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Montag, 25. September 2023

Chisholm, Erik - Klavierwerke Vol. 4

Die große Kunst der kleinen Stücke


Label/Verlag: Divine Art
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Als Murray McLachlan 1997 seine erste CD mit Klaviermusik von Erik Chisholm für Olympia einspielte, war noch nicht absehbar, dass einmal ein Großprojekt mit dem Ziel einer Gesamteinspielung folgen sollte.

Als Murray McLachlan 1997 seine erste CD mit Klaviermusik von Erik Chisholm für Olympia einspielte, war noch nicht absehbar, dass einmal ein Großprojekt mit dem Ziel einer Gesamteinspielung (oder Quasi-Gesamteinspielung) folgen sollte. Das kleine Label Dunelm Records begann 2000 mit einer ‘Probe-CD’, seit seiner Übernahme durch Divine Art wird die Reihe hier fortgeführt. Murray McLachlans Liebe zu der Musik seines schottischen Landsmanns ist offenkundig, und da sich diese Liebe mit hohen pianistischen Qualitäten und Entdeckergeist paart, sind beste Voraussetzungen zu der mittlerweile Halbzeit erreicht habenden Edition gegeben.

Erik Chisholm wurde 1904 bei Glasgow geboren. Schon früh trat er auch als Pianist in Erscheinung und konzertierte als solcher zwei Jahre lang in Kanada. Von den fünf Werken auf dieser CD sind nur zwei datiert – der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass viele seiner Werke nie gedruckt wurden. Erst für diese Edition wurden sie ediert (entsprechende Dateien finden sich im Scottish Music Centre, www.scottishmusiccentre.com) und John Pursers im Laufe dieses Jahres erscheinende Biografie mag wenigstens für einige dieser Werke Datierungen vorlegen.

Mutmaßlich die frühesten seiner Klavierkompositionen auf dieser CD sind die acht bei 1926 bei Curwen erschienenen 'Cameos', die McLachlan bereits für Olympia eingespielt hatte. Die Komposition des Zweiundzwanzigjährigen ist noch dem spätromantischen Klavierstil etwa Arnold Bax' vergleichbar. Die gedruckte Ausgabe bietet nur ein Teil der komponierten Stücke, es gibt zahlreiche Handschriften, die weitere Stücke bieten, manche vollständig ausgeführt, manche noch skizzenhaft; sie sind teilweise auf die Jahre 1923 und 1925 datiert, in jene Zeit, als Chisholm noch intensiv mit seinem Klavierlehrer Lev Pouishnoff zusammenarbeitete. Die Stücke sind melancholisch bis grüblerisch, seltener schlichter poetisch oder gar überschwänglich-brillant, doch immer wieder mit einem ganz eigenen Humor behaftet (etwa in 'Procession of Crabs'). Ganz wesentlich immer wieder scharf punktierte ‘schottische’ Rhythmen, die für Chisholms Stil typisch werden sollten.

In den Jahren 1924 bis wohl 1929 entstanden die sechs 'Portraits', Charakterstücke ähnlich wie die 'Cameos', doch teilweise deutlich umfänglicher. Vor allem stilistisch befinden wir uns in einer ganz anderen, frei tonalen oder polytonalen Welt von großer musikalischer und emotionaler Dichte. Die meisten der Stücke wurden durch Lektüre inspiriert, die Chisholm zu jener Zeit las. Die Nummer 3, 'Porgy', entstand noch vor Gershwins berühmter Oper 'Porgy and Bess' und basiert direkt auf dem zu Grunde liegenden Roman – ein expressionistisches Porträt, das vieles der zeitgleich entstandene englischen Klaviermusik meilenweit hinter sich lässt. 'Portraits' sind eine Komposition, die unbedingt besser bekannt sein sollte.

Die Sonatina Nr. 3 über vier 'Ricercari' (von Juonambrosio Dalza bzw. Silbestro Ganassi, NN und Francesco Spinaccio) vereint kontrapunktische Raffinesse und interpretatorische Brillanz. Leider ist das CD-Booklet im Fall dieser Stücke bezüglich der Tempoangaben der vier jeweils stimmungsmäßig ganz unterschiedlichen Sätze etwas zu verschwiegen – aus der Olympia-CD wissen wir die Satzfolge: I. Allegro molto. II. Adagio. III. Allegro. IV. Moderato e maestoso – Allegretto. Genial das abschließende toccataartige Allegretto.

Zueinander in Beziehung stehen die neun hier gebotenen 'Piobaireachd' (Nr. 5–13) und die sechs 'Highland Sketches' (Nr. 1–6). Die 'Piobaireachd' basieren of Dudelsackmelodien vornehmlich aus dem 17.–19. Jahrhundert, die 'Highland Sketches' auf Patrick MacDonalds 'Collection of Highland Vocal Airs' aus dem Jahre 1784 – doch hören wir in Chisholms Verarbeitung hier vielmehr genuine Klavierkompositionen der 1930er- oder 1940er-Jahre. Die 'Highland Sketches' rangieren in der Dauer wie die 'Cameos' von einer guten halben bis rund zwei Minuten, während die 'Piobaireachd' fast durchgängig etwas umfänglicher sind. Im Vergleich sind die 'Highland Sketches' auch musikalisch deutlich anspruchsloser – nicht für den Interpreten, aber vor musikalischen Dichte her. Die 'Piobaireachd' führen einen in eine Welt, wo musikalisch alles möglich ist, wo tonale Zentren an Bedeutung verlieren und die frei schwebende Imagination durchaus neuartige Ergebnisse zeitigt. Diese 'Piobaireachd' gehören ganz ohne Frage häufiger aufs internationale Konzertpodium.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Chisholm, Erik: Klavierwerke Vol. 4

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Divine Art
1
06.11.2008
Medium:
EAN:

CD
809730413421


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Divine Art

Divine Art wurde von Stephen Sutton 1993 gegruendet und ist in den letzten Jahren schnell gewachsen mit einem Repertoire von klassischer Musik (und jetzt auch ?mow Swing?, leichte Musik und Jazz) jeglicher Art, von Mittelalter über Barock, Klassik, Oper bis zur heutigen Moderne. Anfang 2009 wurde Heritage Media in Divine Art integriert, eine Firma, die sich auf klassische Radio Programme und Dramen mit den berühmtesten Britischen und Amerikanischen Film- und Theater Schauspielern der 1940 und 1950iger Jahre spezialisiert. Diese Werke werden bald per Katalog und per download für Divine Art Kunden zu kaufen sein.

Divine Art spezialisiert sich auf die Entdeckung und Aufnahme unbekannter Werke von wichtigen Komponisten wie beispielsweise Mozart, Schubert und einige der wichtigsten Britischen Komponisten. Hauptserien schliessen alle 90 Pianosonaten von B. Galuppi, die neulich entdeckte Orchester- und Kammer-Musik von dem in Newcastle upon Tyne geborenen Charles Avison und Weltpremieren von Musik für Piano Duo, ein

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