
Lang, Bernhard - Das Theater der Wiederholungen
Partiturscratching
Label/Verlag: Kairos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Langs Musiktheater ist ein interessantes Experiment, bei dem eine allzu große Fixierung auf die Wiederholung in die musikalische Sackgasse führte.
Der österreichische Komponist Bernhard Lang hat in seinem Opus Magnum, dem fast zweistündigen ,Theater der Wiederholungen’, das Prinzip der Wiederholung konsequent umgesetzt. Allerdings ist es mangels eines Schauspiels eher ein Oratorium. Lang hat die drei Teile seines Stückes jeweils als Erzählung betitelt. Im ersten Teil erklingen Texte von de Sade und Huysmans und im zweiten Texte von William Burroughs. Für die dritte ,Erzählung’ vertonte Lang Auszüge aus den Protokollen der Nürnberger Prozesse sowie Augenzeugenberichte. Die drei ,Erzählungen’ sind in jeweils sieben Teile gegliedert und habe eine ABCDCBA-Form. Im Kern stimmen die drei ,Erzählungen’ in der Darstellung einer Rationalität überein, die ,überzeugende’ Begründungen zur Einschränkung des unabdingbaren Rechts auf Leben bieten will. Lang zeigt hier eine fatalistische Weltauffassung. Er geht davon aus, dass die Zufügung gegenseitigen Leids kein Ende finden wird – Geschichte wiederholt sich, lediglich die Umstände sind verschieden. Lang ist damit überaus aktuell. Man untersuche nur einmal die Begründungen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Hier werden konsequent grundsätzliche Menschenrechte missachtet – mit dem Ziel, die Menschenrechte (einer auserwählten Gruppe) zu schützen. Diesen aktuellen Stoff hätte Lang ohne weiteres in sein ,Theater der Wiederholungen’ aufnehmen können. Er bleibt jedoch in der politisch korrekten Ecke. Und natürlich, das Thema Holocaust in der Oper garantiert die mediale Aufmerksamkeit.
Stilmix
Es fällt sehr schwer, in Langs ,Theater’ eine ausführliche und tiefergehende Auseinandersetzung mit einem Thema wie ,Auschwitz’ zu erkennen. Die Umsetzung wirkt kühl und distanziert, in der kommentarlosen Wiedergabe ist die Meinung des Komponisten nicht erkennbar. Wesentlichstes Prinzip der Komposition im Kleinen ist die mehrmalige Wiederholung eine Phrase. Das geschieht allerdings sehr schematisch, die größte Spannung besteht noch darin zu raten, wie oft die Phrase wiederholt wird. Außerdem kann man prüfen, ob es den Interpreten gelingt, jede Wiederholung exakt gleich zu spielen (es gelingt nicht). Kaum überraschend sind die intensivsten Stellen gerade die, in denen Lang einmal nicht wiederholt, was recht selten vorkommt. Vielleicht wäre es sogar ein Gewinn für die Komposition, sie einmal ohne Wiederholungen aufzuführen. Mit Wiederholungen klingt sie, als hätte Lang die Partitur auf einen Plattenteller gelegt und gescratcht. Ein Eindruck, der sich aufgrund des Stilmix von Neuer Musik über Musical bis hin zu Rockmusik verfestigt. Eine Entfaltung musikalischer Ideen ist in diesem Stückwerk nicht möglich.
Die Leistungen der Interpreten in ihren anspruchsvollen Partien sind durchweg herausragend. Die Produktion erscheint als Hybrid-CD ist sowohl auf SACD- wie auf CD-Playern abspielbar. Bereits die CD-Version glänzt mit einem klaren, kristallinen Klang. Lediglich im zweiten Teil geraten die Instrumente etwas zu laut und überlagern das Gesangsensemble.
Das Booklet ist für eine Musiktheaterproduktion leider etwas dürftig ausgefallen. Man hätte sich zumindest eine Übersetzung des französischen und englischen Librettotextes gewünscht.
Langs Musiktheater ist ein interessantes Experiment, bei dem eine allzu große Fixierung auf die Wiederholung in die musikalische Sackgasse führte.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Lang, Bernhard: Das Theater der Wiederholungen |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Kairos 2 21.07.2006 |
Medium:
EAN: |
CD
9120010281051 |
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