
Rossini, Gioacchino - La Cenerentola
Perfekter Rossini aus DDR
Label/Verlag: Arts music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
: Das Orchester und sein Dirigent sind auf dieser Aufnahme in schlichtweg phänomenaler Form. Rossini wird hier ‚klassisch’ musiziert, mit vollem Klangbild, aber niemals behäbig.
Der Ehrlichkeit halber muss ich mit einem Geständnis beginnen: Ausgerechnet diese eher obskure Aufnahme von ‚La Cenerentola’ mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Leitung von Piero Bellugi war vor über zwei Jahrzehnten rein zufällig meine erste eigene Rossini-LP, die damals bei mir einen wahren Rossini-Rausch auslöste, von dem ich mich bis heute nicht erholt habe. Das heißt, die nun auf CD wiederveröffentlichte DDR-Einspielung aus dem Jahr 1975 trifft bei mir einen äußerst sentimentalen Nerv. Denn auch nach so langer Zeit ist das Wiederhören dieser Oper gerade in dieser Fassung eine Freude, und zwar nicht nur aus nostalgischen Gründen.
Die Erklärung für die Freude lässt sich präzisieren: Das Orchester und sein Dirigent sind auf dieser Aufnahme in schlichtweg phänomenaler Form. Rossini wird hier ‚klassisch’ musiziert, mit vollem Klangbild, aber niemals behäbig, sondern immer federnd und spritzig, immer sonor und opulent, jedoch mit einem Ohr für solistische Details. Besonders die Berliner Holzbläser sind diesbezüglich eine Klasse für sich. Bellugi lässt hören, dass Rossinis Musik eng mit der Wiener Klassik verbunden ist, diese aber auf sehr eigene Weise zu adaptieren verstand. Das erlebt man hier auf vorbildliche Art und Weise. Zudem sind die Tempi ideal, die Ensembles durchsichtig, mit rhythmischen Akzenten versehen und einfach glorios. Bellugi reiht sich – für mich – mit dieser Aufnahme in die Reihe der große Rossini-Dirigenten ein, von Gui bis Abbado. (Und ich frage mich, was wohl aus ihm geworden ist, da mir sein Name aus dem heutigen Musikbetrieb nicht geläufig ist.)
Auch die Besetzung ist in vielen Fällen vorbildlich. Besonders attraktiv ist der Märchenprinz von Ugo Benelli. Er klingt wie ein Vorläufer von Juan Diego Florez, hat die gleiche schmachtende Art des Singens, ein nahezu identisches Timbre. Nur eben 25 Jahre früher. Seine Cenerentola ist Bianca Maria Casoni, die in guten Momenten an Giulietta Simionato erinnert, ohne allerdings deren Bravour zu erreichen. Ihr Timbre ist nicht wirklich besonders, ihr Vortrag auch nicht ideal – aber dennoch schafft sie es immer wieder, ihren schweren Mezzo aufzuhellen und mit Leichtigkeit und Koketterie über die Koloraturklippen der Partie mit einem Lächeln in der Stimme hinweg zu gleiten. (Besonders im Schluss-Rondo gelingt das phänomenal.) Der Rest des Ensembles ist ein Glücksfall: Alfredo Mariotti ist ein saftiger Don Magnifico, Sesto Dandini ein überzeugender Dandini und die beiden Schwestern Tisbe und Clorinda sind mit Teresa Rocchino und Giovanna di Rocco exzellent und herrlich charaktervoll besetzt. Der vorzügliche Chor der Staatsoper Berlin tut das Seine, um die Finali zu Klangfreuden erster Güte werden zu lassen.
Denn bei aller Klassizität vergisst hier niemand, dass ‚La Cenerentola’ eine von nonsense-artigem Übermut getriebene Farce ist. Die Balance aller Elemente gelingt Bellugi ideal – und ganz ohne große Namen. Und da kann man nicht nur aus persönlichen nostalgischen Gründen ins Schwärmen geraten. Nur eine etwas ansprechender Verpackung hätte dieser CD-Veröffentlichung gut angestanden. So sieht sie billiger aus, als sie (künstlerisch) ist.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Rossini, Gioacchino: La Cenerentola |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Arts music 2 10.07.2006 115:59 1975 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
600554305325 43053-2 |
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"Die Aufführung des Drama Giocoso „La Cenerentola“ 1921 in Bologna war der Auslöser für eine ganze Reihe von Wiederentdeckungen der Bühnenwerke von G. Rossini. Heute sind die Belcanto-Opern des italienischen Maestro aus dem Repertoire internationaler Konzerthäuser kaum mehr wegzudenken. „La Cenerentola“ hatte bereits zu Lebzeiten des Komponisten großen Erfolg. Das Werk wurde höher geschätzt als alle anderen Opere buffe, höher auch als der „Barbier von Sevilla“. Dies verwundert kaum, zählt doch diese Oper zu den inspiriertesten und am sorgfältigsten komponierten Bühnenwerken Rossinis. Im Rahmen seiner ARCHIVES Reihe hat ARTS MUSIC jetzt diese außergewöhnliche Oper in sein Programm genommen. Unter der Leitung von Piero Beluggi musizieren namhafte Solisten, der Chor der Staatsoper Berlin sowie das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Remastered mit der 24bit / 96kHz Technik erleben Sie eine Einspielung von ganz besonderer Klangqualität. " |
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klassik.com: ""The orchesra of this recording and its conductor are simply in phénoménal shape.... Always springy and lively, always sonorous and opulent, with a fine sense for solo details.... Also the cast is exemplary..... Simply glorious"" |
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Arts music ARTS wurde 1993 gegründet. Seither haben wir mehr als 6200 Tracks (das sind über 400 Datenträger) mit Klassischer Musik der letzten 5 Jahrhunderte veröffentlicht. Neben Alter Musik und Zeitgenössischem befindet sich in unserem Katalog auch Musik der größten Interpreten der letzten Jahrzehnte sowie Musik sehr erfolgreicher junger Künstler, die Ihren künstlerischen Zenith noch vor sich haben und diesen mit uns verbringen werden. Die Musikrichtungen reichen von Sakral bis Oper, Kammermusik bis Symphonik, Lied bis Operette. Große Werke Mozarts, Beethovens, Schuberts usw. sind ebenso vertreten wie Raritäten von Rossini, Verdi, Händel und vielen mehr.
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