
Mozart, Wolfgang Amadeus - Die Zauberflöte
O ew'ge Nacht! Wann wirst du schwinden?
Label/Verlag: Monarda Music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Man sollte ernsthaft überlegen, ob nicht auch Operninszenierungen zum Weltkulturerbe gehören sollten.
Sicherlich ist die ‚Zauberflöte’ eines der meistgespielten Werke der Operngeschichte und würde es eine Sparte ‚Weltkulturerbe Operninszenierungen’ geben, dann müsste die Inszenierung des Schlosstheaters Drottningholm aus dem Jahr 1989 darin aufgenommen werden. Der Mozart-Biograph Albert Einstein schreibt:“ Nicht der ‚Titus’, nicht das ‚Requiem’, sein letztes Werk ist die ‚Zauberflöte’. Schon in der Ouvertüre, die nicht weniger ist als eine Singspiel-Ouvertüre, hat er Kampf und Sieg der Menschheit zusammengedrängt mit den symbolischen Mitteln der Polyphonie: Arbeit, gefährdete Arbeit in er Durchführung; Kampf und Triumph.“ Mit seiner ‚Zauberflöte’ hat Mozart sicherlich mehr Persönliches zum Ausdruck gebracht, als in all seinen früheren Werken. Mozart und Schikaneder waren Freimaurer, Mozart ein leidenschaftlicher, was vielleicht nicht ganz so in das gängige Bild des Wunderknaben passt, dem, im Besonderen seit dem Film ‚Amadeus’, doch eine etwas liederliche Lebenshaltung zugeordnet wird. Doch die ‚Zauberflöte’ ist auch eine Art Protest, denn nach den Zeiten der Toleranz für die Freimaurer unter Joseph II. war mit Leopold II. wieder eine konservative Stimmung eingetreten. Einstein spricht von geheimen Verfolgungen und Unterdrückungen. Mit der Königin der Nacht soll Maria Theresia gemeint gewesen sein, unter dem Deckmantel der Symbolik sieht Einstein ein Werk der Auflehnung, des Trostes und der Hoffnung. Die Oper beginnt und endet mit Es-dur, der Freimaurer-Tonart. Die drei Akkordschläge in der Ouvertüre symbolisieren das dreimalige Anklopfen des Adepten an die Pforte.
Auch die Vorgeschichte der Oper, die vielen Musikfreunden nicht bekannt ist, obwohl sie kurz in der Handlung erwähnt wird, untermauert die geistige Aussage des Werks: Als der Vater Paminas starb, ging die Macht seiner Gattin, der Königin der Nacht, zu Ende, denn der Vater hatte vor seinem Tod den siebenfachen Sonnenkreis (der nur von einem Eingeweihten verstanden wird) Sarastro übergeben. Die Königin der Nacht will sich aber der Führung Sarastros nicht unterordnen, sie möchte selbst regieren. Um dies zu verhindern hat Sarastro Pamina, die eigentliche Erbin des Sonnkönigs, entführen lassen. Erinnern wir uns, der Ort der Handlung ist das Alte Ägypten und dort erfolgt die Erbfolge über die weibliche Linie. Und hier nun beginnt die Oper: man sucht für Pamina einen Gatten und Tamino wird von der Königin der Nacht für Pamina bestimmt, aber Sarastro behält die Fäden in der Hand und unterwirft die jungen Leute zuerst einmal verschiedenen Prüfungen. Beide müssen den Weg der Einweihung gehen, um über das Reich herrschen zu können. Ein Mittelpunkt der Handlung ist Taminos feierlicher Dialog: „O ew’ge Nacht! Wann wirst Du schwinden? – Wann wird das Licht mein Auge finden.“
Auch musikalisch weist die ‚Zauberflöte’ weit in die Zukunft, obwohl sie noch Elemente der Opera buffa, und der Opera seria beinhaltet, auch die Bezeichnung ‚deutsches Singspiel’ wird dem Werk nicht gerecht. Salieri bezeichnet die ‚Zauberflöte’ als eine ‚Operone’, was ‚Große Oper’ bedeutet und damit hat er wahr gesprochen. Mit seinem letzten Werk öffnet Mozart eine neue Tür in der Geschichte des Musiktheaters, beeinflusst damit auch die Komponisten des 19. Jahrhunderts, zugleich wurde er Vorbild für Beethoven, Carl Maria von Weber und auch für Richard Wagner.
Göran Järvefelt hat mit seiner klugen und phantasievollen Regiearbeit den Geist des Werkes sehr gut herausgearbeitet und die vielschichtigen Facetten der Handlung auf einen stimmigen Nenner gebracht. Der damalige musikalische Leiter der Festspiele Drottingholm Arnold Östman war ein Vorkämpfer der Originalklang-Bewegung und sein Musizierstil, angepasst an die Aufführungspraxis des 17. und 18. Jahrhunderts, zeigt sich als eine gelungene Symbiose mit der Regiearbeit und dem stimmigen Bühnenbild (Carl Friedrich Oberle). Sehr beachtlich auch die Chöre (Chorleiter Mark Tatlow). Gesanglich erschließen sich dem Zuhörer die sieben Himmel der Musik, allen voran sei der großartige Tamino von Stefan Dahlberg genannt. Dahlberg, ein Schüler von Nicolai Gedda, steht auf einer Ebene mit seinem Lehrer und seine ungemein farbenreiche Stimme bezeugt höchste Künstlerschaft. Dies gilt auch für Ann Christine Biel (Pamina), die mit einer lupenreinen Höhe und einem perfekten Stimmsitz beeindruckt. Als Sarastro ist der junge László Polgár zu erleben, eine Idealbesetzung, edel der Gesang und die Gestalt. Die dänische Sopranistin Birgit Louise Frandsen (Königin der Nacht) brilliert mit messerscharf pointierten Koloraturen, die schon fast überirdisch klingen. Und Michael Samuelson (Papageno) sowie Birgitta Larsson (Papagena) ergänzen diesen Traum-Cast grandios, nicht zu vergessen Petteri Salomaa als Sprecher und Magnus Khyle als Monostatos. Hier wird eine Inszenierung gezeigt, die bis ins kleinste Detail perfekt ist. Man sollte ernsthaft überlegen, ob nicht auch Operninszenierungen zum Weltkulturerbe gehören sollten.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Mozart, Wolfgang Amadeus: Die Zauberflöte |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Monarda Music 1 08.05.2006 161:00 1989 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
DVD
807280201390 102 013 |
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Monarda Music Arthaus Musik wurde im März 2000 in München gegründet und hat seit 2007 seinen Firmensitz in Halle (Saale), der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels. Zahlreiche Veröffentlichungen des Labels wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Oscar-prämierte Animationsfilm ?Peter & der Wolf? von Suzie Templeton, die aufwändig produzierte ?Walter-Felsenstein-Edition? und die von Sasha Waltz choreographierte Oper ?Dido und Aeneas?, die beide den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielten. Mit dem Midem Classical Award wurden u. a. die Dokumentationen ?Herbert von Karajan ? Maestro for the Screen? von Georg Wübbolt und ?Celibidache ? You don?t do anything, you let it evolve? von Jan Schmidt-Garre ausgezeichnet. Die Dokumentation ?Carlos Kleiber ? Traces to nowhere? von Eric Schulz erhielt den ECHO Klassik 2011. Mit der Tochterfirma Monarda Arts besitzt Arthaus Musik eine ca. 900 Produktionen umfassende Rechtebibliothek zur DVD-, TV- und Onlineauswertung. Seit 2007 entwickelt das Unternehmen kontinuierlich die Sparte Eigenproduktion mit der Aufzeichnung von Opern, Konzerten, Balletten und der Produktion von Kunst- und Musikdokumentationen weiter. Arthaus Musik DVDs und Blu-ray Discs werden über ein leistungsfähiges Vertriebsnetz, u.a. in Kooperation mit Naxos Global Distribution in ca. 70 Ländern der Welt aktiv vertrieben. Darüber hinaus veröffentlicht und vertreibt Arthaus Musik die 3sat-DVD-Edition und betreut für den Buchhandel u.a. die Buch- und DVD-Edition über Pina Bausch von LArche Editeur, Preisträger des Prix de lAcadémie de Berlin 2010. Mehr Info... |
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