
State Choir Latvia - In Manus Tuas
Wer kennt religiöse Vokalmusik aus Flandern?
Label/Verlag: Phaedra CD
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Man muss es nicht kennen, um es zu mögen - nichts für Bauern, die eben solch unbekanntes sprichwörtlich nicht fressen! Für alle anderen Chorliebhaber schon!
Religiöse Musik ist ja in ihrer originären Erscheinung an eine Einbindung in die jeweilige Liturgie gekoppelt. Die Betrachtung, will sagen, das hörende Einordnen solcher Musik setzt die Kenntnis eben dieser Liturgie voraus. Allerdings ist nicht alle Musik, die den einen oder anderen Gott preist, dem konfessionellen Zusammenhang entnommen und bedarf zu ihrer Aufführung auch nicht zwangsläufig des Kirchenraumes. Hinzu kommt der musikästhetische Ansatz, dass der Hörer, der Rezipient weder in Kenntnis des liturgischen Zusammenhangs sein muss, noch auf den sozusagen regulären Aufführungsort angewiesen ist.
Wer sich unter diesen Gesichtspunkten die unter dem Titel ‘In manus tuas – Religiöse Musik aus Flandern’ erschienene 50. Folge der Reihe ‘In Flanders’ Fields’ des belgischen Labels ‘Phaedra’ zu Gemüte führt, wird sich vermutlich mit obiger Frage nicht befassen. Und das ist wohl auch die beste Art, sich mit dieser Musik auseinander zu setzen. Eingehender musikwissenschaftlicher Prüfung wird die auf einer Doppel-CD veröffentlichte Aufnahme flämischer Kirchenmusik nur bedingt standhalten. Beim besten Willen fällt es schwer, sich eine Breitenwirkung fern des momentanen Nischendaseins vorzustellen. In ganz seltenen Fällen kann sich sogenannte Nationalmusik von der Bindung an örtliche Zufälligkeiten lösen; daher besitzt sie nur einen geringen Grad an universeller Bedeutung.
Dennoch, es lohnt sich, diese Platte zu hören - am besten ohne das putzig-verschroben, zuweilen leider schlicht falsch und fehlleitend ins Deutsche übersetzte Booklet gelesen zu haben, eben ganz unvoreingenommen. So vermag der Valsts Akademiskas Koris ‘Latvija’ (der Staatschor von Lettland) unter der Leitung von Herman Engels durchaus, einen eigenen Zauber zu entfalten. Nicht einmal die Hälfte der hier aufscheinenden Komponisten steht in der einschlägigen enzyklopädischen Literatur verzeichnet. Das Gros der aufgenommenen Werke besteht aus Chorstücken, stellenweise mit Orgelbegleitung. Hinzu kommen einige wenige Sätze für Chor, Solosopran und Orgel sowie je eines für Sopran und Orgel und ein Präludium mit Fuge für Orgel solo. Neben dem lettischen Staatschor, einem zu Recht vielfach ausgezeichneten Ensemble, wirken die Sopranistin Ann De Renais und Kristine Adamaite an der großen Orgel der Kathedrale von Riga mit. Die sängerischen Leistungen sind durchweg überzeugend. Gerade die Männerstimmen des Chores begeistern durch ihre Klangschönheit und Homogenität. Der sehr elegant, beinahe instrumental geführte Sopran von Ann De Renais berührt, zwar ohne Gänsehaut, doch durchaus dem Ohre schmeichelnd.
Dezent registriert Kristine Adamaite die Orgel, soll sie dem Chor zu Diensten spielen; in Präludium und Fuge von Arthur Verhoeven darf sie ihre solistischen Qualitäten unter Beweis stellen. Das tut sie zweifelsohne, allein, man wünscht sich doch eine etwas mehr romantische Registrierung, frei nach dem Motto: klotzen, nicht kleckern. Insgesamt bewegt sich die Musik auf dieser CD vor allem um den Wechsel zum zwanzigsten Jahrhundert. Dass das in der aus sich heraus eher konservativen Kirchenmusik mit einem hoch romantischen, stellenweise auch impressionistischen aber immer tonalen Klangbild einher geht, versteht sich fast von selbst. In letzter Konsequenz nicht immer originell, nimmt die chromatische Harmonik dennoch gefangen. Rein handwerklich handelt es sich bei den Kompositionen der Herren Benoit, Mortelmans, Verhoeven, Feremans sowie de Boeck Vater und Sohn um ausgesprochen gute Arbeit. Auch, wenn der lettische Staatschor schlich und einfach ganz ausgezeichnet singt, trägt natürlich der Chorsatz, das Ausgangsmaterial, sprich, die Partitur ganz wesentlich zu vorliegendem Ergebnis bei. Nur, wer sich die zweite CD ganz bis zum Ende anhört, kann wahrnehmen, was uns das ansonsten, soweit verständlich, informative Textheft verschweigt. Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt. Bei knapp neunzig Minuten Programm sei dafür hier noch einmal ausdrücklich der Hut gezogen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
State Choir Latvia: In Manus Tuas |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Phaedra CD 2 26.01.2007 |
Medium:
EAN: |
CD
5412327920506 |
![]() Cover vergössern |
Phaedra CD Phaedra is an Ancient Greek name meaning "the beautiful, the bright, the shiny one". It is related to a verb that means "to shine light on". That is why we thought Phaedra an appropriate name for a label that meant proposed to assume a special task: to shine a light on music by composers from the Low Countries, especially from Flanders and Wallonia, and thus to save them from indifference and oblivion. The idea was realized in 1992, when Phaedra was founded. With its limited means, but with a generous heart, Phaedra was to promote this music, to record it and to publish it. Moreover, Phaedra intended to work with young and highly talented musicians, both from the Low Countries and from abroad. Phaedra is the first label to consistently and continually draw attention to composers of the Low Countries, regardless of their philosophies or their careers. First their works are read, studied and evaluated; then Phaedra searches out talented musicians who might be interested in studying and recording these works. The series "In Flanders' Fields" was started for this very purpose. After ten years of hard work, after recordings of over eighty Belgian composers and over one hundred and eighty of their works, came the first official recognition. On March 12, 2002, in a ceremony in the Sabam building in Brussels, Phaedra was awarded the 2001 Fugue Prize of the Union of Belgian Composers. Another Prize awarded, to Phaedra's founder and producer, Luc Famaey, was the 2010 ANV-Visser Neerlandia Prize, "for his world-wide promotion of music by Flemish composers vial the CD-label Phaedra, especially the impressive series In Flanders Fields." Meanwhile this series "In Flanders' Fields" has expanded steadily and has in fact acquired a world-wide reputation. It presents today more than a thousand different compositions of over one hundred and twenty composers. Whereas Phaedra continues to produce the large majority of its recordings itself, it occasionally works together with Klara, the classical channel of the Flemish Radio and Television (VRT). Thus its catalogue features some of the best and most remarkable radio recordings from the archives of VRT and its predecessors (BRT and BRTN) made in the last few decades. When necessary, older recordings are digitalized such that they meet the expectations of the modern listener. The "Classics" series features local and foreign artists who meanwhile have acquired international reputations, in numerous works from the standard repertoire, both classical and modern. All Phaedra recordings are made using the most recent technology, in the most suitable locations, and by highly qualified professional technicians. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Phaedra CD:
-
Flämisch-englisches Barock: Kulturtransfer über den englischen Kanal. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Weder Analytiker noch Ekstatiker: Der 1981 in Antwerpen geborene Pianist Nikolaas Kende hat sein Solo-Debüt auf Tonträger mit der dritten Klaviersonate von Johannes Brahms bestritten. Sein Mut ist angesichts der historischen und aktuelleren Konkurrenz zu bewundern - die Einspielung leider nicht. Weiter...
(Dr. Hartmut Hein, )
-
Das letzte Lied: Marco Vinco bietet eine gelungene Auswahl von Liedern aus der Feder von Francesco Paolo Tosti. Der vokale Vortrag ist geschmackvoll, manchmal aber ein wenig forciert. Weiter...
(Gustavo Martin Sanchez, )
Weitere CD-Besprechungen von Benjamin Reissenberger:
-
Geheimtipp: Vielleicht gerade noch ein Geheimtipp?! Hören Sie’s, bevor es jeder tut! Weiter...
(Benjamin Reissenberger, )
-
Wer kann, der kann!: Abgeschmackt aber wahr: So haben Sie die ‚Vier Jahreszeiten’ noch nie gehört! Weiter...
(Benjamin Reissenberger, )
-
"Ach, wenn wir nur auch clarinetti hätten…!": Kein originaler, aber sehr origineller Mozart - nicht übertrieben originell: auf Originalinstrumenten - dafür sensationell eingespielt! Weiter...
(Benjamin Reissenberger, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Auf der Suche: Auch wenn seinem Liedgesang noch ein paar Schliffe gut anstünden, so ist dieser 'Schwanengesang' doch ein wohltuend schnörkelloses und ehrliches Album eines Künstlers, der mit Neugier und Mut auf der Suche ist. Weiter...
(Benjamin Künzel, )
-
Inspirierender Choral: Ein programmatisch interessanter, dazu interpretatorisch rundum gelungener Blick auf eine Spezialität geistlichen Repertoires um 1700. Christoph Hesse und L’arpa festante agieren erfrischend, qualitätvoll und kurzweilig. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Wenig wirklich Neues: Spannende Begegnung mit Anton Weberns Schubert-Lied-Instrumentationen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Portrait

"Schumann ist so tiefgreifend, dass er den Herzensgrund erreicht."
Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich