-Moll op. 17 entstand, ein Werk, das ich nicht zögere, Schuberts großer Phantasie D 934 zur Seite zu stellen. Hubers Ton mag an der einen oder anderen Stelle noch Brahms verbunden sein, doch haben wir bereits eine durchaus eigenständige Stimme, einen jungen Meister, der genau weiß, wo es langgeht. Die viersätzige (einer Sonate ähnliche) Phantasie ist schlüssig aufgebaut, mit hörbarer Referenz (und Reverenz) zur Tradition, aus der sie erwächst. Aber gerade dies erweist sich als Stärke, zeigt sich Huber in den beiden weiteren Werken auf der CD, der fünften Sonate E-Dur op. 112 und der sechsten in d-Moll op. 116, als ein Komponist, der wusste, wie man das Genre ins 20. Jahrhundert überführen konnte.
Huber ist lyrischer als etwa Reger, aber nicht weniger leidenschaftlich (die sechste Sonate trägt den Untertitel ‚Appassionata‘ und auch der fünften stünde dieser Titel nicht schlecht an). Mit jeder seiner Kompositionen spannt Huber eine ganz eigene Welt auf. Seine beiden Sonaten sind dreisätzig, die eine mit Scherzo, die andere mit einem langsamen Satz. Auch hier weiß Huber Struktur zu schaffen, Steigerungen, Spannungen. Das Finale der fünften Sonate bietet sogar einen Hauch Impressionismus, doch sind wir hier im Großen und Ganzen in der großen postbrahmsischen Tradition, die heute so gut wie vergessen ist – völlig zu Unrecht.
Die sechste Sonate ist der unzweifelhafte Gipfelpunkt der CD, ein beeindruckendes, architektonisch äußerst sorgsam und inspiriert gebautes Werk, dessen zentraler Satz naturgemäß der dramatische langsame Satz ist – kein Largo con gran espressione, sondern ein 'Adagio ma non troppo', ein Satz voller dramatischer Innenspannung, dem jede blühende Melodie untergeordnet ist. Und Huber ist Melodiker durch und durch. In der Mitte des langsamen Satzes aber befinden wir uns plötzlich in einem veritablen Fugenteil, der Huber auch als Meister der akademischen Form zeigt. Anders als der Bookletautor bin ich nicht der Meinung, dass man immer wieder noch die Herkunft des Materials der Sonate aus Hubers frühem Violinkonzert hören kann – die Herangehensweise ist genuin kammermusikalisch und rundum überzeugend.
Geiger Gilles Colliard und Pianist Timon Altwegg liegt Hubers Musik hörbar am Herzen, ebenso Bookletautor Robert Matthew-Walker, auch wenn sich dieser mit genaueren Kompositionsdaten zurückhält. Michael Ponder erweist sich ein weiteres Mal als Produzent, der weiß, wie man unbekannte Musik zum Leuchten bringt. Eine wichtige Ergänzung der Violinsonaten-Literatur, würdig, etwa den Sonaten Regers zur Seite gestellt zu werden.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Huber, Hans: Sonaten für Violine & Klavier |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Guild 1 26.09.2011 |
Medium:
EAN: |
CD
795754737127 |
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Guild Guild entstand in den frühen Achtzigerjahren auf Initiative des berühmten englischen Chorleiters Barry Rose, der den St Paul's Cathedral Choir in London leitete. Der Name hat nichts mit der nahe gelegenen Londoner Guild Hall zu tun, sondern kommt von Barry Roses erstem Chor, dem Guildford Cathedral Choir. Das frühere Logo (ein grosses G) entstand indem Barry Rose kurzerhand eine Teetasse umstülpte und mit einem Bleistift ihrem Rand bis zum Henkel entlang fuhr. Seit 2002 hat die Firma als Guild GmbH ihren Sitz in der Schweiz, in Ramsen bei Stein am Rhein. Mehr Info... |
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