
50 Jahre Deutsche Oper am Rhein - DOR 1956 - 2006
Revolution in 50 Jahren und 18 Ausschnitten
Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Herausragender Eindruck der vorliegenden Doppel-CD ist der lebendige Eindruck von Rollengestaltung und Atmosphäre: Lebendige Oper seit fünfzig Jahren.
Seit 50 Jahren werden Vorstellung in der Deutschen Oper am Rhein mitgeschnitten. Aus diesem Anlass ist nun eine Doppel-CD erschienen, die einen Überblick über 50 Jahre lebendiges Theater geben soll. Das Booklett erklärt ausführlich, welche Kriterien zu den Ausschnitten geführt haben und wie nicht anders zu erwarten, sind es hauptsächlich die, die nicht im künstlerischen, sondern im technischen Bereich angesiedelt sind. Aber wie auch immer: die Auswahl scheint zunächst in Beispielen aus der gesamten Operngeschichte, neben den wichtigsten Opern im Repertoire auch Unbekannteres aufzunehmen, und den berühmtesten Sängern Raum zu geben. Besonders lobend ist die Absicht, wohl nicht nur eine Stimmenschau zu veranstalten, sondern auch eine Vorstellung von der jeweiligen Aufführung an den Zuhörer weiterzugeben. Daher sind teils Ausschnitte von über 10 Minuten Länge zu hören und zu erleben.
Besonders gelungen ist so die Auswahl auf der ersten der beiden CDs. In Ausschnitten sind Aufnahmen von 1956 bis 1970 zu hören und Opern wie ‘Ariadne auf Naxos’, ‘Der Rosenkavalier’, ‘Tosca’ und ‘Aida’. Ilse Hollweg singt in der frühesten Aufnahme der Deutschen Oper am Rhein die Arie der Zerbinetta mit beeindruckender Diktion, herrlich schwingender Höhe und ist an Virtuosität kaum zu übertreffen. Darauf folgen Raritäten wie Anneliese Rothenberger und Heinz Imdahl in ‘Rigoletto’ und Ingrid Bjoner als Aida. Auch mit weniger gängigen Namen gibt es Großes zu entdecken. So zählt zu den absoluten Höhepunkten der CD sicher die Tosca-Interpretation von Hana Janku – gleichzeitig die erste Aufnahme auf der CD in Originalsprache: Die Sängerin begeistert durch eine beeindruckende dramatische Stimme ohne zu großes Vibrato und mit strahlenden Höhen. Außerdem geling es ihr, trotz ihres überwältigenden Organs, die Rolle zu modellieren und mit Piani in hoher Sopranlage mitzureißen.
Auch die Ausschnitte aus den 70er-Jahren der zweiten CD nehmen für sich ein: Julia Hamari singt das ‘Non più mesta’ aus ‘La Cenerentola’ in einem Tempo, welches auch nach einer Bartoli noch verblüfft, während man sich eine so intensive Darstellung der Mimì wie die von Lilian Sukis oder eine Rusalka wie die der Behrens auf der heutigen Opernbühne wünscht. Überhaupt ertappt man sich, je jünger die Ausschnitte werden, nun häufiger dabei, dass die Begeisterung nachlässt, in Bezug auf Sänger und Auswahl des Dargebotenen. Fortners ‘Bluthochzeit’ entfaltet eine große Wirkung, jedoch ist der Ausschnitt hier viel zu kurz, um einen bleibenden Eindruck zu vermitteln. Gleich darauf ist aus dem Jahr 1992 Zenon Kosnowski als Scarpia zu hören, jedoch nur noch zu hören und nicht mehr zu erleben. Wie die musikalische Gestaltung in dem Ausschnitt 1970 noch zur Rolleninterpretation dazu gehört, ist es jetzt die Lautstärke der Stimme. Ein dynamisches Forte bildet die Grundlage des Vortrags und wird bis zum bitteren Ende durchgehalten. Schade. Allerdings handelt es sich hierbei sicher um das auffälligste Beispiel und schon bei einem Ausschnitt aus ‘Il Ritorno d’Ulisse in patria’ ist man froh um die jüngeren Bemühungen auf dem Feld der historischen Aufführungspraxis: der transparente und mitreißende Orchesterklang, präzise Rhythmik und stimmlich versierte Sänger nehmen für sich ein. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass in der jüngeren Geschichte des Hauses hier nicht mehr die erste Sängerriege musiziert: Marlis Petersen zum Beispiel ist hörbar überfordert mit der Arie der Ophelia aus Thomas’ ‘Hamlet’. Allerdings: Das Publikum ist begeistert. So kann ein Urteil über die akustische Seite einer Aufführung doch immer nur lückenhaft bleiben, denn die Aufführungen leben doch zum Großteil von ihrer Unmittelbarkeit.
Auch wenn also nicht alle Ausschnitte auf höchstem künstlerischen Niveau musiziert sind, so wird mit diesem Sampler doch ein Stück Aufführungsgeschichte vorgelegt, welches nicht nur den Wandel der Oper in Deutschland aufzeigt, sondern auch den Wandel von Stimmkultur - über dessen Richtung sicherlich nachgedacht werden kann - und den Wandel von Aufführungspraxis.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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50 Jahre Deutsche Oper am Rhein: DOR 1956 - 2006 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
ARS Produktion 2 01.05.2008 2:25:41 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4260052384503 ARS 38 450 |
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Dvorák, Antonín |
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ARS Produktion Das exquisite Klassiklabel ARS Produktion wurde 1987 von Annette Schumacher mit dem Ziel gegründet, jungen, aufstrebenden Künstlern und interessanten Programmen gleichermaßen eine individuelle musikalische Heimat und entsprechende Marktchancen, u.a. durch internationalen Vertrieb und Vermarktung zu geben. Die bei Paul Meisen ausgebildete Konzertflötistin hat sich damit nach langer aktiver Musikerlaufbahn einen geschäftlichen Traum erfüllt.
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